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Tunesien ist mit ca. 156.000 Quadratkilometern das kleinste unter den Maghrebländern. Während der nördliche Landesteil mediterran geprägt ist, weist der Süden steppen- und wüstenhaften Charakter auf.
In den Jahren 1972 bis 1978 hatte ich, bedingt durch meine Arbeit in den Phosphatgruben, die Gelegenheit weite Teile dieses schönen Landes, hauptsächlich aber die Region von Gafsa kennenzulernen.
Abb.: Kilometerstein gegen Juckreiz
Durch einen Zufall fand ich in dieser Zeit einen sich in situ befindenden Acheul- Fundplatz mit zwei klar definierten Horizonten. Ein Teil der pleistozänen Ablagerungen, in welchen das Vorkommen eingebettet lag, war durch Regenrinnen und kleinere Wadis ausgewaschen und die darin enthaltenen Artefakte, es waren etwa 50 Faustkeile, konnten im Bett des Hauptwadis aufgefunden werden. Eine Beschreibung des Fundplatzes steht noch aus.
Das war mein Debut als Freizeitarchäologe. Glücklicherweise bekam ich kurz darauf die „Typologie de l’Epipaleolitique du Maghreb“ von einem Studenten, oder war es schon ein Magister, geschenkt, dem ich zuvor ein paar epipaläolitische Werkzeuge vermacht hatte. Dieses Werk J. Tixiers sprach mich als Ingenieur besonders durch seine klare, logische Ordnung an, es hat so gar nichts von pseudophilosophischen Interpretationen an sich. Seither versuche ich Fakten zu sammeln, sie zu ordnen und sie eventuell mit anderen, nicht von mir gesammelten Fakten zu vergleichen, um so vielleicht Zusammenhänge erkennen zu können.
Die einzige bedeutende neolithische Fundstelle Tunesiens, die eindeutig als zur Sahara gehörig gelten kann, ist Djeneien südlich des 32. Breitengrads und ungefähr auf dem 10. Längengrad Nord liegend. Hier am östlichen Rand der großen östlichen Sandsee, hart an der libyschen Grenze und unweit der algerischen im Westen, liegt der Fundplatz südlich des Oued Djeneien in einer aufgelockerten Dünenlandschaft. Der Entdecker, Ch. Barbier, hat neben anderen lithischen Artefakten rund 300 Pfeilspitzen von der Oberfläche abgesammelt und zwar schon im Jahre 1899. Diese Sammlung ist später, 1907, von A. Doigneau bearbeitet worden. Die Stielspitzen stellen mit 82 % die größte Familie, vor allem sind die Gruppen D1, D3, D19 und D28 vertreten aber auch D14 kommt vor. Bei den Blattspitzen, die 5 % der Gesamtmenge ausmachen, dominieren die Formen C1 und C3, bei den Dreieckspitzen, ebenfalls mit 5 % vertreten, die Typen A18 und A25.
Zu vergleichen ist die Zusammensetzung dieser Bewehrungen mit denen der algerischen Fundstellen von Fort Flatters, Station I von J. P. Savary, site 707, Erg Ouar und mit der Sammlung von der Piste Ghadames- El Oued. Auch Mellala in der Nähe von Hassi Mouillah weist ein hohes Indiz III auf bei niedrigen Werten der Indizes I und II.
In einem Gebiet, welches den Ostteil des Grand Erg Oriental umfasst und durch die Lokalitäten Fort Flatters, Ghadames, Djeneien, El Oued, Hassi Mouillah und das Gassi Touil begrenzt wird, ist das Indiz III stark dominierend. Im Prinzip kann von einer gleichartigen Präferenz für gewisse Bewehrungstypen ausgegangen werden und falls weitere Gemeinsamkeiten außerhalb der Pfeilspitzen festgestellt werden, auch von gleichartiger Kultur.
Djeneien ist der östliche Exponent dieser Gruppe, hier ist die vorliebe für die Familie D besonders ausgeprägt. Interessant ist ebenfalls der Fund einer I 1- Spitze, einer Stielspitze mit zwei Schwingenpaaren, die schon für Fort Flatters beschrieben wurde. Ähnliche Stücke kommen auch in Ägypten vor, im Fayum, in Abu Tartur und in den Dakhla Oasen. Eine asymmetrische Bewehrung des Typs I 4, wie sie in Djeneien gefunden wurde, ist bekannt aus Fort Flatters und Tabankort. Außerhalb des oben abgesteckten Raums erwähnt Hugot das Vorkommen von drei I 4- Spitzen vom Fundplatz Aoulef.
