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Wer heute durch die westliche oder libysche Wüste Ägypten reist, findet, dass außer in den Oasen, Vegetation praktisch inexistent ist. Das Klima ist hyperarid und in den Jahren von 1982 bis 1987, in denen ich dort für eine Bergbaugesellschaft tätig war, fielen nur in einer Nacht wenige, schwere Tropfen, die kleine Krater in der ausgetrockneten Erde hinterließen. Messbar war dieser Niederschlag nicht.
Abu Tartur, so heißt die Lokalität, ist eine in der Entwicklung befindliche Phosphatgrube. Wohn- und Verwaltungsgebäude liegen 43 km westlich von Kharga, der Hauptstadt des New Valley Bezirks, an der Asphaltstraße nach Dakhla. Die Grube und die übertägigen technischen Einrichtungen sind über eine nach Norden verlaufende Stichstraße erreichbar.
Abu Tartur ist aber auch ein ausgedehntes Hochplateau mit einer Höhe von ca. 500 bis 600 m über dem Meeresspiegel, welches die Sandsteinebene, in der die El Ghorab Straße zwischen Kharga und Dakhla verläuft, um bis zu 400 m überragt Abb. 1.
Abb. 1: Abu Tartur Gesamtübersicht
Drittens steht der Name Abu Tartur für die ca. 150 steinzeitlichen Fundplätze, die in den fünf Jahren meiner Anwesenheit entdeckt und bearbeitet worden sind. Von jedem Platz ist eine Skizze erstellt worden, meistens im Maßstab 1 : 1.000. Auf diesen Karten erscheinen die Koordinaten, Höhenlinien, Wadiläufe und größere Regenrinnen sowie Bemerkungen zur Untergrundbeschaffenheit. Von dem archäologischen Inventar werden die Fundstreu und die Fundkonzentrationen, die Herdstellen, anstehende Kulturschichten sowie die Mahlwerkzeuge markiert.
Besonderheiten wie Steinkreise und andere Bauwerke, Vegetationsreste oder ungewöhnliche Artefakte werden ebenfalls eingezeichnet. Nicht berücksichtigt wird die Verteilung des Oberflächeninventars nach Quadratmetern oder Viertelquadratmetern. Eine Langzeitstudie vor Ort über die Bewegung von Artefakten durch Wind hat die Nutzlosigkeit dieser Maßnahme unter den gegebenen klimatischen und geographischen Verhältnissen eindeutig belegt. Weitere Übersichtsskizzen im Maßstab 1 : 10.000 wurden für die Hauptzonen der prähistorischen Siedlungsreste erarbeitet. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den Inventaren ausschließlich um Oberflächenmaterial handelt. Auf Grabungen ist in jedem Fall verzichtet worden, um die Fundstellen für eventuelle weitergehende Untersuchungen intakt zu erhalten. Vom faunistischem Material und von der Keramik sind Belegstücke aufgelesen worden, die entnommenen Mengen lassen daher nicht auf die tatsächlich vorhandenen Mengen schließen.
Im Folgenden wird eine Auswahl von drei Fundstellen vorgestellt, sie decken den gesamten erfassten Zeitraum der Besiedlung ab.
Abb.: Autor Eickelkamp bei der Sicherung von Holzkohle, Fundplatz 1005/83, 1985 (Foto: René Gebhardt)
Der älteste bislang datierte Fundplatz Abu Tarturs (0002/84) fällt in die frühe Zeit der holozänen Besiedlung, die von F. Wendorf und R. Schild als El Adam- Phase bezeichnet wird. Der Fundplatz liegt rund 900 m von der Plateau Bruchkante entfernt an der Südseite eines ausgedehnten, mit Kalksteinhügeln durchsetzten Playafeldes. Anstehender Kalkstein, grob- und feinkörniger Verwitterungsschutt wechseln mit playaähnlichen terra rossa Restböden ab. Für einen unerfahrenen Beobachter, der die Verwitterungsformen der Wüste aus eigener Anschauung nicht kennt, macht die Gegend einen chaotischen Eindruck. Der Platz ist zur Hauptwindrichtung nach Norden völlig offen und nur nach Osten hin durch einen langgestreckten Hügel geschützt. Der teilweise freiliegende Playaboden* zeigt deutlich Deflationsspuren. Die Ausdehnung des Platzes beträgt von N. nach S. 75 m und von W. nach O. 70 m. Die windgeglättete Playaoberfläche ist frei von Artefakten. Erst in den südlich sich anschließenden Schuttfeldern kommt es zu sekundären Konzentrationen vor allem an kleinvoluminösen Stücken. Schwere Artefakte wie Schaber treten in dem westlichen, langgezogenen Schuttstreifen auf. Außer einigen Dunkelfärbungen der ansonsten hell rotbraunen Playa konnte keine Kulturschicht ausgemacht werden. Grabungen im zentralen Südteil und östlich im feinen Hangschutt könnten erfolgreich sein. Feuerstellen oder Schichten mit entnehmbarer Holzkohle sind nicht gefunden worden. Es ist jedoch gebrannter Ton mit winzigen, eingeschlossenen Kohlepartikeln beobachtet worden. An Mahlwerkzeug sind drei Läufersteine und windüberformte Sandsteinreste von Reibschalen gefunden worden. Straußeneischalen kommen sowohl als glatte, unverzierte Stücke als auch mit Ritzungen versehen vor. Neben zwei runden, nicht perforierten Scheiben und sechs eckigen, perforierten Stücken wurden auch 17 fertiggestellte Perlen gefunden. Ein aus einem Kalzitkristall gearbeiteter „Ohrstecker“ ist fein poliert und sehr gut erhalten.
Auffallend sind die östlich und nordöstlich von 0002/84 gelegenen halbmondartigen Strukturen aus aufgeschichteten Kalksteinbrocken, sie stellen wahrscheinlich Windschilde dar. Eine geschlossene Steinlegung mit den Dimensionen 2 m x 1,5 m und große Mengen von unverzierter Keramik, möglicherweise zu großen, rundbödigen Gefäßen gehörend, fallen ebenfalls auf. Diese Funde und Befunde stehen nicht im Zusammenhang mit 0002/84 sondern sind Teil der Fundstelle 0049/85. Das Gelände ist hier völlig mit lockerem Kalksteinschutt bedeckt und konnte daher nicht untersucht werden. Hier würde eine Grabung sicherlich interessante Resultate zeitigen, zumal eine Massierung von über 20 Bauten bislang in der westlichen Wüste nicht angetroffen worden ist. Einige wenige, aus Schwerfahrzeugspuren entnommene Artefakte (1 Stichel, 1 Abschlag und 1 gekerbte und retuschierte Klinge) sind nicht diagnostisch. Da der Fundplatz 0002/84 hauptsächlich epipaläolithische Merkmale aufweist, konnte er ohne Schwierigkeiten nach Tixier klassiert werden.
0002/84 Werkzeugfrequenz nach Tixier – Tabelle 1
Nr. Tixier | Werkzeug Typen | Anzahl | % | % der Gruppen |
1 | Kratzer* | 4 | 0,99 | Gruppe I 6,47 |
2 | 14 | 3,48 | ||
4 | 1 | 0,25 | ||
5 | 4 | 0,99 | ||
7 | 2 | 0,50 | ||
8 | 1 | 0,25 | ||
12 | Bohrer | 2 | 0,50 | Gruppe II 1,00 |
13 | 1 | 0,25 | ||
16 | 1 | 0,25 | ||
17 | Stichel | 5 | 1,24 | Gruppe III 2,24 |
27 | 4 | 0,99 | ||
44 | Kombiwerkzeuge | 1 | 0,25 | Gruppe V 0,25 |
45 | Rückengestumpfte Lamellen | 1 | 0,25 | Gruppe VI 0,50 |
69 | 1 | 0,25 | ||
74 | Kerben | 13 | 3,23 | Gruppe VII 9,95 |
77 | 27 | 7,72 | ||
80 | Endretuschen | 11 | 2,74 | Gruppe VIII 2,74 |
85 | Geometrische Mikrolithen | 1 | 0,25 | Gruppe IX 48,01 |
86 | 3 | 0,75 | ||
87 | 84 | 20,89 | ||
89 | 2 | 0,50 | ||
91 | 2 | 0,50 | ||
92 | 99 | 24,63 | ||
93 | 1 | 0,25 | ||
95 | 1 | 0,25 | ||
101 | Microburins | 1 | 0,25 | Gruppe X 5,72 |
102 | 21 | 5,22 | ||
103 | 1 | 0,25 | ||
105 | Varia | 67 | 16,67 | Gruppe XI 23,13 |
106 | 5 | 1,24 | ||
107 | 3 | 0,75 | ||
112 | 18 | 4,49 | ||
Total | Total | 402 | 100,02 | 100,01 |
Von den 18 Varia (Tix 112) sind sieben Pfeilspitzen (1,74 %), davon zwei Harifspitzen, zwei einseitig flächenretuschierte Stielspitzen und drei beidseitig flächenretuschierte Blattspitzen. Die verbleibenden elf Stücke machen 2,74 % des Gesamtvolumens aus, darunter sind solche exotische Artefakte wie ein an allen Rändern kantenretuschiertes ypsilonförmiges Stück wie es auch im mauretanischen Küstenneolithikum vorkommt oder ein ebenfalls an allen Rändern kantenretuschiertes Dreieck.
Vergleich der Nabta und Kiseiba Fundstellen E-80-4, E-79-8, E-77-7 und der Abu Tartur Fundstelle 0002/84 – Tabelle 2
Fundplatz | E-80-4 | E-79-8 | E-77-7 | 0002/84 |
Alter | 9220+-120BP SMU-925 |
8920+-130BP SMU-757
|
8960+-110BP SMU-440
|
9120+-40BP Poz 11204 |
Anzahl der Werkzeuge | 423 | 374 | 158 | 402 |
Werkzeuggruppen in %
|
|
|
|
|
Total | 100,00 % | 100,01 % | 100,00 % | 100,01 % |
Dekorierte
|
4 Fragmente
|
25 Fragmente
|
8 Fragmente
|
3 Fragmente
|
Komplette
|
|
|
33 davon
|
|
Schmuck | - | - | - | 1 Kalzitstecker |
Mahlwerkzeuge | Vorhanden | Vorhanden | Keine | Vorhanden |
Keramik |
5 Scherben von
|
3 Scherben
|
1 Scherbe
|
Keine an der
|
Die vier zu vergleichenden Fundstellen gehören der selben Altersspanne an und weisen bis auf E-77-7 ähnliche Mengen an Werkzeugen auf. Bei den Kratzern, es sind auf allen vier Fundstellen hauptsächlich relativ schwere Endkratzer auf Abschlägen, ist der prozentuale Anteil in Bir Kiseiba mehr als doppelt so hoch wie in Abu Tartur, in Nabta dagegen sind es weniger als in Abu Tartur.
Bei den Bohrern ist der Unterschied groß, da 0002/84 lediglich vier Exemplare vom Typ Tixier 12, 13 und 16 hervorgebracht hat, was 1,00 % ausmacht gegenüber 2,84 % und 7,22 % in Kiseiba. In Nabta fehlen die Bohrer gänzlich.
Für die Plätze E-80-4 und E-79-8 liegen die Stichel im Mittel bei 2,62 %, das stimmt mit den 2,24 % für 0002/84 gut überein, E-77-7 weist keine Stichel auf. Die Häufigkeit von Kerben, Endretuschen und der Mikroburin Technik ist auf den vier Fundstellen ähnlich. Die Verschiedenen sind doppelt so stark in Abu Tartur vertreten wie in Bir Kiseiba. Nabta und Abu Tartur sind sich ähnlicher. Alles in allem entsprechen die vorgestellten Inventare den Kriterien der El Adam Phase wenn da nicht in Abu Tartur nur 0,50 % rückengestumpfter Lamellen wären gegenüber den 41,37 % respektiverweise 37,17 % in Kiseiba und den 48,10 % in Nabta. Dem Mangel an rückengestumpften Lamellen steht ein Zuviel an geometrischen Mikrolithen, nämlich 48,01 %, gegenüber. Die entsprechenden Zahlen für Kiseiba sind 2,60 % und 2,14 %, in Nabta gibt es nur ein einziges Dreieck, das sind 0,63 % der Gesamtmenge. Diese Mikrolithen von Abu Tartur bestehen zum größten Teil aus Trapezen, die durch ihre Bearbeitung erkennen lassen, dass sie als Pfeilbewehrungen genutzt worden sind.
Im Epipaläolithikum der Sahara wie auch im Mesolithikum Europas wurden mehrere rückengestumpfte Mikrolithen zu einer Pfeilbewehrung kombiniert. Der hohe Anteil dieser Artefakte erklärt sich aus der Notwendigkeit effektive Jagdwaffen zur Verfügung zu haben, da eine Hauptnahrungsquelle das Fleisch von Wildtieren war wie die entsprechenden Knochenanalysen belegen. Zu einem gewissen Zeitpunkt, um 9120 BP, hat ein findiger Jäger in Abu Tartur die Kombinationsbewehrung durch eine Einzelbewehrung mittels Querschneidern ersetzt. Werden die Rubriken VI „rückengestumpfte Lamellen“ und IX „geometrische Mikrolithen“ zu einer Rubrik „Bewehrungen“ zusammengefasst, ergeben sich nahezu gleichartige Inventargruppen für die Fundstellen Kiseibas, Nabtas und Abu Tarturs.
Tabelle 3
E-80-4 | E-79-8 | E-77-7 | 0002-84 | |
I Kratzer | 17,49 | 14,17 | 5,06 | 6,47 |
II Bohrer | 2,84 | 7,22 | - | 1,00 |
III Stichel | 0,95 | 4,28 | - | 2,24 |
V Kombinationswerkzeuge | - | - | - | 0,25 |
VI u. IX Bewehrungen | 43,97 | 39,31 | 48,73 | 48,51 |
VII Kerben | 7,57 | 10,70 | 8,23 | 9,95 |
VIII Endretuschen | 6,62 | 5,08 | 8,23 | 2,74 |
X Mikroburin Technik | 9,69 | 8,02 | 13,30 | 5,72 |
XI Verschiedene | 10,87 | 11,23 | 16,45 | 23,13 |
Total | 100,00% | 100,01% | 100,00% | 100,01% |
Aus der mittleren steinzeitlichen Phase des Holozäns stammt der Fundplatz 1004/83.
Die Fundstelle liegt völlig ungeschützt am Nordostrand der Playa „West“ und ist dem entsprechend stark erodiert. Das Gelände steigt sanft nach Osten an und der Playaboden, auf dem die Artefakte gestreut liegen, geht in Sandstein über. Die gesamte Fläche ist mit Flugsand und Verwitterungsschutt bedeckt. Von Osten nach Westen durchzieht eine breite, sandgefüllte Regenrinne den Fundplatz. In der Fortsetzung nach Westen ist der Playaboden von sehr rezentem Sediment bedeckt. Vegetationsreste kommen in diesem Bereich vor.
Von Norden nach Süden erstreckt sich die Fundstelle über 100 m, von Westen nach Osten über 50 m. Die Hauptkonzentrationen liegen auf zwei sehr flachen Playabuckeln. Eine Kulturschicht ist an der Oberfläche nicht mehr zu erkennen, könnte aber im östlichen Teil, welcher sandbedeckt ist, noch existieren. Eine Anhäufung von ca. 200 perforierten Straußeneischeiben, welche gerundet aber noch nicht geschliffen sind, auf einer Fläche von 3 m², spricht für diese Annahme.
Zwei Keramikscherben, eine verziert, die andere unverziert, sind gefunden worden. Das Mahlwerkzeug besteht aus 12 Reibschalen und 43 Läufersteinen. An faunistischem Material sind Straußeneischalen zu nennen und neben den erwähnten ungeschliffenen Scheiben auch solche die völlig fertiggestellt sind. Knochen wurden nicht beobachtet. Schalen von Aspatharia rubens und Gehäuse von Cyprea moneta, der Kaurischnecke, sind vorhanden.
Tabelle 4 1004/83 Werkzeugfrequenz nach Tixier
Nr. Tixier | Werkzeug Typen | Anzahl | % | % der Gruppen |
1 | Kratzer | 7 | 1,11 | Gruppe I 7,32 |
2 | 3 | 0,48 | ||
3 | 1 | 0,16 | ||
4 | 1 | 0,16 | ||
5 | 18 | 2,87 | ||
6 | 4 | 0,64 | ||
7 | 3 | 0,48 | ||
8 | 2 | 0,32 | ||
9 | 5 | 0,79 | ||
10 | 2 | 0,32 | ||
12 | Bohrer | 6 | 0,95 | Gruppe II 20,70 |
13 | 2 | 0,32 | ||
16 | 122 | 19,43 | ||
18 | Stichel | 6 | 0,95 | Gruppe III 0,95 |
54 | Rückengestumpfte Lamellen | 5 | 0,79 | Gruppe VI 1,11 |
55 | 1 | 0,16 | ||
63 | 1 | 0,16 | ||
73 | Kerben | 2 | 0,32 | Gruppe VII 7,32 |
74 | 6 | 0,95 | ||
75 | 3 | 0,48 | ||
76 | 3 | 0,48 | ||
77 | 29 | 4,62 | ||
79 | 3 | 0,48 | ||
80 | Endretuschen | 1 | 0,16 | Gruppe VIII 0,32 |
81 | 1 | 0,16 | ||
105 | Verschiedene | 199 | 31,68 | Gruppe XI 62,26 |
106 | 29 | 4,62 | ||
107 | 23 | 3,66 | ||
109 | 1 | 0,16 | ||
112 | 139 | 22,13 | ||
Total | Total | 628 | 99,98 | 99,98 |
Statistische Auswertung der verschiedenen Pfeilspitzenformen nach H.J. Hugot.
Von den 139 unter Varia (Tixier 112) klassierten Artefakten waren 113 Pfeilspitzen (17,99 %).
Indiz 1 = A + B + E
Indiz 1 = 2 + 0 + 0 |
= | 2 | Dreieckspitzen und rhombische Spitzen |
Indiz 2 = C | = | 24 | Blattspitzen |
Indiz 3 = D | = | 6 | Stielspitzen |
Indiz 4 = F + G + H
Indiz 4 = 0 + 0 + 80 |
= | 80 | Kantenretuschierte Spitzen |
Total | = | 112 |
Familie I (1 Stück) wird nicht berücksichtigt
Indiz 1 | = | 1,78 % |
Indiz 2 | = | 21,43 % |
Indiz 3 | = | 5,36 % |
Indiz 4 | = | 71,43 % |
Die verbleibenden 26 Varia machen 4,14 % des Gesamtinventars aus. Eine erste Großspitze vom Typ A2 wurde gefunden. Ebenfalls treten erste, recht primitive side- blow- flakes in geringen Menge auf.
Der jüngste der drei vorgestellten Fundplätze und zugleich der jüngste bisher in Abu Tartur datierte Platz ist 1005/83.
Das Vorkommen liegt am Nordrand eines ausgedehnten Playabeckens, der Playa West, und ist um einen Inselberg aus nubischem Sandstein, der aus dem Holozänsediment herausragt, angeordnet. Westlich und östlich schließt sich eine Sandsteinebene an, die leicht mit Verwitterungsprodukten der Nubiaschichten bedeckt ist. Sie geht nach Süden in ein schluffiges Playagebiet über. Die nördliche Begrenzung bildet ein Sandsteinhügel, weiter im Norden wird eine Geländestufe beobachtet, welche bis zum Niveau 220 m ansteigt. Der Fundplatz hat in Nordsüdrichtung eine Länge von 135 m, die Breite von Westen nach Osten beträgt 75 m.
Der nördlichste Teil des Fundplatzes, durch den Hügel vor Nordwind geschützt, ist relativ intakt, hier befinden sich auch die gut erhaltenen Feuerstellen. Südlich, im Windschatten des Inselbergs, hat sich ebenfalls eine Kulturschicht erhalten. An der östlichen und westlichen Flanke ist das Playasediment stark ausgeblasen, die hier vorgefundenen Artefakte sind zweifelsohne transportiert und nach Korngrößen gesichtet worden. Unter dem östlich gelegenen Felsüberhang und rund um den Inselberg, auch auf ihm, werden z.T. ungewöhnliche Felsgravierungen gefunden. Es wurden insgesamt 31 Feuerstellen gezählt.
Das Mahlwerkzeug besteht aus 40 Läufersteinen und 16 Reibschalen, außerdem gibt es beträchtliche Menge von Bruchstücken, die Mahlsteinen zugeordnet werden können Abb. 2. Die reichlich vorhandene Keramik besteht aus unverzierten Scherben von großen, rundbödigen Gefäßen. Die Farbe der Keramik ist außen rotbraun, teilweise mit schwarzen Flecken, und innen, im Kern, dunkelgrau. In der Töpfermasse befinden sich außer Sand- und Schiefertonmagerung auch organische Bestandteile.
Abb. 2: Lageskizze Abu Tartur, Fundplatz 1005/83
Neben Knochen und Straußeneischalen kommen einerseits Straußeneiperlen in allen Stadien der Herstellung vor andererseits aber auch der Zerstörung durch Deflation. An Gastropoden und Bivalven sind zu nennen Bulinus truncatus, Lymnaea natalensis und Aspatharia rubens. Roter und gelber Ocker sowie Malachit als Imprägnationsmaterial im Sandstein gehören ebenfalls zum Fundgut.
Tabelle 5 1005/83 Werkzeugfrequenz nach Tixier
Nr. Tixier | Werkzeug Typen | Anzahl | % | % der Gruppen |
1 | Kratzer | 6 | 0,67 | Gruppe I 3,89 |
2 | 8 | 0,89 | ||
5 | 17 | 1,87 | ||
6 | 3 | 0,33 | ||
8 | 1 | 0,11 | ||
12 | Bohrer | 10 | 1,11 | Gruppe II 4,68 |
16 | 32 | 3,57 | ||
17 | Stichel | 3 | 0,33 | Gruppe III 2,56 |
18 | 1 | 0,11 | ||
19 | 6 | 0,67 | ||
21 | 1 | 0,11 | ||
22 | 2 | 0,22 | ||
23 | 5 | 0,56 | ||
28 | 3 | 0,33 | ||
30 | 1 | 0,11 | ||
31 | 1 | 0,11 | ||
56 | Rückengestumpfte Lamellen | 3 | 0,33 | Gruppe VI 0,56 |
66 | 1 | 0,11 | ||
69 | 1 | 0,11 | ||
74 | Kerben | 18 | 2,01 | Gruppe VII 9,59 |
75 | 4 | 0,45 | ||
77 | 33 | 3,68 | ||
79 | 31 | 3,46 | ||
80 | Endretuschen | 6 | 0,67 | Gruppe VIII 0,89 |
81 | 2 | 0,22 | ||
82 | Geometrische Mikrolithen | 1 | 0,11 | Gruppe IX 0,22 |
88 | 1 | 0,11 | ||
102 | Microburins | 2 | 0,22 | Gruppe X 0,22 |
104 | Verschiedene | 3 | 0,33 | Gruppe XI 77,37 |
105 | 133 | 14,83 | ||
106 | 2 | 0,22 | ||
107 | 10 | 1,11 | ||
112 | 546 | 60,87 | ||
Total | Total | 897 | 99,98 | 99,98 |
Indiz I | = | 5,08 % |
Indiz II | = | 59,63 % |
Indiz III | = | 19,52 % |
Indiz IV | = | 15,77 % |
Total | = | 100,00 % |
Bei den jüngeren Fundstellen wie diesem, welcher am Ende der steinzeitlichen Hauptbesiedlungsphase liegt, kann die statistische Auswertung nach Tixier nur einen Teil der Werkzeuge erfassen. Im Fall von 1005/83 fallen fast 61 % der Werkzeuge unter Varia (Tix. 112). Gut 43 % davon entfallen auf die nach Hugot klassierten Pfeilspitzen, für die restlichen, häufig flächenretuschierten Stücke, die fast 17 % ausmachen, ist ein einfaches System, welches sich erweitern und verfeinern lässt, erstellt worden.
Statistische Auswertung der verschiedenen Pfeilspitzenfamilien nach H.J. Hugot.
Von den 546 unter Varia klassierten Artefakten waren 386 Pfeilspitzen. Diese verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Familien und Indizes.
Familie I (12 Stücke) wird nicht berücksichtigt
Tabelle 6. Die Gruppen oder Typen der Bewehrungen von 1005/83 stellen sich wie folgt dar:
Gruppe | Anzahl | Gruppe | Anzahl | Gruppe | Anzahl | Gruppe | Anzahl | Gruppe | Anzahl | Gruppe | Anzahl |
A 1 | 8 | C 6 | 29 | D 6 | 1 | D 26 | 1 | D 46 | 1 | H 7 | 11 |
A 2 | 7 | C 7 | 1 | D 7 | 7 | D 28 | 7 | E 2 | 1 | H 8 | 3 |
A 18 | 1 | C 9 | 1 | D 11 | 5 | D 29 | 1 | G 1 | 3 | H 12 | 10 |
B 1 | 2 | C 10 | 1 | D 12 | 4 | D 37 | 1 | H 1 | 14 | H 13 | 3 |
C 1 | 78 | C 11 | 8 | D 14 | 1 | D 38 | 1 | H 2 | 1 | I 3 | 5 |
C 2 | 16 | D 1 | 8 | D 18 | 5 | D 39 | 1 | H 3 | 1 | I 4 | 5 |
C 3 | 85 | D 2 | 5 | D 19 | 3 | D 40 | 1 | H 4 | 1 | I 5 | 1 |
C 4 | 4 | D 3 | 8 | D 21 | 11 | D 41 | 1 | H 5 | 12 | I 8 | 1 |
Die Klassifizierung erfolgte nach der “Pfeilspitzentypologie der Sahara” einer Weiterführung des “Essai sur les armatures de pointes de flèches du Sahara“ von H.J. Hugot, welche auf Funden aus Algerien basiert.
Wie aus den Inventarlisten ersichtlich, haben Pfeilspitzen auf den Fundstellen von Abu Tartur einen hohen Stellenwert. Aber nicht nur die Menge stellt eine Besonderheit dar sondern auch der Formenreichtum.
Für die Gesamtsahara wurde eine Pfeilspitzentypologie nach dem System H.J. Hugot erarbeitet, welche 188 verschiedene Formen beinhaltet. Eingeflossen sind Bewehrungen aus den Wüstengebieten Ägyptens, Sudans, Libyens, Tschads, Tunesiens, Algeriens, Nigers, Malis, Mauretaniens, Westsaharas und Marokkos.
Abu Tartur allein kommt auf 106 Typen, eine Variationsbreite, die sich einerseits aus der zeitlichen Tiefe der Fundstellen erklären lässt aber andererseits auch einen regen kulturellen Austausch mit auswärtigen Gruppen nahe legt. Dieser muss nicht immer friedlich verlaufen sein wie schon die Anzahl der Großspitzen suggeriert. Diese sind für die kurze Distanz konzipiert und somit als Kriegswaffe besonders geeignet.
Zum Vergleich wurden von Hugot für die algerische Sahara 97 Gruppen oder Typen gezählt und die riesigen Fundstellen von Aoulef und Fort Flatters erreichen 89 bzw. 75 verschiedene Pfeilspitzenformen. Für Ouargla werden 13 Typen und für den Erg Iguidi 39 angegeben.
Abb. 3: Pfeilspitzentypen Abu Tarturs
Abb. 3 zeigt eine kleine Auswahl von Pfeilspitzentypen Abu Tarturs. Die chronologische Abfolge und die mengenmäßige, geographische Verteilung von Pfeilspitzen im Sahararaum ist in dem Aufsatz „Steinzeitliche Pfeilspitzen aus der Wüste, ein Vergleich ägyptischer Bewehrungen mit solchen der Gesamtsahara“ dargestellt worden (Siehe auch: Pfeilspitzen allgemein).
Die Pfeilspitzentypologie-Übersicht wird unter der Rubrik: Pfeilspitzen allgemein (= Pfeilspitzentypologie) vorgestellt.
Die schweren Dreiecksspitzen mit zentraler Basiskehle dürften nach den heute bekannten und datierten Funden in Abu Tartur entwickelt worden sein. Von hier aus gelangten sie, so kann postuliert werden, mit geringer Zeitverschiebung zunächst ins Fayum und dann nach Merimde. Im Fayum entwickelte sich aus den unregelmäßigen und zum Teil noch primitiv anmutenden Pfeilspitzen Abu Tarturs vor allem die elegante A25- Spitze mit nach innen gezogenen Schwingen und tiefen, breiten Kehlen. Dieser Typ verbindet die Wirkung eines breiten Geschosses mit entsprechendem Schusskanal mit einer Gewichtsreduzierung, welche mit einer tiefen und breiten Kehle zusammenhängt.
Die bevorzugten Typen in Merimde sind A2, A25, A27 und A28. Im Unterschied zu Abu Tartur sind hier die Pfeilspitzen gleichmäßiger gearbeitet, die älteren Abu Tartur Spitzen sind dagegen variantenreicher.
Abb.: Großspitzen von Abu Tartur, Tableau 1
Abb.: Großspitzen von Abu Tartur, Tableau 2
Die in Abu Tartur auftretenden großen Stielspitzen sind im Fayum bis auf ein Exemplar nicht gefunden worden. Einige wenige Stücke sind in Abu Gerara (Riemer), Djara (Kindermann), Eastpans (Gehlen) und in Merimde (Junker) beobachtet worden. Drei große dreieckige stammen aus Dakhla (Mc Donald), vier weitere aus Kiseiba- Nabta (F. Wendorf). Hinzu kommen noch elf Bewehrungen, welche von Caton- Thompson in Kharga gefunden wurden.
Eine besondere Bedeutung dürfte den großen, dreieckigen Pfeilspitzen der Gruppen A2, A13, A18, A19, A26, A27, A28, A29, A30 und A32 zukommen, den Stielspitzen der Typen D3, D4, D14 und D15, sowie den Blattspitzen der Gruppen C1, C2 und C3. Großspitzen anderer Familien und Gruppen sind sehr selten.
Als Großspitzen, ob dreieckig, gestielt oder blattförmig sind lediglich Bewehrungen mit mindestens 40mm Länge und 20mm Breite bewertet worden. Die Gewichte der Mehrzahl der Großspitzen liegen durchaus in einem Bereich, der keine ballistischen Probleme erkennen lässt. Die sehr gewichtigen Bewehrungen über 10g sind nur in geringen Mengen vertreten. Bei den Dreiecksspitzen mit zentraler Kehle sind es fünf Stücke, bei den Stielspitzen ebenfalls fünf Stücke und bei den Blattspitzen sieben Exemplare.