Stielspitzen im Ostteil des Grand Erg Oriental
Djeneien | X 0 | Hassi Mouillah | Gour | 707 | Station I | Fort | |
Tunesien | La Touffe | Schicht B | Mellala | J.P. Savary | Flatters | ||
Indiz III | 82 % | 93 % | 79 % 1.) | 84 % | 78 % | 75 % | 45 % 3.) |
90 % 2.) |
In seinem Werk „Préhistoire de l’Afrique“ beschreibt G. Vaufrey nach Vorgabe von E. Gobert Werkzeuge, Keramik und anderes Material des Fundplatzes „Table de Redeyef“. Er weist darauf hin, dass ein komplettes Inventar unter den gegebenen Umständen nicht von Nutzen sein kann, da es sich bei den Sammlungen von E. Gobert, G. Becque und M. Gaillot um ausgesuchte und attraktive Stücke handelt, einer Selektion also, die es schwierig macht, wissenschaftlich einwandfreie Schlüsse zu ziehen. Glücklicherweise für diesen Bericht gehören Mikrolithen und Pfeilspitzen für die meisten Sammler zu den „schönen Stücken“, so dass die auf Fig. 160 und Fig. 161 abgebildeten Artefakte der Sammlung G. Becque einen einigermaßen vollständigen Überblick über die möglichen Bewehrungen gestatten.
Gezeichnet sind 20 Trapeze, drei Querschneider und eine H2- Spitze. Ferner von den Flächenretuschierten, von denen ca. 50 Stücke gefunden wurden, neun Blattspitzen, zwei rhombische Spitzen, fünf Dreieckspitzen sowie dreizehn Stielspitzen. Diese 53 gezeichneten Bewehrungen können nach Hugot wie folgt klassiert werden :
Gruppe | Anzahl |
A 17 | 1 |
A 18 | 2 |
A 23 | 2 |
C 1 | 5 |
C 3 | 4 |
D 1 | 2 |
D 2 | 2 |
D 3 | 2 |
D 12 | 3 |
D 14 | 3 |
D 21 | 1 |
E 1 | 1 |
E 2 | 1 |
F 16 | 19 |
F 10 | 1 |
F 11 | 3 |
H 2 | 1 |
Total | 53 |
Anzahl | % |
Indiz I = 7 | 13 |
Indiz II = 9 | 17 |
Indiz III = 13 | 25 |
Indiz IV = 24 | 45 |
Total = 53 | 100 |
Ich hatte Gelegenheit die Fundstelle in Redeyef zu begehen. Werkzeuge waren im neolithischen Teil der „Table de Redeyef“ nicht mehr vorhanden, die Vorgänger hatten ganze Arbeit geleistet. Weiter nach Norden jedoch konnten 40 typische Werkzeuge des oberen Capsien nebst Knochen und Straußeneischerben, davon zwei verzierte Stücke, gefunden werden. Die „Table Sud“ produzierte weitere 30 Werkzeuge, ebenfalls aus dem oberen Capsien und ein Bruchstück einer Straußeneischale.
Zu erwähnen wären in der Region von Gafsa noch die „Table de Jaatscha“ auch „Table Jahchta“ geschrieben in Metlaoui, die 15 Bewehrungen hervorgebracht hat, davon sieben Blattspitzen und drei Stielspitzen dann das Abri 402 der Grube Moulares und weiter nach Norden Sidi Aich, die beiden letzteren Fundstellen lieferten nur einige wenige Bewehrungen.
Bir el Ater in Algerien, der Namensgeber des spätpaläolithischen Aterien, liegt nicht sehr weit von Redeyef, welches seinerseits durch das neolithische Vorkommen der „Table de Redeyef“ in der Archäologie bekannt ist. Mit „Table de Redeyef“ war ursprünglich ein untertägiges Abbaufeld der Phosphatgrube von Redeyef bezeichnet. Die Archäologen haben die Grubenpläne, auf denen auch Einzelheiten der Oberfläche eingezeichnet waren, für ihre Belange benutzt und den Namen beibehalten. Nördlich der Tagesanlagen an der Piste nach Tamersa liegt eine bislang unbekannte Aterienfundstelle, die neben anderen typischen Artefakten auch 20 gestielte Stücke hervorgebracht hat. Als frühe Beispiele gestielter Spitzen sind einige Exemplare auf der Tafel T1 dargestellt. Wie immer diese Aterienspitzen auch genutzt worden sind, können sie als Vorläufer gestielter epipaläolithischer und neolithischer Bewehrungen gelten.