Die Frage ob Pfeile, die mit diesen überschweren Spitzen bestückt sind, noch verschossenen werden können, ist falsch gestellt. Sie müsste lauten : „Unter welchen Umständen lassen sich diese Bewehrungen noch erfolgreich verwenden“. Zur Beantwortung der Frage ist ein Versuch gestartet worden. Als Resultat des Experiments kann festgehalten werden, dass auf einer Distanz von bis zu 15m ein Bogen mit 12kg Spannkraft mit überschweren Bewehrungen ausgestattete Pfeile wirksam verschießen kann. Die Durchschlagskraft, die ich sehr hoch einschätze, könnte durch Messungen der Eindringtiefe in verschiedene geeignete Materialien quantifiziert werden. Verteilung der Pfeilspitzen auf verschiedene Gewichtsklassen zeigt Tabelle 8.
Tabelle 8
Dreieckspitzen | Stielspitzen D u. I | Blattspitzen | Merimde | |||||
Gewicht (g) | Anzahl | % | Anzahl | % | Anzahl | % | Anzahl | % |
0 – 5,9 | 28 | 56,0 | 30 | 62,5 | 6 | 31,6 | 10 | 58,8 |
6 – 7,9 | 13 | 26,0 | 11 | 22,9 | 3 | 15,8 | 3 | 17,6 |
8 – 9,9 | 4 | 8,0 | 2 | 4,2 | 3 | 15,8 | 3 | 17,6 |
>10 | 5 | 10,0 | 5 | 10,4 | 7 | 36,8 | 1 | 5,9 |
Total | 50 | 100,00 | 48 | 100,00 | 19 | 100,00 | 17 | 99,9 |
Ein Vergleich der Gewichtsklassen zwischen den Abu Tartur Dreieck- und Stielspitzen zeigt eine sehr ähnliche Verteilung, 56,0 % bis 65,5 % fallen in die Gruppe mit einem Gewicht von unter 6g, bei den sehr schweren Bewehrungen über 10g sind die Resultate 10,0 % bzw. 10,4 %.
An die großen Blattspitzen wurden die gleichen Kriterien angelegt wie an Dreieck- und Stielspitzen, d.h. die minimale Länge beträgt 40mm und die minimale Breite 20mm. Da 20mm breite Blattspitzen der Gruppen C1 und C3 sehr lang sein müssen, sind sie auch vergleichsweise schwer. Die schweren Blattspitzen konnten auch als Bewehrungen von Stichwaffen Verwendung gefunden haben.
Das durchschnittliche Gewicht sämtlicher gewogener Großspitzen beträgt für die Familie A 6,38g, für die Familie D 5,85g und für die Familie I 6,17g. Das Durchschnittsgewicht für die Familie C beträgt 8,49g, bezogen auf eine geringe Anzahl (15 Stücke) von kleinen C Spitzen. Bei 48 gewogenen C Spitzen erhöht sich das Durchschnittsgewicht auf 9,65g.
Werden die Blattspitzen nicht einbezogen, so kann für den Raum Abu Tartur – Kharga von 146 Großspitzen ausgegangen werden.
Nach Caton- Thompson brachte das Fayum 268 Dreiecksspitzen hervor, davon können ca. 200 als Großspitzen bezeichnet werden. Nach Eiwanger kommen in Merimde – benisalam 61 dreieckige Großspitzen und eine große gestielte Pfeilspitze neben kleineren Stielspitzen und Querschneidern vor.
Zum Vergleich wiegen die zur Verfügung stehenden, modernen Sportpfeile 21 – 22g wobei 5 – 6g auf die Stahlspitze entfallen. Selbst Pfeile des jungsteinzeitlichen Jägers waren mit leichteren Spitzen ausgerüstet, lediglich die steinernen Großspitzen überschreiten im Mittel nur leicht die heute üblichen Gewichte.
Nur 30 % der in Abu Tartur vermessenen gekehlten, dreieckigen Großspitzen, also Bewehrungen mit einer Mindesthöhe von 40mm und einer Mindestbreite von 20mm und 35 % der von J. Eiwanger gewogenen Pfeilspitzen überschreiten die 6,6g, die, wie Korfmann postuliert, als Grenzwert angesehen werden sollten. Durch Reduzierung von Höhe und Breite wäre es ein Leichtes gewesen, das Spitzengewicht den heutigen Theorien und Erkenntnissen anzupassen. So wiegen kleine, zentral gekehlte Dreiecksspitzen aus der Zentralsahara ca. 1g.
Das schwere Drittel der Großspitzen mit Gewichten über 6,6g konnte offensichtlich ebenfalls verschossen werden, wie es auch das weiter oben erwähnte Experiment belegt. Eine Gruppe, welche Pfeil und Bogen kennt, würde nicht mehr zur Speerschleuder greifen, da diese das Geschoss weniger präzise ins Ziel bringen kann.
Ausgerüstet mit technologischen Kenntnissen würde diese Gruppe auch keinen Speer ohne Hilfsmittel von Hand auf ein Fernziel werfen. Dagegen gehörten Spieße und Lanzen, also Stichwaffen, möglicherweise zum Arsenal, entsprechend geeignete Bewehrungen in Blattform liegen in großer Mengen vor. Die überschweren Pfeilspitzen wären hierfür, schon bedingt durch ihre Widerhaken aber auch durch die mangelnde Masse nicht geeignet gewesen. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Veröffentlichung Junkmanns. Er berichtet unter anderem über Weitschussversuche mit 30g schweren Pfeilen, die verschossen von Eibenbögen mit 18 kg bzw. 28 kg Zuggewicht, 108m im ersten Fall und 120m im zweiten Fall flogen.
Im Kapitel „die Leistungsfähigkeit“ wird die Aufprallenergie eines 35g schweren Pfeils bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h mit 35 Joule angegeben, die Angaben passen zu einem jungsteinzeitlichem Bogen vom Typ Robenhausen, Eibe, 1,59m Länge mit 25 kg Zuggewicht. Verglichen mit der Aufprallenergie von mit Feuerwaffen verschossenen Kugeln erscheinen 35 Joule für einen Pfeil sehr bescheiden zu sein. Durch die scharfe, schneidende Ausbildung der Pfeilspitzenränder wird dieser Mangel teilweise kompensiert.
Logischerweise ist die Eindringtiefe einer schlanken Spitze größer als die einer breiten, letztere hinterlässt jedoch einen breiteren Schusskanal, dieses könnte besonders beim Kampf von Vorteil sein, da eine klaffende, stark blutende Wunde einen Schock auslösen kann. Mit nicht weiter spezifizierten Dreieckspitzen sind auf einer Entfernung von 10m und mit einem Bogen von 16 kg Zugkraft Eindringtiefen in simulierten Tierkörpern von über 70 cm gemessen worden. Weitere Versuche belegen, dass die Eindringtiefe von querschneidigen und zugespitzten Bewehrungen bei gleicher Breite ungefähr gleich ist und dass gezähnte Pfeilspitzen tiefer eindringen als glattrandige.
Eiwanger vermutet, die Großspitzen aus Merinde seien im Deltadickicht für die Jagd auf Großtiere verwendet worden. Das kann nicht ausgeschlossen werden, birgt aber ein enormes Risiko für den Jäger, da eine breite Pfeilspitze wenig geeignet erscheint die dicke, extrem widerstandsfähige Haut z.B. eines Nilpferds zu durchdringen und die vitalen Organe in dem massigen Körper zu erreichen.
Ein auf kurzer Distanz nicht tödlich verwundetes Hippopotamus macht aus dem Jäger schnell einen Gejagten und das Flusspferd läuft wesentlich schneller als der Mensch. Wie weiter oben schon angedeutet halte ich die Großspitzen idealerweise geeignet für den Kampf zwischen verfeindeten Gruppen oder für Auseinandersetzungen Mann gegen Mann. Die folgenden Zeichnungen prähistorischer Felskunst belegen diese Verwendung in eindrucksvoller Weise.
Die großen Blattspitzen und einige problematische Bewehrungen
Zeichnungen von Pfeilspitzen der Familie A, D und I sind im Kapitel: „Pfeilspitzen allgemein, Steinzeitliche Pfeilspitzen aus der Wüste“ zu finden. Die großen Blattspitzen deren Zahl in den mir zur Verfügung stehenden Sammlungen bei rund 70 Exemplaren liegt, werden hier anhand von 37 Artefakten vorgestellt. Außerdem sind einige kuriose und in Abu Tartur seltene Stücke gezeichnet und beschrieben.
Die Gesamtzahl der im Raum Abu Tartur gefundenen Großspitzen stellt sich wie folgt dar.
gekehlt 55,
Total A 58
Total D 51
Total I 5
Total C >70
Für den Großraum New Valley kann von 146 Exemplaren der Familien A, D und I ausgegangen werden.
Abb.: Großspitzen Abu Tartur, Zeichnung Nr. 1 - 17
1.) 1024/82 Länge = 56,0mm, Breite = 24,1mm, Dicke = 12,6mm, Gewicht = 14,0g.
2.) 1079/86 Länge = 51,1mm, Breite = 32,0mm, Dicke = 10,0mm, Gewicht = 15,0g.
3.) 1021/82 Länge = 48,3mm, Breite = 25,6mm, Dicke = 7,3mm, Gewicht = 7,1g.
4.) 1009/83 Länge = 70,2mm, Breite = 33,8mm, Dicke = 8,0mm, Gewicht = 15,4g.
5.) 0010/83 Länge = 77,8mm, Breite = 20,2mm, Dicke = 7,5mm, Gewicht = 10,0g.
6.) 1003/83 Länge = 78,5mm, Breite = 20,7mm, Dicke = 5,2mm, Gewicht = 10,9g.
7.) 1035/84 Länge = 54,9mm, Breite = 21,2mm, Dicke = 4,2mm, Gewicht = 3,7g.
8.) 1023/82 Länge = 53,1mm, Breite = 25,8mm, Dicke = 8,0mm, Gewicht = 8,6g.
9.) 1004/83 Länge = 49,2mm, Breite = 20,0mm, Dicke = 7,3mm, Gewicht = 6,1g.
10.) 1023/82 Länge = 56,1mm, Breite = 20,0mm, Dicke = 6,0mm, Gewicht = 6,3g.
11.) 1017/82 Länge = 59,5mm, Breite = 25,1mm, Dicke = 6,9mm, Gewicht = 6,0g.
12.) 1005/83 Länge = 46,2mm, Breite = 27,5mm, Dicke = 5,3mm, Gewicht = 6,8g.
13.) 1023/82 Länge = 41,8mm, Breite = 21,9mm, Dicke = 5,5mm, Gewicht = 3,8g.
14.) 1023/82 Länge = 82,1mm, Breite = 28,2mm, Dicke = 7,0mm, Gewicht = 16,0g.
15.) 1051/85 Länge = 91,0mm, Breite = 22,1mm, Dicke = 6,8mm, Gewicht = 13,1g.
16.) 1051/85 Länge = 84,2mm, Breite = 30,1mm, Dicke = 5,9mm, Gewicht = 14,0g.
17.) 1024/82 Länge = 80,2mm, Breite = 28,3mm, Dicke = 7,5mm, Gewicht = 14,8g.
Abb.: Großspitzen Abu Tartur, Zeichnung Nr. 18 - 37
18.) 1024/82 Länge = 74,9mm, Breite = 27,6mm, Dicke = 11,3mm, Gewicht = 19,5g.
19.) 1050/84 Länge = 78,0mm, Breite = 26,7mm, Dicke = 13,0mm, Gewicht = 24,0g.
20.) 1023/82 Länge = 86,6mm, Breite = 23,5mm, Dicke = 7,4mm, Gewicht = 15,8g.
21.) 1005/83 Länge = 76,1mm, Breite = 22,5mm, Dicke = 8,2mm, Gewicht = 14,7g.
22.) 1005/83 Länge = 74,6mm, Breite = 31,0mm, Dicke = 6,5mm, Gewicht = 14,6g.
23.) 1046/84 Länge = 53,4mm, Breite = 25,3mm, Dicke = 7,9mm, Gewicht = 11,2g.
24.) 1023/82 Länge = 58,6mm, Breite = 24,0mm, Dicke = 6,1mm, Gewicht = 8,1g.
25.) 1004/83 Länge = 49,4mm, Breite = 25,2mm, Dicke = 5,2mm, Gewicht = 5,8g.
26.) 1045/84 Länge = 65,1mm, Breite = 31,2mm, Dicke = 7,0mm, Gewicht = 14,0g.
27.) 1005/83 Länge = 74,0mm, Breite = 26,0mm, Dicke = 6,4mm, Gewicht = 13,5g.
28.) 1017/82 Länge = 58,2mm, Breite = 25,9mm, Dicke = 7,1mm, Gewicht = 9,5g (B/L = 0,45).
29.) 1023/82 Länge = 50,1mm, Breite = 24,3mm, Dicke = 5,4mm, Gewicht = 7,2g.
30.) 1017/82 Länge = 59,0mm, Breite = 29,0mm, Dicke = 6,0mm, Gewicht = 8,5g.
31.) 1023/82 Länge = 56,1mm, Breite = 21,6mm, Dicke = 5,7mm, Gewicht = 5,8g.
32.) 1025/82 Länge = 40,9mm, Breite = 20,8mm, Dicke = 6,3mm, Gewicht = 3,9g.
33.) 1024/82 Länge = 46,2mm, Breite = 22,7mm, Dicke = 4,8mm, Gewicht = 6,0g.
34.) 1017/82 Länge = 47,4mm, Breite = 20,5mm, Dicke = 6,4mm, Gewicht = 4,6g.
35.) 1023/82 Länge = 47,8mm, Breite = 32,3mm, Dicke = 9,0mm, Gewicht = 12,2g.
36.) 1005/83 Länge = 42,5mm, Breite = 24,2mm, Dicke = 9,7mm, Gewicht = 8,1g.
37.) 1004/83 Länge = 44,5mm, Breite = 23,8mm, Dicke = 6,6mm, Gewicht = 6,8g.
Prähistorische Felsbilder
I Das Bild stammt aus Rust in der Kapprovinz Südafrikas. Zwei Männer aus der Gruppe scheinen sich zur Flucht zu wenden (Aus E. Anati Höhlenmalerei 2002 S. 403, ursprünglich aus J.D. Lewis- Williams, 1983 S. 35).
Abb.: Kampfszene auf Felsbild
Die Bilder II bis VII sind aus dem „Handbuch der Vorgeschichte, Band II Jungsteinzeit 1968“ von H. Müller- Karpe abgezeichnet worden. Die Felsbilder mit Ausnahme von II und VII wurden ursprünglich von H. Rothert, L. Frobenius, H. Obermeier und H. Lothe vorgestellt.
Abb.: Kampfszenen auf Felsbildern
II Das Bild aus der Gasulla Schlucht in Spanien zeigt zwei größere Gruppen in kämpferischer Auseinandersetzung. Einige Schützen halten Reservepfeile in der Bogenhand. Ein Mann der linken Gruppe scheint verletzt zu sein, er wirft die Arme hoch, die Beine verbleiben allerdings in der gestreckten Laufstellung ( nach E. Ripoli und H. Breuil).
III In der Südwest- Ecke Ägyptens, im Wadi Sora, wurde diese Kampfszene entdeckt. Es existiert, ebenfalls im Wadi Sora, eine identische Zeichnung aber mit dem Unterschied, dass im hier nicht abgebildeten Vordergrund weibliche Zuschauer, ein Kind und Rinder gezeichnet sind.
IV Das Bild wurde in Karkur Talh auf ägyptischer Seite des Dreiländerecks Libyen, Sudan, Ägypten im Quenat Gebirge entdeckt. Zwei größere Gruppen bekämpfen sich aus kurzer Distanz mit Pfeil und Bogen. Der Grund des Streits scheint ein Rind zu sein, welches hinter der linken Gruppe steht. Im Gegensatz zu anderen Kampfszenen tragen die Schützen Köcher für ihre Reservepfeile.
V Im gleichen Gebirgsmassiv, dem Quenat oder Auenat, wie andere schreiben, befindet sich Bild Nr. V aber diesesmal auf libyschem Gebiet in Ain Dua. Rinder scheinen auch hier Objekt des Streits zu sein.
VI Aus dem Tassiligebirge in Algerien, genauer aus Tin Tazarift stammt diese Kampfszene, ähnliche Bilder sind auch aus Sefar bekannt. Eine Gestalt der rechten Gruppe ist mit einem beilartigen Gerät bewaffnet.
VII Das sehr dynamisch gestaltete Bild zeigt acht Bogenschützen, die sich im Nahkampf befinden. Es stammt von Morella la Vella in Spanien (nach E. Hernandez- Pacheco, M. Almagro, E. Ripoli Perelló, H. Breuil und J. Cabré).
Zusammenfassend werden Kampfszenen mit Pfeil und Bogen von Spanien über Libyen, Ägypten und Algerien bis Südafrika in ähnlicher Weise dargestellt. Die Halbdistanz oder der Nahkampf scheinen die gängigen und stark verbreiteten Fechtweisen zur Zeit der frühen Rinderhaltung gewesen zu sein. Es ist das Einsatzfeld für schwere, große Pfeilspitzen. Ballistische Probleme, die häufig erwähnt werden, können bei den extrem kurzen Flugbahnen der Pfeile ausgeschlossen werden. Natürlich ist es auch möglich diese Kämpfe mit leichten Pfeilspitzen auszutragen.
Quelle: Bayerischer Rundfunk, 1983
Felsbilder wurden im Raum Abu Tartur lediglich im Fundkomplex „West“ entdeckt, dort aber in bedeutender Anzahl und von großer Diversität. Es kommen nur Gravierungen vor, Malerei hat entweder nicht existiert oder ist der Erosion zum Opfer gefallen. Farbstoffe wie sie zur Herstellung von Felsbildern üblicherweise benutzt worden sind, Gips und Kalk für weiß, Kohle, Ruß und bituminöser Schiefer für schwarz, gelber und roter Ocker und selbst Malachit und Glaukonitschiefer für Grüntöne waren und sind noch vorhanden.
Die Graviertechniken sind vielseitig, es finden sich gepickte Bilder, schmal geritzte, breit gekerbte, flächig ausgeschabte und polierte, sowie aneinander gereihte Bohrungen.
Ebenso variantenreich sind die Motive, welche vom Elefanten über Giraffen und Rindern zu Kamelen, wie man die Dromedare in der Sahara nennt, und Piktogrammen und Symbolen reichen. Die Erschaffer der Darstellungen haben uns keinerlei Kommentare hinterlassen, keiner der frühen Künstler erklärt warum er dieses oder jenes graviert hat, ob Magie oder Kult dahinter steht, ob es Kunst um der Kunst willen ist oder ob er einfach Langeweile hatte und eine Beschäftigung gesucht hat.
Emanuel Anati, der Verfasser des Buches „Felskunst im Negev und auf Sinai“ fragte einen Beduinen, der damit beschäftigt war eine Felsgravierung herzustellen, nach dem Grund seines Tuns und erhielt folgende Antwort : „Es gibt hier Hirten, die Flöte spielen, und es gibt Hirten, die Felszeichnungen machen“. Im Niger übersetzte auf Wunsch des Verfassers ein Targi eine Tifinarinschrift, die neben anderen Felsgravierungen, vor allem Kamelen, an einer steilen Klippe zu sehen war, wie folgt : „Ich, Goumour, sitze hier und sehe wie die Sonne untergeht“.
Andere Zeichen bedeuteten z.B. : Ali liebt Fatima“. Dreierlei ist notwendig, um die Voraussetzung zu schaffen, malen oder gravieren zu können, eine glatte Fläche aus solidem Material gleich welcher Neigung, Malfarben oder Gravierwerkzeuge und Zeit. Es liegt in der Natur des Menschen glatte Flächen zu „verschönern“, die Spraykultur unserer Zeit ist nur ein Beispiel, Kerkerwände wurden während sämtlicher Epochen bekritzelt und das geschnitzte Herz mit den Initialen in der Buchenrinde wäre auch hier einzuordnen. Letzteres führt uns zur Thematik der Bilder. Dargestellt wird immer das, was für den ausführenden Künstler wichtig ist, was ihm am Herzen liegt.
Es wäre nun falsch aus den vorhergegangenen Ausführungen zu schließen sämtliche Fels- und Höhlenbilder seien künstlerische Expressionen, die aus purem Zeitvertreib entstanden sind, wir wissen es nicht. Sicherlich gibt es auch andere Motive. Der wahre Sinn, so denn einer hinter den Bildern steckt, bleibt im Dunkel der Zeit verborgen und uns verschlossen.
Beispiele aus anderen Perioden, von anderen Orten und anderen Volksgruppen liefern zwar reichlich Stoff für hochinteressante Diskussionen aber sie liefern keine Lösung. Bis zu dem Tag, an dem unbestreitbares wissenschaftliches Beweismaterial vorliegt, ist es vielleicht klüger zu akzeptieren, dass die heutigen Kenntnisse nicht ausreichen, allgemein gültige Schlüsse betreffend der Bedeutung der Felsbilder und der Motivierung ihrer Hersteller zu ziehen.
Die Gravierungen sollen kurz vorgestellt werden :
Bild 1 Das Rind ist mit starken Strichen fast schon symbolhaft in eleganter Weise gestaltet. Die langen Hörner sind nach hinten geschwungen. Die Gravierung stellt eine reine Seitenansicht dar, so dass auch nur ein Horn zu sehen ist. Das ganze Bild strahlt Kraft aus.
Bild 1: Das Rind 1
Bild 2 wirkt weniger ästhetisch, der Kopf ist nach vorne gebeugt, die zwei langen Hörner, obwohl auch hier eine seitliche Darstellung vorliegt, nur leicht gebogen. Die Hufe sind durch Bohrungen angedeutet. In Kopfnähe ist eine Gravierung angebracht, die als Pfahl und Strick interpretiert werden könnte, vielleicht auch als Viehhirte mit Stab oder Seil.
Bild 2: Das Rind 2
Bild 3 ist keine naturalistische Wiedergabe eher eine Karikatur. Es ist sehr lang gestreckt und in mehrere Felder eingeteilt. Der Kopf ist dem Betrachter zugewendet und mit zwei mittellangen geraden Hörner geziert. Der Hals besteht aus einem langschmalem Rechteck, das Mittelteil ebenfalls aus einem Rechteck aber mit einer unten abgerundeten Ausstülpung, welche die Vorderläufe des Rindes andeutet. Das Hinterteil ist unten in der gleichen Art wie die Vorderläufe abgerundet und endet oben in einem kurzen, gestrecktem Schwanz. Stirne, Hals, Rücken und Schwanz bilden eine horizontale Linie, wobei der Schwanz leicht aufwärts weist. Das „Rind“ kann natürlich auch ein anderes Hörner tragendes Tier, z.B. eine Ziege, sein.
Bild 3: Das Rind 3
Bild 4 zeigt zwei anthropomorphe Gravierungen in der Art des „hemme de Mali“. Zwischen den beiden Gestalten sieht man einen Kreis mit zwei parallelen Kerben. Zwei weitere Kerbstriche sind in der Nähe des Unterarms des größeren der beiden Menschen angebracht. Da die Komposition ein Interesse der zwei Gestalten an dem runden Gegenstand suggeriert, könnte man das Bild ohne jede Ernsthaftigkeit „Das erste Fußballspiel“ nennen.
Bild 4: „Das erste Fußballspiel“
Bild 5 besteht aus zwei, wahrscheinlich in verschiedenen Epochen entstandenen Darstellungen. Erstens aus Fischen in Ritztechnik und zweitens aus aneinander gereihten Bohrungen, die in schwungvollen Linien die Sandsteinplatte überziehen. Die am weitesten unten angebrachten Bohrungen könnten eine Rundhütte darstellen, ähnlich den Mattenzelten der Air- Tuaregs im Zentrum der Republik Niger. Die Fische sah der Künstler von oben. Ein Schwarm von sieben Tieren verschiedener Größe kurvt von unten rechts nach oben zur Mitte des Bildes hin, während zwei große Fische den oberen linken Bildrand zieren. Allen Tieren ist gemeinsam ein runder Kopf, ein massiger Körper, der Schwanz und lange, paarig angeordnete Seitenflossen, zwei auf jeder Seite.
Bild 5: „Aneinandergereihte Bohrungen“
Fischgravierungen
H. Müller-Kerpe stellt in seinem Handbuch der Vorgeschichte, Band II, Jungsteinzeit, unter anderem auf Tafel 23, Abb. 11, Fische in Draufsicht vor. Sie dürften aus der Nagadazeit stammen (zwischen 4.000 und 3.300 BC). Die Fischgravierungen von Abu Tartur sind hier in ähnlicher Art dargestellt (Bild 5, 5394±59 cal BC).
In späteren Zeiten wurden im Niltal Fische, aber auch Krokodile, in Seitenansicht gezeichnet, z.B. Abydos, Tafel 33, Abb. 19 und Sakkara, Tafel 39, Abb. 27.
Bild 6 stellt einen nicht näher zu identifizierenden Vierbeiner dar. Auffallend ist die obere Fortsetzung des Kopfes, sind es Ohren oder wollte der Künstler Hörner gravieren? Rätsel gibt auch ein lang gestreckter Buckel oberhalb der Schulter auf.
Bild 6: „Großer Vierbeiner“
Bild 7 ist noch änigmatischer als das vorherige, dennoch könnte man auch dieses als Vierbeiner interpretieren. Der massige Körper ist in vier Teile gegliedert, die Beine sind nur angedeutet. An Stelle des Kopfes erhebt sich ein rüsselartiges Gebilde.
Bild 7: „Großes Tier mit Rüssel“
Bild 8 besteht aus zwei nahezu quadratischen Grundrissen. Im inneren der Quadrate sind rechtwinklig zueinander verlaufende Linien gezeichnet.
Bild 8: „Zwei Rechtecke (Grundrisse?)“
Bild 9 gibt uns eine schriftliche Nachricht, dieser erste Eindruck drängt sich bei der Betrachtung auf. Dargestellt sind zwei menschliche Gestalten. Während die erste Gestalt klar definierbar ist, ist die äußere Gestalt sehr einfach durch drei Ritzungen, eine senkrechte und zwei schräge, angelegt und könnte etwas anderes bedeuten. Darüber ist ein waagerechter Strich angebracht, von den vier kleinere Striche, leicht gebogen aber nahezu rechtwinklig nach unten führen. Nach links schließt sich ein schön gezeichneter Fisch in Seitenansicht an. Außer der Kiemenspalte, drei Bauchflossen und drei Rückenstacheln hat der Künstler auch sein Wissen um die dem Auge verborgene Anatomie des Fisches eingebracht und die Gräten ebenfalls dargestellt. Nach links fortfahrend erscheint ein Bogen oder ein auf den Kopf gestelltes U, darunter eine einfache, senkrechte Kerbe, von deren oberem Ende eine kurze Kerbe schräg nach unten führt. Mehr als die Hälfte der Gesamtgravierung einnehmend, beschließt eine Sandale das Bild. Das Schuhwerk zeigt Details wie zwei Querriemen, zwei diagonal verlaufende Riemen sowie Bänder zur Befestigung. Die Zehen sind ebenfalls eingezeichnet. Der Arbeitsname des Fundplatzes 1006/83, östlich von 1005/83 gelegen, war „abri d’autruche“. Der Grund dafür war Bild 25, eine wunderschöne Gravierung, die einen flügelschlagenden Strauß zeigt, ein balzendes Männchen vielleicht. Der Vogel ist mit wenigen gekonnten Linien dargestellt, das Federkleid mit feinen Querstrichen angedeutet. Auch für die Augen eines modernen Menschen stellt diese Gravierung ein Kunstwerk dar und ein hoch ästhetisches dazu. Von der B.O.S. Expedition der Universität zu Köln wurde eine Abklatschzeichnung des Bildes angefertigt.
Bild 9: Pictogramm
Bild 25: Strauß
Bild 10 ist die Darstellung einer sich in rascher Flucht befindlichen langhörnigen Antilope. Eine tiefe Kerbe, die vom Kopf bis zum Schwanz reicht, bildet den Rücken des Tieres. Zwei weitere, leicht gebogene Kerben markieren die Hörner, vier Kerben die Läufe. Der Körper zwischen Rücken und Laufansatz ist flächig ausgeschabt, der Schwanz ist durch Ritzungen angedeutet. Das Bild vermittelt recht eindrucksvoll den Vorgang der Bewegung. Eine weitere Antilope, im gleichen Stil graviert, befindet sich auf derselben Wand wie die hier abgebildete.
Bild 10: Flüchtende Antilope
Bild 11 ist auf zwei unterschiedlich hohen Ebenen ausgeführt. Auf der unteren Fläche sind rechts eine V- förmige tiefe Kerbe, die beiden Schenkel durch eine Querkerbe verbunden und links zwei länglich ovale Körper, welche den Fischen von Bild 5 ähneln, nur dass man diesen die Seitenflossen und Schwänze entfernt hat, dargestellt. Die obere Fläche weist an ihrer linken ante eine Reihe von Kerben auf. Die Mitte der Fläche ist durch eine große, ovale und eine etwas kleinere, runde Ausschabung gekennzeichnet. Letztere ist von einem Kranz von gebohrten Löchern umgeben. Weitere Bohrungen verschiedener Durchmesser setzen sich nach rechts fort. Den Abschluss bilden im Zickzack angeordnete Kerben.
Bild 11: Ausschabungen und Bohrungen
Bild 12 liegt noch auf dem Hügel und ist stark vom Wind erodiert. Zu erkennen sind ein Zickzack-Band, das an eine Schlange erinnert und parallel dazu eine Aneinanderreihung von Formen, die den artikulierten Schwanzabschnitten des Skorpions ähneln.
Falls das Bild gegen Ende der steinzeitlichen Hauptbesiedlungsphase graviert worden wäre, in etwa der Epoche, aus der Bild 9 stammt, könnte eine alternative Interpretation gewählt werden. Das Zickzack-Band könnte ein Zeichen für Wasser sein und der Skorpion der Namensgeber der Wasserstelle. Hier wäre wieder der Rat eines Ägyptologen von Wert.
Bild 12: Scorpion und Schlange
Bild 13 besteht nur aus geradlinigen Kerben, welche Tiere darstellen sollen. Rechts ist ein gehörnter Vierbeiner zu sehen, während links, mit nur drei Beinen, allen Anschein nach eine Giraffe suggeriert werden soll.
Bild 13: Giraffe
Bild 14 zeigt zwei Vierbeiner mit großen, runden Köpfen. Bei anderer Betrachtungsweise könnte es aber auch eine erotische Szene darstellen, die zwei kopulierende Menschen zeigt. Darunter eine sehr schematische Kerbung, bestehend aus einem langem Strich für den Körper und vier kürzeren Strichen für die Läufe eines Tieres.
Bild 14: Strichzeichnung von Vierbeinern
Bild 15 am Fuße von 1006/83 wird unterteilt in die linke Seite, welche von vielen geraden und einer gekreuzten Kerbe bedeckt ist und der rechten Seite mit einer anthropomorphen Ritzung und einer weiteren Ritzung, deren Bedeutung nicht erkannt ist. Die Trennungslinie zwischen den beiden Bildteilen besteht aus zwei sehr tiefen Kerben.
Bild 15: Anthropomorphe Ritzung
Bild 16 stellt einen Fisch in Draufsicht dar, ähnlich graviert wie die Fische des Bildes 5, nur die hinteren Seitenflossen fehlen bei diesem Exemplar. Das vordere Flossenpaar und die Schwanzflosse sind sehr ausgeprägt. Neben einigen Kerben und einem kleinem Zickzack- Band sind zwei Fischkörper ohne Flossen und ohne Schwanz zu erkennen.
Bild 16: Fisch in Draufsicht 1
Bild 17 zeigt einen Fisch in Draufsicht mit zwei Paaren von Seitenflossen und einem lediglich angedeutetem Schwanz, darunter zwei Längskerben.
Bild 17: Fisch in Draufsicht 2
Bild 18 Besteht aus einer hohlkugelförmigen Ausschabung, welche von einem Kranz von Bohrlöchern umgeben ist. Eine Linie von sieben aneinander gereihten Bohrlöchern weist vom Kranz aus nach unten, eine Linie von fünf Bohrlöchern nach oben. Ein weiteres Bohrloch von größerem Durchmesser ist rechts der unteren Linie angebracht.
Bild 18: Runde Aushöhlung mit Bohrungen
Bild 19 stellt ein Kreuz in einem Kreis und zwei Ovale mit je einem Querstrich dar. Ganz in der Nähe des Fundplatzes 1005/83 liegt in westlicher Richtung 1081/86. Der Sandsteinhügel, welcher die Begrenzung nach Westen bildet, weist einige interessante Felsgravierungen auf.
Bild 19: Kreis mit Kreuz
Bild 20 Obwohl stark windüberformt sind klar zwei langhörnige Antilopen zu erkennen. Beine, Hörner und obere Rückenbegrenzung sind geritzt; die Körper, Hälse und Köpfe sind flächig ausgeschabt.
Bild 20: Zwei Antilopen
Bild 21 Hier versucht der Künstler mit einem perspektivischem Trick eine Gruppe von Schafen darzustellen indem er in den Vordergrund flächig gravierte, große Körper stellt, die in der Tiefe immer kleiner werden und am Ende nur noch durch zwei rechtwinklig zueinander stehende Kerben angedeutet werden. Es ist ihm aber entgangen, dass das dritte, kleinere Tier vor dem zweiten und dieses wiederum vor dem ersten steht. Dadurch stimmt zwar die Perspektive nicht aber der Versuch ist grandios.
Bild 21: Gruppe von Vierbeinern
Bilder 22 – 24 sind großflächige Schabungen und Kerbungen, die Vulvasymbole darstellen.
Bild 26 zeigt eine bewegte Szene mit neun bis zehn Personen, davon vier mit ausgeprägtem Fettsteiß. Drei der Gestalten tragen Schmuckelemente an einer Art Lendenschurz und zwei zusätzlich einen Kopfschmuck, hierbei handelt es sich wahrscheinlich um Männer. Die Menschen sind als Strichfiguren angelegt, die Köpfe sind nur leicht angedeutet. Fünf Gestalten zeigen zwei Arme, eine nur einen Arm. Die übrigen sind armlos graviert. Eine tiefe Kerbe, wohl ein Vulvasymbol, trennt das Paar links außen von den anderen. Vor jeder mutmaßlich weiblichen Person ist auf Höhe des Unterleibs eine Bohrung außerhalb der eigentlichen Strichzeichnung angebracht.
Bild 26: Tanzende Menschen
Bild 27 zeigt in natürlicher Größe eine linke Hand eines relativ kleinen Menschen. Die flächige Gravierung liegt auf dem Hügel 1006/83 und ist Wind und Wetter ungeschützt ausgesetzt. Auch wenn das Werk durch Erosion leicht verändert worden sein sollte, lässt die Form und Haltung des Daumens auf eine Verletzung schießen, ein verheilter Bruch möglicherweise.
Bild 27: Kleine Hand (Der verletzte Daumen)
Bild 28 ähnelt den auf Fundplatz 1005/83 dargestellten Fischen in Draufsicht, weicht in seiner Ausführung jedoch in einigen Details ab. So sind die Seitenflossen nicht nach hinten geschwungen sondern ragen rechtwinklig vom Körper ab. Die V- förmige Markierung am Kopf wird bei den übrigen Darstellungen nicht angetroffen.
Bild 28: Sandale
Bild 29 erinnert mit seinen Hauptmotiven an Doppeltäxte, es könnten auch anthropomorphe Gravierungen sein. Ansonsten sind noch fünf radialstrahlig angeordnete Kerben und weitere dem Betrachter ungeordnet vorkommende Kerben zu sehen.
Bild 29: Doppeläxte
Bild 30 zeigt eine auf einer Kante angebrachte Reihe von Kerben und sechs in einer Linie gerade ausgerichtete Bohrungen größeren Durchmessers nebst einigen Ritzungen.
Bild 30: Kerbungen und Bohrungen
Viele meist einfache Gravierungen der Fundstellen 1005/83, 1081/86 und 1006/83 sind hier nicht gezeichnet und beschrieben worden. Außerhalb der Fundstellen- Gruppe seien erwähnt die geometrischen Strichanordnungen des Jacobsfelsen, der Elefant am Fuße des Plateauhangs zwischen Ain Elwan und Ain Amour wie ferner die Schlangendarstellungen in den Hügeln nördlich des Fundplatzes 1023/82.
Bis auf die Fotografie des Jakobsfelsen, nach dem Entdecker Prof. Dr. K.-H. Jacobs (Techn. Univ. Berlin) benannt, stammen alle Fotografien vom Verfasser.
Abb.: Die Frau des Verfassers vor einer Felswand mit Schlangenlinien
Von den Felskunstzeichnugen Nr. 12 und Nr. 27 sind keine Fotos vorhanden.
Siehe hierzu unter >Pfeilspitzen allgemein< --> >Ägypten< --> >Fotogalerie< --> Abb. 7: Perlen Schmuck und "Webschiffchen", versch. Fundstellen.
Die oben genannten Tätigkeiten treten gehäuft und gemeinsam erst im Neolithikum auf. Das gilt sowohl für das Vorhandensein von Keramik als auch für geschliffene und durchbohrte Artefakte zumal wenn diese aus sehr hartem Material, vorzüglich Kieselgestein, bestehen.
Abb.: Keramik, verschiedene Fundstellen Abu Tartur
Auf rund der Hälfte der Abu Tartur Fundstellen wurde Keramik an der Oberfläche gefunden. Der Anteil der Plateau- Plätze ist größer als der an Playas gebundenen Vorkommen in der Sandsteinebene. Unverzierte Keramikscherben überwiegen und kommen auf 68 Fundstellen vor, während dekorierte Stücke lediglich auf 14 Fundstellen angetroffen werden. Neunmal werden sowohl glatte als auch verzierte Scherben gefunden. Ein erster vorläufiger Bericht über die Keramik wurde von H. Riemer und P. Schönfeld veröffentlicht.
Abb.: Keramik, verschiedene Fundstellen Abu Tartur
Abb.: Keramik, Tafel 1
Tafel K1
1.) 1006/4
2.) 0059/1
3.) 0059/4
4.) 0002/10
Abb.: Keramik, Tafel 2
Tafel K2
1.) 1038/4
2.) 1029/1
Abb.: Keramik, Tafel 3
Tafel K3
1.) 1033/5
Abb.: Keramik, Tafel 4
Tafel K4
1.) 1038/3
2.) 0014/16
Abb.: Keramik, Tafel 5
Tafel K5
1.) 1004/1
2.) 0006/1
3.) 1017/1
4.) 0008/86E
5.) 0061/165C
6.) 0006/2
Abb.: Keramik, Tafel 6
Tafel K6
1.) 0010/1
2.) 0061/165/C
3.) 0007/2
4.) 1023/7
5.) 0007/1
6.) 0007/3
7.) 1021/10
8.) 0003/8
Abb.: Keramik, Tafel 7
Tafel K7
1.) 0002/1
2.) 0002/5
3.) 0032/1
4.) 0003/2
5.) 0003/1
6.) 0015/1
7.) 0032 – 171/A
Das Schleifen und Polieren von Steinwerkzeugen, speziell von Beilen, war in Abu Tartur nicht sehr verbreitet nimmt man als Grundlage die Anzahl der gefundenen Beile und Dechsel. Weit häufiger wurden Pfrieme gefunden, die in den meisten Fällen aus verkieseltem Holz hergestellt sind. Bei diesen Werkzeugen wurden lediglich die Spitzen geschliffen, der Rest des Pfriems ist durch die natürlichen Bruchkanten des Materials bestimmt Abb. 7 – (7.3-7.7). Geschliffen, poliert und zusätzlich noch gebohrt sind vier Bruchstücke von Kalksteinkugeln. Häufig werden diese gerundeten Körper in Verbindung zu Grabstöcken gebracht, sie sollen an diesen befestigt worden sein und dem Werkzeug ein höheres Gewicht verliehen haben, um es auf diese Weise effektiver zu gestalten. Ein schwerer Stock wäre mit weniger Aufwand und mit weniger technischen Schwierigkeiten herzustellen gewesen.
Abb. 7: Gebohrte Kugeln und Pfrieme
7.1.) 0001/1
7.2.) 1024/2
Der geringe Durchmesser der Bohrungen beider Kugeln lässt einen Gebrauch als Gewicht für Grabstöcke irrealistisch erscheinen, da ein so dünner hölzerner Stiel seitliche Kräfte, wie sie beim Stochern und Heraushebeln auftreten, nicht hätte aufnehmen können. Ein zäher biegsamer Stock hätte sich gebogen, ein harter, starrer Stab wäre bei seitlicher Belastung gebrochen.
Wahrscheinlich handelt es sich bei den vier Stücken um Keulenköpfe wofür auch die sorgfältige und zeitaufwendige Bearbeitung sprechen. Ein flexibler Stiel aus Holz oder eventuell aus getrockneter Nilpferdhaut wäre hier angebracht. Bei guter Schlagfestigkeit hat Kalkstein den Vorteil gegenüber anderen in Betracht kommenden Gesteinen, sich relativ gut bohren zu lassen. Außerdem ist er neben Sandstein das einzige wirtschaftlich und technisch bohrbare Material, welches in Abu Tartur ansteht.
In Tabelle 9 wird die Schlagfestigkeit verschiedener Gesteine verglichen.
7.3.) 1017 – 32/5
7.4.) 1017 – 33/18
7.5.) 1027 – 158/7
7.6.) 1017 – 188/31
7.7.) 1017 – 33/23 Wie Nr. 3, Dimensionen = 102 x 7 x 4,5 mm
7.8.) 1015 – 147/3
7.9.) 1015 – 147/2
7.10.) 1015 – 147/1
7.11.) 0006/83/1
7.12.) 0006/83/2
7.13.) 0006/83
Von den vier durchbohrten, kugelähnlichen Gebilden wurde ein Stück auf dem Fundplatz 1024/82 entdeckt. Es besteht aus grauem Massenkalk, ist eiförmig ausgebildet mit einer Längsachse von 66 mm und einer Querachse von 55 mm. Die obere Partie, rund um das konische Bohrloch, ist parallel zur Querachse abgeflacht. Die Bohrung misst an der Oberfläche rund 17 mm im Durchmesser. Das Gewicht des Bruchstücks, welches rund ein Drittel des Gesamtkörpers ausmacht, beträgt 100g. Es kann folglich von 300g für das vollständige Artefakt ausgegangen werden Abb. 7 – 7.1.
Ein zweites Stück stammt vom Fundplatz 0015/83 und repräsentiert nur noch ein Viertel des ursprünglichen Volumens. Die Dimensionen sind 68 mm für die Querachse und 35 mm für die Hälfte der Längsachse, so dass man von einer nahezu gleichmäßigen Kugelform ausgehen kann. Das Gewicht des Bruchstücks beträgt 110g, das Gesamtgewicht hätte somit bei rund 440g gelegen.
Der Durchmesser des Bohrlochs an der Oberfläche liegt bei rund 20 mm, er verjüngt sich zum Kugelinneren. Das Gestein ist auch hier ein Massenkalk. Die Farbe ist von einem hellen Beige, welches von millimeterschmalen, roten, parallel zueinander liegenden Streifen durchzogen wird Abb. 7 – 7.2.
Eine kleinere durchbohrte Kugel wurde auf dem Plateauplatz 0001 B/82 gefunden, sie ist zur Hälfte erhalten. Das obere Ende ist stark abgeflacht, so dass der Durchmesser entlang der Bohrung 44,5 mm, der Durchmesser rechtwinklig zur Bohrung 53,5 mm beträgt. Die Bohrung selbst hat eine Weite von 13 – 15mm. Das Werkzeug beseht aus grauem, streifigem Sinterkalk, der wahrscheinlich aus einer eingebrochenen Tropfsteinhöhle in der Nähe der Fundstelle stammt. Außer einem kleinen Bruchstück einer weiteren Sinterkalk- Kugel befinden sich größere Mengen unbearbeitetes Werkmaterial vor Ort. Das Gesamtgewicht des Artefakts dürfte bei 190g gelegen haben.
Wahrscheinlich handelt es sich bei den vier Stücken um Keulenköpfe wofür auch die sorgfältige und zeitaufwendige Bearbeitung sprechen. Ein biegsamer Stiel aus Holz oder besser aus getrockneter Nilpferdhaut wäre hier angebracht. Bei guter Schlagfestigkeit hat Kalkstein den Vorteil gegenüber anderen in Betracht kommenden Gesteinen, sich relativ gut bohren zu lassen. Außerdem ist er neben Sandstein das einzige wirtschaftlich und technisch bohrbare Material, welches in Abu Tartur ansteht.
Tabelle 9
Gesteinsart | Spez. Gewicht | Schlagfestigkeit nach DIN 52109 |
(kg / dm3) | Anzahl der Schläge bis zur Zerstörung | |
Dichter Kalkstein | 2,70 – 2,90 | 8-10 |
Serpentinfels | 2,62 – 2,78 | 6-15 |
Quarzitischer Sandstein | 2,64 – 2,68 | 8-10 |
Grauwacke | 2,64 – 2,68 | 10-15 |
Quarzsandstein | 2,64 – 2,72 | 5-10 |
Basalt | 3,00 – 3,15 | 12-17 |
Granit | 2,62 – 2,85 | 10-12 |
In Tabelle 9 wird die Schlagfestigkeit verschiedener Gesteine verglichen.
Abb. 8 – (8.1-8.4) zeigt unter anderem das erste in Abu Tartur gefundene, polierte langschmale, mittig durchbohrte Artefakt, welches „Webschiffchen“ genannt wurde und vom Fundplatz 1014/82 stammt. Weitere, auch zerbrochene Stücke kamen hinzu. Die in Dakhla beobachteten Exemplare wurden von M. Mc Donald „toggles“ genannt. Ein weiteres „Webschiffchen“ wurde in der kleinen Bruchsenke nördlich des Abu Tartur Massivs im Fundstellenbereich Abu Gerara von H. Riemer gefunden. Das Material dieser Artefakte ist eisenhaltiger Tonstein oder dichter Kalkstein. Der Name soll nicht auf die Funktion sondern auf die Form hinweisen.
Abb. 8: Webschiffchen, Diabolos und Ohrstecker
8.1.) 1014
8.2.) 1085
8.3.) 1024 – 48/A
8.4.) 0014
8.5.) 1024
8.6.) 1024
8.7.) 1013 – 39/14
8.8.) 1024 – 48/H
8.9.) 1024 – 48/L
8.10.) 1032
8.11.) 0049
8.12.) 1024
8.13.) 1044 – 163/B
8.14.) 0059 – 166/A
Geschliffene und polierte „Pflöcke“ und „Diabolos“ sind aus Kalzit- und Barytkristallen hergestellt worden Abb. 8 – (8.5-8.14). Ein beliebter Rohstoff war die Schale von Straußeneiern, aus der die überaus zahlreichen „Perlen“ gearbeitet wurden. Aber auch Muschelschalen und Schneckengehäuse sowie Knochen und Elfenbein dienten zur Herstellung von Schmuckobjekten. Selbst härteste Werkstoffe fanden schon Verwendung. Die Technologie war so weit entwickelt, dass auch Material wie Silikatgestein, Amazonit und Basalt erfolgreich gebohrt, geschliffen und poliert werden konnte Abb. 9.
Abb. 9: Verschiedene Ausführungen von Perlen und anderem Schmuck
1.) 1024 – 5/G Bruchstück einer Muschelschale, die am oberem Rand zwei Bohrungen aufweist, wovon die linke stark ausgeblasen ist, während die rechte, geschützt durch ein eingeklemmtes Sandkorn, ihren ursprünglichen Durchmesser nahezu beibehalten hat. Dimensionen = 21 x 16,5 x 2
2.) 1024 – 48/D Großes, gerundetes Straußenei – Schalenstück mit großer, von beiden Seiten geführter Bohrung. F.Wendorf und A.E. Close beschreiben ein ähnliches Stück vom Fundplatz E-79-6 ( Wendorf, Schild, Close 1984 ) Auch die Dimensionen liegen in der gleichen Größenordnung. Das Abu Tartur Stück misst 34 x 29 x 2mm. Die Bohrung hat einen Durchmesser von 6,5mm. Die Ränder sind stark windüberformt.
3.) 1024 – 5/H Der bis auf die zentrale Bohrung unbearbeitete Hornstein ist an den Rändern von Windschliff gekennzeichnet, die doppelt konische Bohrung weist eine Tiefe von 6,2mm auf. Die Dimensionen sind 42 x 20 x 7
4.) 124 – 48/K Das weiß-rot gebänderte, achatartige Gesteinsplättchen ist von beiden Seiten angebohrt worden, so daß der typische Doppelkonus sichtbar wird. Die unregelmäßige Polygonform ist 12,5mm hoch und 10,2mm breit. Die Dicke des Plättchens beträgt 3mm. Das Material ist an den Rändern durchscheinend.
5.) 1005 – KT/1 Die Perle besteht aus einem dunkel rotbraunem, gebändertem und opakem Kieselgestein. Das Ausgangsmaterial war wahrscheinlich plattig ausgebildet. Die 3,5mm im Diameter messende Bohrung wurde von beiden Seiten durchgeführt. Der Außendurchmesser des Artefakts beträgt 7mm, die Dicke ist 3mm.
6.) 1005 – KT/2 Ebenfalls rot und braun gebändert aber dunkler als das oben beschriebene Stück ist diese recht dicke Perle. Ihr Außendurchmesser beträgt 7mm bis 8mm, die Bohrung beträgt knapp 3mm und die Dicke ist 5mm.
7.) 1024 – 48/C Das Röhrchen aus Amazonit ist von Wind überformt worden, wodurch der Durchmesser reduziert wurde und ein Ende schief gestaltet wurde. Das Vorkommen dieser Feldspatvariation ist normalerweise an Pegmatite gebunden, welche selbst im weiteren Umfeld von Abu Tartur nicht anzutreffen sind. Sehr ähnlich durchbohrte Zylinder oder tonnenförmige Körper sind dem Verfasser von neolithischen Siedlungsplätzen aus dem Air – Gebirge in der Republik Niger bekannt. Hier wurde auch ein durchbohrter Zylinder aus ägyptisch anmutendem, streifigem Alabaster beobachtet, der wiederum in diesem Gebiet nicht vorkommt. Das Schmuckstück hat folgende Dimensionen: Länge = 9mm ; Durchmesser außen = 9mm ; Durchmesser innen = 5mm.
8.) 0006 – SE Fragment einer Straußenei – Schale, welche auf der Außenseite durch vier Reihen von Punkten verziert ist. Die Reihen haben untereinander einen Abstand von 3mm, die Punkte in den Reihen sind rund 2mm voneinander entfernt. Die Abmessungen des Stückes sind 18 x 13,5 x 2
9.) 0060 – SE Das verzierte Straußenei – Fragment weist den Rand einer Bohrung auf, die von der Innenseite der Schale ausgeführt worden ist. Außer dem Bohrkonus weist die Innenseite zwei tiefe Rillen auf. Die Außenseite ist tief und stark eingekerbt. Ein Rand des Fragments ist mit Kerben versehen. Das Motiv besteht aus z.T. parallelen tiefen Kerben und anderen weniger tiefen Ritzungen, welche die Zwischenräume ausfüllen. Die Dimensionen des nahezu dreieckigen Stückes sind 16mm für die Höhe, 15mm für die Basis und 2mm für die Dicke.
10.) 0059 – 166/C Die Verzierung dieses Fragments einer Straußeneischale besteht lediglich aus zwei parallel zueinander verlaufenden, geraden Linien. Die Tiefe der Ritzungen ist gering. Die Dimensionen sind 12,5 x 10,5 x 2. ( Zwei weitere Stücke mit parallelen Ritzungen wurden auf dem Fundplatz 0002/84 beobachtet, allerdings sind dort die Linien leicht gekrümmt und sie liegen dichter beieinander. )
11.) 0007 – S1 Die kleine, langgestreckte und gerundete „Perle“ ist aus einem schwarzem Gestein hergestellt. Sie ist geschliffen und poliert aber nicht durchbohrt. Das Material weist an der Oberfläche keinerlei Körnung auf, Basalt ist daher ausgeschlossen, möglich wäre eventuell Obsidian. Die Dimensionen sind 11 x 4,5 x 5,6
12.) 0007 – S2 Dieser kleine, zylindrische Körper wurde an zwei Stellen rundum eingekerbt. Das Material ist weiß, durchscheinend und hart. Im Gegenlicht werden rechtwinklig zur Längsachse verlaufende Schichtungen erkennbar. Möglichkeiten das Material betreffend wäre Kalzit oder Muschelschale. Die Dimensionen sind: Länge = 12,4mm ; Durchmesser in der Mitte = 4mm.
13.) 1006 – S Bei diesem Stück handelt es sich um einen Zahn, er wurde an seiner Spitze dergestalt gekerbt, daß eine Schnur, die in der Kerbe hätte angebracht werden können, das Stück als Anhänger hätte tragen können. Die Länge beträgt 21,2mm, die Dicke des oberhalb der Kerbe liegenden Teils ist 3mm, die stärkste Dicke des Zahns ist 6,2mm.
14.) 1023 – S Der durchbohrte Anhänger ist aus einem weichem, sich fettig anfühlendem Gestein hergestellt. Das außermittig angebrachte Bohrloch wurde von beiden Seiten angesetzt. Die Länge beträgt 17mm, die Breite maximal 10mm, die Dicke oberhalb der Bohrung ist 3,5mm, unterhalb 5,8mm. Der Durchmesser der Öffnung beträgt 3mm.
15.) 0029 – 173/C Die eckige, perforierte Vorstufe zur Perlenherstellung ist cremefarben d.h. nahezu unverwittert. Die konische Bohrung wurde auf der Innenseite, welche Kratzspuren aufweist, angesetzt. Die Außenseite zeigt Aussplitterungen wie sie entstehen wenn der Bohrer durchstößt. Die Schale hat eine Dicke von 1,96mm, der Durchmesser der Bohrung beträgt 2,42mm.
16.) 0001A – J Die eckige, perforierte Schale wurde von beiden Seiten mit einem schwach konisch ausgebildetem Bohrer bearbeitet. Das Artefakt ist stark gedunkelt, wie die folgenden Stücke vom Fundplatz 0001A hat es in der Asche einer Feuerstelle gelegen. Die Dicke der Schale beläuft sich auf 1,72mm, die Bohrung misst 2,22mm im Durchmesser.
17.) 0001A – H Das Schalenstück ist nicht durchbohrt, es zeigt auf der Innenseite lediglich Anfänge einer Bohrung. Merkwürdig sind die tiefen Ritzungen, oder sind es Verzierungen, die so normalerweise nur auf den Außenseiten von Straußenei – Schalen anzutreffen sind. Die Schale hat eine Wandstärke von 1,84mm.
18.) 0001A – F Wie Nr.15 auch hier wurde die Bohrung nur von der Innenseite her ausgeführt, die Außenseite zeigt Aussplitterungen. Die Dicke der Schale beträgt 1,9mm, der Durchmesser der Bohrung1,89mm.
19.) 0001A – E Wie Nr.17 mit Ausnahme der Ritzungen. Die Dicke der Schale ist 1,74mm.
20.) 0001A – G Wie Nr.18. Die Schale ist 1,79mm dick.
21.) 1075 – 161/E Neben den eckig perforierten Vorstufen zur Perlenherstellung ( Nr.15 bis Nr.20 ) existiert die gerundete, nicht durchbohrte Form. Die Rundung wird zunächst grob herausretuschiert, später folgt die Bohrung. Unvollendete Perforierungen sind bei dieser Vorgehensweise nicht beobachtet worden. Die Innenseite dieses Artefaktes weist Ritzungen auf. Der relativ große Durchmesser der Scheibe misst 14,39 bis 14,82mm, die Dicke 1,76mm. Die Farbe ist hellgrau.
22.) 1075 – 161/G Wie Nr.21. Durchmesser = 12,78 bis 13,11mm ; Dicke = 1,88mm
23.) 1075 – 161/F Wie Nr.21. Durchmesser = 12,28 bis 12,88mm ; Dicke = 1,94mm
24.) 1075 – 161/D Wie Nr. 21. Durchmesser = 12,02 bis 13,09mm ; Dicke = 1,89mm
25.) 0001A – D Diese Scheibe ist sehr dunkel gefärbt, ihr Diameter entspricht eher der Durchschnittsgröße von Perlen, er beträgt in diesem Fall 8,80 bis 8,96mm, die Schalendicke ist 1,65mm.
26.) 0001A – C Wie Nr.25. Durchmesser 8,67 bis 9,58mm, Dicke = 1,56mm.
27.) 1004 – P Wie Nr.25, lediglich die Farbe ist hellgrau und die Ränder weisen Spuren von Windschliff auf. Durchmesser = 9,05 bis 9,83mm ; Dicke = 1,76mm.
28.) bis 34.) 0016 – 1P bis 7P Die Serie von gerundeten und perforierten Scheiben stellt einen weiteren Produktionsschritt dar. Die vorhergehende Phase kann sowohl die Serie Nr.14 bis Nr.19 als auch die Serie Nr. 20 bis Nr.26 gewesen sein. Um zu einer gebrauchsfähigen Perle zu kommen fehlen noch die Arbeitsgänge des Schleifens und Polieren des Mantels.
Die Abmessungen der Vorderprodukte sind wie folgt:
P1 | P2 | P3 | P4 | P5 | P6 | P7 | |
Durchmesser außen | 9,77 | 9,49 | 9,43 | 9,46 | 9,62 | 9,45 | 9,50 |
Durchmesser innen | 3,12 | 2,86 | 2,21 | 2,58 | 2,68 | 3,08 | 2,93 |
Dicke der Schale | 1,84 | 1,97 | 1,83 | 1,81 | 1,84 | 1,80 | 1,75 |
Die Farbe der unpolierten Perlen ist creme bis hellbeige, die konischen Bohrungen sind alle von einer Seite ausgegangen.
35.) bis 42.) Das Endprodukt „Perle“ zeichnet sich dadurch aus, daß der polierte Rand mit den beiden Oberflächen der Schale einen rechten Winkel bildet. Auf einer glatten, horizontalen Unterlage können frische, nicht windüberformte Perlen hingestellt werden, sie fallen nicht um. Die hier dargestellten Exemplare stammen von den verschiedenartigsten Fundplätzen, alten und jungen, aus der Ebene und vom Plateau. Damit kann belegt werden, daß Straußenei – Perlen über lange Zeiträume von verschiedenen Kulturen immer auf diese Weise gefertigt worden sind, zumindest in dem in Frage kommenden geographischen Bereich. Cremefarbene und beige Töne herrschen vor. Die mehr oder weniger konischen Bohrung setzen bei allen Perlen dieser Serie auf einer Seite an.
35.) 0050 – P Eine Ausnahme gegenüber den anderen besprochenen Stücke bildet der Mantel dieser Perle, der nicht rechtwinklig zur Längsachse steht, sondern, obwohl geradlinig, geneigt verläuft. Die Neigung ist aber so leicht, daß auch diese Perle hingestellt werden kann. Dimension: Durchmesser außen = 5,11mm ; Durchmesser innen = 1,98mm, Dicke = 1,78mm.
36.) 0007 – 17 Dimensionen: Durchmesser außen = 5,35mm ; Durchmesser innen = 1,99mm Dicke = 1,78mm
37.) 1005 – P1 Dimensionen: Durchmesser außen = 6,74mm ; Durchmesser innen = 2,56mm, Dicke = 1,81mm
38.) 0056 – 41 Dimensionen: Durchmesser außen = 7,23mm ; Durchmesser innen = 3,18mm, Dicke = 1,49mm
39.) 1004 – P1 Dimensionen: Durchmesser außen = 8,40mm ; Durchmesser innen = 3,02mm, Dicke = 1,86mm
40.) 0030 – 171/D Dimensionen: Durchmesser außen = 8,84mm ; Durchmesser innen = 3,00mm ; Dicke = 1,61mm
41.) 0007 – 12 Dimensionen: Durchmesser außen = 8,79mm ; Durchmesser innen = 2,77mm, Dicke = 1,94mm
42.) 0016 – 86 Dimensionen: Durchmesser außen = 9,11mm ; Durchmesser innen = 3,15mm, Dicke = 1,88mm
43.) bis 50.) Diese Serie zeigt die Auswirkungen der exogenen Kräfte im allgemeinen und der Windüberformung im besonderen. Die Farbe der Perlen ist grau oder dunkel beige, alle ehemaligen Kanten sind abgerundet. Die Zentrale Bohrung scheint von beiden Seiten ausgeführt zu sein, die Wandstärke der Perlen ist verringert.
43.) 1002 – 141/A Eckige, perforierte Vorstufe zur Perlenherstellung, der Durchmesser der Bohrung beträgt 3,00mm, die Dicke der Schale ist 1,89mm. Obwohl die äußere Begrenzung schon verrundet ist, kann der allgemeine Abschliff als nicht weit fortgeschritten bezeichnet werden.
44.) 1002 – 141/C Wie Nr. 43, Bohrdurchmesser = 3,96mm, Dicke der Schale = 1,71mm. Die Zerstörung ist weiter fortgeschritten als bei Nr.42.
45.) 1004 – P2 Bei der kleinen, nun ringförmigen Perle ist die Erosion soweit fortgeschritten, daß von der ursprünglichen Oberfläche der Eierschale nichts übrig geblieben ist. Die Dimensionen sind: Durchmesser außen = 4,56mm ; Durchmesser innen = 2,11mm ; Dicke = 1,32mm maximal
46.) 1005 – P2 Auf einer Seite ist noch eine schmale Zone der ursprünglichen Schalenoberfläche zu erkennen. Die Dimensionen betragen: Durchmesser außen = 5,73mm ; Durchmesser innen = 2,98mm ; Dicke = 1,15mm maximal.
47.) 1005 – P3 Auf einer Seite der Perle ist noch eine schmale, nicht abgetragene Fläche zu erkennen. Die Dimensionen betragen: Durchmesser außen = 5,87mm ; Durchmesser innen = 2,99mm ; Dicke = 1,60mm
48.) 1005 – P4 Beide Seiten weisen noch gerade, glatte Teilflächen auf. Die Abmessungen der Perle betragen Außendurchmesser = 7,76mm ; Innendurchmesser = 3,74mm ; Dicke = 1,63mm maximal
49.) 1005 – P5 Wie Nr.48, Dimensionen: Außendurchmesser = 8,10mm ; Innendurchmesser = 4,12mm ; Dicke = 1,47mm maximal
50.) 1005 – P6 Wie Nr.48, doch ist der Anteil von geraden und glatten Teilflächen auf einer Seite der Perle größer. Die geringe Dicke des Exemplars weist auf einen erhöhten Windabrieb der gegenüberliegenden Seite hin. Dimensionen: Durchmesser außen = 8,48mm ; Durchmesser innen = 3,71mm ; Dicke = 1,17mm maximal.
Abb.: Beile
1.) 1046
Länge = 110mm ; Breite = 53mm ; Dicke = 28mm ; Gewicht = 230g
2.) 1058/ 1
Länge = 71mm ; Breite = 59mm ; Dicke = 25mm ; Gewicht = 140g
3.) 1005
Länge = 66mm ; Breite = 48mm ; Dicke = 30mm ; Gewicht = 135g
4.) 1058/ 2
Länge = 65mm ; Breite = 49mm ; Dicke = 24mm ; Gewicht = 110g
5.) 1024
Länge = 62mm ; Breite = 46mm ; Dicke = 14mm ; Gewicht = 46g
6.) 1017
Länge = 52mm ; Breite = 34mm ; Dicke = 23mm ; Gewicht = 48g
Abb.: Polierte und geschliffene Beile, verschiedene Fundstellen Abu Tartur
Perlen in allen Stadien ihrer Herstellung sowie auch in allen Stadien ihrer Zerstörung durch Wind, Sand und Sonne, gehören auf den Abu Tartur Fundstellen zum Standartinventar. Auf einigen Plätzen kommen sie in großen Mengen vor. Um klar darzulegen wie Perlen bei ihrer Herstellung beschaffen waren und wie sie sich während langer Deflationsperioden verhalten und verändern, werden im Folgenden drei Gruppen von je hundert Stücken verschiedenen Erhaltungsgrades verglichen.
Die Anzahl, obwohl auch diese schon weitgehend Zufälle ausschließt, konnte nicht größer gewählt werden, da es bei Oberflächenbeobachtungen nur unter besonders günstigen Umständen zu Funden von unverwitterten Perlen kommt. Die Stückzahl der Vergleichsgruppen ist der Gruppenstärke der „frischen“ Perlen angepasst worden. Die von Verwitterungsschäden weitgehend unbeeinflusste Perle zeichnet sich im allgemeinen durch folgende drei Punkte aus :
Die Durchschnittswerte sind wie folgt :
Durchmesser außen = 7,7mm (von 9,58mm – 5,03mm) - Durchmesser innen = 2,7mm (von 3,48mm – 1,90mm) - Dicke = 1,8mm (von 2,11mm – 1,35mm)
Durchmesser außen = 7,4mm (von 10,99mm – 5,37mm) - Durchmesser innen = 2,7mm (von 3,65mm – 1,50mm) - Dicke = 1,7mm (von 2,06mm – 1,25mm)
Durchmesser außen = 7,3mm (von 9,22mm – 5,54mm) - Durchmesser innen = 3,2mm (von 4,10mm – 2,39mm) - Dicke = 1,5mm (von 1,87mm – 1,16mm)
Gegenüber der Gruppe A haben die stark verwitterten Perlen, Gruppe C, rund 16% der Wandstärke der Straußeneischale eingebüßt, ~ 6% des Außendurchmessers verloren, und der Innendurchmesser ist um rund 15% gestiegen.
Die Materialverluste beginnen mit einer Verrundung der Peripherie, später reduzieren die exogenen Kräfte die Dicke und erweitern den Innendurchmesser indem zunächst die Bohrungen trichterförmig erweitert werden. Bevor die Perle gänzlich zerstört wird, entsteht ein Ring, der angeschnitten ein fast kreisrundes Profil zeigt.
Mehrere Rillensteine sind im Arbeitsbereich Abu Tartur gefunden worden und zwar :
Die Exemplare unterscheiden sich untereinander in der Größe, im Material und in der Form und Anzahl der Rillen. Die ergonomisch günstige Form aller Steine suggeriert, dass das Werkzeug in der Hand gehalten worden ist, vielleicht auch zwischen den Knien, und nicht etwa als Unterlage gedient hat, da es dazu erstens zu leicht ist oder es zweitens durch Rundungen eine Instabilität gegen seitlichen Schub aufweist. Geht man davon aus, dass die Rille eine Gebrauchsoberfläche ist und keine Hilfsnut zur eventuellen Befestigung des Steines, dieses kann mit weniger Arbeitsaufwand erreicht werden, so kann eine Reihe von möglichen Anwendungsbereichen, wie z.B. jegliche Art von Gewichten, ausgeschaltet werden. Bleibt also die schmirgelnde Wirkung der Rille indem das Werkzeug über das Werkstück oder aber umgekehrt das zu bearbeitende Teil über den Rillenstein bewegt wird.
Abb.: Rillensteine, verschiedene Fundstellen Abu Tartur
Abb.: Rillensteine, verschiedene Fundstellen Abu Tartur (der Rillenstein, Reihe oben Mitte, ist bereits auf der ersten Abbildung oben rechts zu sehen)
Ein Polieren von Straußeneiperlen, wie es in der Kalahari beobachtet worden ist und wohl auch noch gelegentlich heute beobachtet werden kann, muss aus technischen Gründen für die meisten in Abu Tartur gefundenen Stücke ebenfalls ausgeschlossen werden.
Abb. 10: Gerillte Steine
10.1 Rillenstein Nummer 1, Fundplatz 1027/84
Dimensionen: x = 100mm, y = 63mm, z = 50mm
Material: fein- bis mittelkörniger, weicher, heller Sandstein.
Anzahl der Rillen: drei. Rille I Durchmesser 10mm, Länge 82mm, Tiefe 3mm Rille II Durchmesser 10mm, Länge 90mm, Tiefe 2,5mm Rille III Durchmesser 10mm, Länge 80mm, Tiefe 4,5mm
Anmerkung: Die Rillen laufen parallel zueinander und sind auf drei Seiten des Steines angebracht, die vierte Seite ist ohne Rille, sie lässt Sedimentationsflächen erkennen. Die gesamte Oberfläche des Rillensteins ist durch Picken aufgerauht.
10.2 Rillenstein Nummer 2, Fundplatz 1005/83
Dimensionen: x = 89mm, y = 74mm, z = 57mm
Material: fein- bis mittelkörniger, weicher, heller Sandstein.
Anzahl der Rillen: drei. Rille I Durchmesser 9mm, Länge 71mm, Tiefe 8mm Rille II Durchmesser 9mm, Länge 41mm, Tiefe 8mm Rille III Durchmesser 25mm, Länge 50mm, Tiefe 5mm
Anmerkung: Rille I und II kreuzen sich. Das Werkzeug ist einseitig in seiner x- Achse stark windüberformt, die nicht erodierte Oberfläche ist durch Picken aufgerauht.
10.3 Rillenstein Nummer 3, Fundplatz 1017/82
Dimensionen: x = 50mm, y = 45mm, z = 14mm
Material: feinkörniger, weicher, heller Sandstein.
Anzahl der Rillen: zwei. Rille I Durchmesser 10mm, Länge 50mm, Tiefe 6,5mm Rille II Durchmesser 9mm, Länge 45mm, Tiefe 6mm
Anmerkung: Der Rillenstein besteht aus einem Bruchstück eines plattigen Sandsteins. Rille I und II kreuzen sich. Parallel zu Rille II ist der Rand einer dritten Rille sichtbar. Als Schwachpunkt hat sie hier den Bruch bewirkt.
10.4 Rillenstein Nummer 4, Fundplatz 1073/86
Dimensionen: x = 73mm, y = 65mm, z = 18mm
Material: weiches, graues Sedimentgestein, vermutlich Gips.
Anzahl der Rillen: eine. Rillendurchmesser 9mm, Länge 73mm, Tiefe 5mm
Anmerkung: wie Rillenstein Nummer 12
10.5 Rillenstein Nummer 5, Fundplatz 1024/82
Dimensionen: x = 150mm, y = 69mm, z = 17mm (Die Länge von x ist geschätzt, da der Stein zerbrochen ist)
Material: dunkler Vulkanstein.
Anzahl der Rillen: eine. Rillendurchmesser 4mm, Länge 52mm, Tiefe 2mm
Anmerkung: Die Rille ist V- förmig eingeritzt, der allseitig geschliffene Stein weist in der y- Achse einen Bruch auf, die Seiten des Rillensteins sind einmal konkav, einmal konvex ausgebildet.
10.6 Rillenstein Nummer 6, Fundplatz 0033/85
Dimensionen: x = 94mm, y = 78mm, z = 6mm
Material: fein- bis mittelkörniger, weicher, mitteldunkler Sandstein.
Anzahl der Rillen: drei. Rille I Durchmesser 5mm, Länge 62mm, Tiefe 3mm Rille II Durchmesser 5mm, Länge 51mm, Tiefe 2,5mm Rille III Durchmesser 5mm, Länge 56mm, Tiefe 3mm
Anmerkung: Der Rillenstein besteht aus einem plattigen Sandsteinfragment, die Windüberformung ist weit fortgeschritten, eine vierte Rille ist parallel zu den Rillen II und III zu erahnen. Rille I liegt auf der Rückseite.
10.7 Rillenstein Nummer 7, Fundplatz 1023/82 (ohne Zeichnung)
Dimensionen: x = 110mm, y = 91mm, z = 42mm
Material: mittelkörniger, weicher, heller Sandstein.
Anzahl der Rillen: drei. Rille I Durchmesser 10mm, Länge 109mm, Tiefe 2,5mm Rille II Durchmesser 13mm, Länge 82mm, Tiefe 4mm Rille III Durchmesser 5mm, Länge 73mm, Tiefe 1mm
Anmerkung: Der Rillenstein gleicht einem flach ovalen Reibstein und ist wahrscheinlich aus einem solchen hervorgegangen. Rille I und II kreuzen sich, die Oberfläche des Steines und die der Rille I sind durch Picken aufgerauht. Die gegenüberliegende Oberfläche mit Rille III ist stark windüberformt.
10.8 Rillenstein Nummer 8, Fundplatz 1023/82 (ohne Zeichnung)
Dimensionen: Bruchstück eines flach ovalen Reibsteines mit möglichen Abmessungen wie Rillenstein Nr. 10.7
Material: Feinkörniger, mittelharter, mitteldunkler Sandstein.
Anzahl der Rillen: eine erkennbare. Rillendurchmesser 10mm, Länge ?, Tiefe 3mm
Anmerkung: Die gerillte Seite ist geglättet und leicht gewölbt, die gegenüberliegende Seite ist durch Picken aufgerauht.
10.9 Rillenstein Nummer 9, Fundplatz 1024/82 (ohne Zeichnung)
Dimensionen: x = 120mm, y = 109mm, z = 34mm (Die Länge von x ist geschätzt, da der Stein zerbrochen ist)
Material: sehr feinkörniger, harter, mitteldunkler Sandstein.
Anzahl der Rillen: eine. Rillendurchmesser 12mm, Länge 92mm, Tiefe 3mm
Anmerkung: Der Rillenstein ist aus einem flach ovalen Reibstein gearbeitet, beide Arbeitsseiten sind fein geschliffen und gewölbt.
10.10 Rillenstein Nummer 10, Fundplatz 1005/83 (ohne Zeichnung)
Dimensionen: x = 56mm, y = 44mm, z = 19mm
Material: Sediment mit feiner Grundstruktur, in welche dunkle Körner eingebettet sind, weich, dunkelgrau, wahrscheinlich kalk- oder gipshaltig.
Anzahl der Rillen: eine. Rillendurchmesser 10mm, Länge 50mm, Tiefe 5mm
Anmerkung: Das Artefakt ist stark erodiert, Querriefen innerhalb der Rille sind jedoch noch erkennbar.
10.11 Rillenstein Nummer 11, Fundplatz 1024/82 (ohne Zeichnung)
Dimensionen: x = 100mm, y = 95mm, z = 29mm
Material: grogkörniger, mittelharter, schwarzer Sandstein.
Anzahl der Rillen: eine. Rillendurchmesser 25mm, Länge 80mm, Tiefe 3mm
Anmerkung: Es handelt sich um einen umgearbeiteten rund ovalen Reibstein mit parallelen, glatten Flächen.
10.12 Rillenstein Nummer 12, Fundplatz 1073/86 (ohne Zeichnung)
Dimensionen: x = 67mm, y = 67mm, z = 32mm
Material: weiches, graues Sedimentgestein, vermutlich Gips.
Anzahl der Rillen: eine. Rillendurchmesser 11mm, Länge 65mm, Tiefe 4mm
Anmerkung: Die Rille des nur an den Seiten unregelmäßig bearbeiteten Steines besteht aus drei parallelen V- förmigen Vertiefungen und unterscheidet sich dadurch von allen vorher genannten.
Praktische Anwendungsbereiche sind vielseitig, genannt seien Pfeil- und Speerschäfte und Stiele für alle möglichen Geräte zu Jagd, zur Feldbestellung und für den Haushalt. Technisch möglich ist ebenfalls das Schmirgeln von Knochen oder das Glätten gespannter Lederseile und Schnüre. Für den letzteren Arbeitsvorgang können auch die Rillensteine Abb. 10.1-10.4 sowie Steine mit einfacher V- förmigen Rille benutzt worden sein.
Steinlegungen in der westlichen Wüste Ägyptens sind bekannt aus der Farafrasenke, wo eine italienische Forschergruppe im Wadi Obeiyid seit 1995 arbeitete und Bauten aus dem achten bis siebten Jahrtausend BP entdeckte. Diese Fundplätze liegen ca. 60 km von der Oase Qasr Farafra entfernt und bezogen ihre benötigten Wassermengen durch Niederschläge (B.E. Barich und G. Lucarini 2002).
Weitere Strukturen wurden von M. Mc Donald vorgestellt, sie gehören in die Masara C Phase und liegen am Südwest- Ende des Abu Tartur Massivs, ebenfalls weit entfernt von den Quellen der Dakhla Oasen (Mc Donald 2002a, 2002b, 2002, 2003, 2006). Auch Wendorf und Schild (1980, 1984, 2001) berichteten über Bauten in Nabta und Kiseiba. Wohnplätze
Die bedeutendeste Ansammlung von Baustrukturen in Abu Tartur befindet sich auf dem Plateau auf dem schon weiter oben angesprochenen Fundplatz 0049/85 in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fundplatz 0002/84. Dort werden 19 halbmondförmige sicher zu definierende Steinlegungen und eine geschlossene, ovale angetroffen. Um die Dimensionen feststellen zu können, müsste das überlagernde Lockersediment abgetragen werden. An der Oberfläche sind Längen von 2 m messbar. Die geschlossene Struktur misst 2,00 m x 1,50 m. Der Platz wäre idealerweise für eine Ausgrabung geeignet. Erkennbar größere Steinlegungen, da nicht überlagert, befinden sich auf dem Fundplatz 0061/87. Die Durchmesser der meist rundlichen „Hütten“ variiert von 2 m bis nahezu 4 m Abb. 11.
Abb. 11: Runde Steinlegungen
Weitere Steinkreise wurden auf folgenden Fundplätzen beobachtet:
Dammartige Strukturen
Ein besonders schönes Beispiel bietet Fundplatz 0032/85. Ein etwa 40 m langer Damm sperrt den natürlichen Abfluss aus einer ca. 2 ha großen Senke. Der Fundplatz liegt in einem Kessel und ist von allen Seiten von Kalksteinhügeln umgeben, sie liegen im Norden bis zu sechs Metern über dem Niveau der Senke. Ein möglicher Überlauf für Regenwasser existiert nach Westen. Er liegt rund 40 cm höher als der Tiefpunkt des Kessels. Der Untergrund besteht aus Rotboden, an den Rändern von feinem Hangschutt, zur Mitte hin mit rezentem Trockenschlamm hellgrauer Färbung bedeckt.
Die Nordseite ist durch die erwähnten Hügel einigermaßen windgeschützt. Hier befindet sich eine Konzentration von Artefakten, eingebettet im frischen Sediment. Es sind lediglich zwei Klingen, eine windüberformt, eine frisch, entnommen worden. Keramik ist häufig und zwar sowohl verziert als auch unverziert. Bis auf Reste von Mahlwerkzeug ist weiteres Fundgut nicht beobachtet worden. Möglicherweise wurde auf diesem Fundplatz Regenfeldbau unter Ausnutzung der kolluvialen Wassermengen betrieben. Grabungen könnten Klarheit bringen Abb. 12.
Abb. 12: Dammartige Steinlegungen
Ein weiterer Dammbau, nicht so groß wie der von 0032/85 sondern nur 10 m lang, ist auf dem kleinen Fundplatz 0025/84 entdeckt worden. Auch hier wird der Lauf einer Wasserrinne blockiert, um ein Rückhaltebecken zu bilden.
Side-blow flakes sind kurze und sehr breite Abschläge, die durch harte Schläge und ohne Vorbereitung des Kernkortex gewonnen werden. Die Breite ist immer größer als die Länge. Von dem ausgeprägten Bulbus aus verlaufen nach beiden Enden Schwingen, die häufig asymmetrisch angeordnet sind. Die Schwingen verlaufen in einer konkavokonvexen Linie.
Die bei G. Caton- Thompson zu findende Bezeichnung „concavo- convex scrapers“ ist nicht ganz glücklich gewählt, da je nach Steilheit der Retuschen zu unterscheiden ist zwischen Kratzern (scraper), Schabern und Messern. Alle drei Bearbeitungsformen sind häufig.
Die hier vorgestellten side-blow flakes von Abu Tartur können in ihrer Gesamtheit mit neolithischen Fundstellen assoziiert werden. Es ist aber erwiesen, dass die Herstellungstechnik schon im Paläolithikum bekannt war, so in Palästina (Tabun Höhle) und in England in Clacton-on-Sea, in Iver Buckinghamshire, in Biddenham Bedfordshire und in Gillingham Kent. Es besteht die Möglichkeit, dass auch die im Hang der östlichen Schichtstufe von G. Caton- Thompson während ihrer Kharga Expeditionen gefundenen Exemplare älter sind als die in der Tabelle aufgeführten Stücke.
Alter der neolithischen side-blow flakes
Fundplatz | Alter BP | Bemerkung |
Nabta E-75-8 | 5810 | F. Wendorf u. R. Schild |
Farafra | 5950 | B.E. Barich et al. |
Makhadma | 5990 | Vermeersch et al. * |
Eastpans 95/20 | 6170 | B. Gehlen et al. |
Kiseiba E-79-5B | 6180 | F. Wendorf et al. |
Fayum | 6391-5010 | G. Caton-Thompson |
Kiseiba E-79-4 | 6330 | F. Wendorf et al. |
Bir Murr I | 6330 | F. Wendorf et al. |
Abu Tartur 1005/83 | 6420 | S. Eickelkamp |
Djara 98/20 | 6430-6365 | K. Kindermann |
Abu Gerara | 6600 | H. Riemer |
Abu Tartur 1024/82 | 6620 | S. Eickelkamp |
Djara 90/1-6 | 6900-6700 | K. Kindermann |
Siwa | wie Fayum | F.H. Hassan |
Kharga Ebene | wie Abu Tartur | G. Caton-Thompson |
Kharga Hang | nicht sicher | G. Caton-Thompson |
Abu Tartur 1004/83 | 7590 | S. Eickelkamp |
Abu Tartur Plateau | 9000-8000 | S. Eickelkamp |
Konzentriert erscheinen side-blow flakes vor allem in Fayum, wo 42 Stücke von G. Caton- Thompson gefunden wurden und in Kharga wo in der Sandsteinebene 54 Exemplare und im Hang des östlichen Schichtstufen- Abbruchs sowie auf dem Plateau 50 Stücke gemeldet wurden.
In Abu Tartur habe ich 86 side-blow flakes aufgesammelt.
Die gleiche gedachte Linie Siwa – Abu Minqar – Eastpans – Bir Kiseiba – Nabta, welche ich schon für die Geschossentwicklung etabliert hatte, ist auch gültig für das Vorhandensein oder das Fehlen von side-blow flakes.
Westlich der Linie fehlen side-blow flakes und flache Druckretuschen auf Pfeilspitzen und anderen Geräten, östlich davon ist beides auf den jüngeren steinzeitlichen Fundstellen häufig.
Auch scheint es, dass zwischen dieser gedachten Linie und dem Niltal die einzigen neolithischen Vorkommen von side-blow flakes in der Ostsahara anzutreffen sind. Darüber hinaus sind mir, die Gesamtsahara betreffend, weder aus der Literatur noch aus eigener Anschauung Funde von side-blow flakes bekannt. Das europäische Neolithikum kennt diese eigenartigen Werkzeuge ebenfalls nicht.
Wie aus der Tabelle hervorgeht, kann davon ausgegangen werden, dass dieses Artefakt von rund 6900 BP bis 5800 BP in der gesamten Zone Verwendung fand. Alters- und mengenmäßig ist wieder eine Konzentration um den Breitengrad 25° N zu erkennen mit rund 200 Exemplaren und Daten von 6900 BP bis 6400 BP.
Der Fundplatz Abu Tartur 1004/83 mit einem Alter von 7590 BP Jahren weist zwar zwei side-blow flakes auf, die aber wahrscheinlich vom nahe gelegenen Fundplatz 1005/83 stammen. Ein jüngerer Fundplatz als 1004/83 ist 1017/82 mit einem Alter von 7145 BP Jahren und dieser weist keine side-blow flakes auf. Auch die fünf Exemplare von den Plateaufundstellen 0009/83, 0024/84, 0033/85 und 0061/87 dürften später dorthin verbracht worden sein. Die größte Anzahl weisen die Fundplätze 1023/82 mit 15 Exemplaren und 1024/82 mit 14 Exemplaren auf.
Durch Zeichnungen im Maßstab 1:1 werden auf den Blättern „Side-blow flakes 1 und 2“ zwölf Exemplare dokumentiert. Zeichnungen von weiteren zwölf Stücken finden sich im Kapitel „Abu Tartur“ Fundstellen 0009/83, 1005/83, 1014/82, 1023/82 und 1024/82.
Abb.: Side-blow flakes Blatt 1
1.) 0024 – 28 L = 31mm, B = 92mm, D = 10mm
2.) 1003 – 3 L = 38mm, B = 77mm, D = 11mm
3.) 1024 – 90/24 L = 41mm, B = 46mm, D = 7mm
4.) 1057 L = 83mm, B = 109mm, D = 15mm
5.) 1004 – 197/4 L = 43mm, B = 94mm, D = 10mm
6.) 1023 – 49/1 L = 47mm, B = 81mm, D = 11mm
Abb.: Side-blow flakes Blatt 2
1.) 1083/7 L = 23mm, B = 109mm, D = 7mm
2.) 1076 – 6 L = 35mm, B = 108mm, D = 8mm
3.) 1035 – 126/31 L = 23mm, B = 72mm, D = 4mm
4.) 1004 – 197/22 L = 31mm, B = 76mm, D = 7mm
5.) 1018 – 82/3 L = 29mm, B = 94mm, D = 8mm
6.) 1005 – 201/21 L = 31mm, B = 74mm, D = 6mm
Die ersten vom Menschen gefertigten Steingeräte können als Kernwerkzeuge bezeichnet werden, so die behauenen Geröllgeräte und die sich daraus entwickelten Faustkeile. Das schließt nicht aus, dass die Abfallstücke der Prozedur, vor allem wegen ihrer scharfen Schneiden, ebenfalls benutzt worden sind. Hersteller und Nutzer dieser Gerätetypen war in erster Linie der homo erectus.
Sein Nachfolger, der homo sapiens neanderthalensis, erfand ein technisch aufwendiges Abschlagsystem, welches ihm erlaubte Mousterienspitzen zu fabrizieren. Außerdem fertigte er Bohrer, Schaber, Kratzer und weitere Werkzeuge aus den Levalloisabschlägen her.
Unsere Spezies, der homo sapiens sapiens, verfeinerte die Abschlagtechnik und erfand schon im Pleistozän Klingen und Lamellen als Halbfertigprodukte, aus denen dann eine Vielzahl an Werkzeugen bis hin zu mikrolithischen Stücken fabriziert wurde. Mit dem Holozän, der Jetztzeit, und der damit einhergehenden Neolithisierung wuchs das Spektrum der Werkzeuge. Druckretuschen und Steinschliff dienten zur Vervollkommnung der Geräte.
Erst spät, so in Abu Tartur gegen Ende des Neolithikums, wurde eine neue Bearbeitungsweise Allgemeingut, die Nutzung von natürlich vorkommenden Platten und durch Verwitterung entstandenen plattigen Stücken unter anderem von Thermoscherben. Wie genau die Spaltflächen hergestellt wurden ist mir nicht bekannt, Spuren wie Bulben und Druckwellen sind nicht zu erkennen. Alleinige Wirkung von Temperaturunterschieden dürfte auszuschließen sein, ebenso wie eine Behandlung durch Feuer.
Zu allen Zeiten hat es Ausnahmen gegeben und es wurde immer auch experimentiert. So treten im frühen Paläolithikum parallel zum Acheul Abschlagindustrien auf (Clactonien). Anderseits kehrte man im späten Neolithikum z.B. in Mali im Tilemsital zu Levalloisabschlägen zurück, aus denen dann große, gestielte Pfeilspitzen hergestellt wurden.
Im Folgenden werden einige plattige Werkstücke aus Abu Tartur vorgestellt. Sie reichen von grobplattigen Hacken und Kratzern bis zu feinplattigen Messern. Natürliche Oberflächen, meistens Kortex, sind gepunktet dargestellt, Spaltflächen gestrichelt.
1.) 0005/84 L = 243mm, B = 122mm, D = 32mm
2.) 1022/82 L = 126mm, B = 111mm, D = 26 – 35mm
3.) 1026/82 – 2 L = 134mm, B = 102mm, D = 37mm
4.) 1023/82 – K318 L = 185mm, B = 165mm, D = 5 – 21mm
5.) 1026/82 – 93/4 L = 153mm, B = 103mm, D = 21mm max.
6.) 1026/82 – 96/11 L = 203mm, B = 58mm, D = 6 – 22mm
7.) 1024/82 – 28/35 L = 168mm, B = 69mm, D = 4 – 18mm
8.) 1023/82 – 57/8 L = 128mm, B = 94mm, D = 3 – 13mm
9.) 1023/82 – 47/21 L = 113mm, B = 79mm, D = 3 – 11mm
10.) 1013/82 – 39/18 L = 130mm, B = 55mm, D = 4 – 13mm
11.) 1023/82 – 51/2 L = 125mm, B = 58mm, D = 2 – 8mm
12.) 1017/82 – 32/1 L = 84mm, B = 52mm, D = 3 – 8mm
Immer wieder wird gefragt wozu ein gewisses Artefakt gedient haben könnte oder wie ausgefallene Keramikformen genutzt worden seien. Meine Antwort ist wie folgt: Angenommen unsere heutige Zivilisation wird, gleich aus welchen Gründen, ausgelöscht, es überleben nur einige wenige Menschen in isolierten Habitaten. 8.000 bis 10.000 Jahre nach der Katastrophe hat sich eine neue Zivilisation entwickelt und sie hat unter anderem auch wieder Archäologen hervorgebracht. Letztere finden einen gut erhaltenen Korkenzieher aus Edelstahl und fragen sich wozu er nütze war.
Dazu muss gesagt werden, dass die Korkeiche ausgestorben ist und dass Flüssigkeiten nicht mehr in Glasflaschen abgefüllt werden. Welche Antworten werden gefunden werden? Vielleicht ist es ein zahnärztliches Gerät, ein Gerät zur Verzierung von Keramik wird man sagen und wenn weiter keine Vorschläge kommen eben ein Kultgegenstand oder Teil eines Pferdegeschirrs u.s.w. Die Wissenschaftler können den eigentlichen Gebrauch des Artefakts nicht erkennen, weil die Lebensumstände zu unterschiedlich sind und sie der neuen Zivilisation nicht mehr bekannt sind.
Die Neugier und die Lust zu spekulieren verleiteten allerdings immer wieder zu rätseln, so auch hier. Bei einigen Artefakten, die wir heute finden, besteht kein Zweifel an ihrer Funktion weil die dazugehörende Technologie, wenn auch mit anderen Materialien, bekannt ist und auch heute noch Anwendung findet. Als Beispiele seien Pfeilspitzen und Keramiktöpfe genannt. Die hier vorgestellten Stücke gehören nicht in die Kategorie der Artefakte, bei denen es leicht fällt ihre Funktion zu bestimmen.
Clayton Ringe
Als Clayton Ring wird eine Keramik in Form eines Mantels, der aus einem Konus herausgeschnitten wurde, bezeichnet. Die Spitze des Konus fehlt, in etwa ein Blumentopf ohne Boden. Eine Clayton Scheibe ist eine runde Keramik mit einer zentralen Öffnung.
In Abu Tartur wurden drei Bruchstücke von Clayton Ringen und zwei Clayton Scheiben gefunden. Drei Stücke sind im Kapitel Töpferrn, Bohren, Schleifen und Polieren beschrieben und gezeichnet.
Ein weiteres Bruchstück eines Rings stammt vom Fundplatz 0034/85. Da von der Scherbe nur der obere Rand erhalten ist, kann sie nicht eindeutig als Clayton Ring eingeordnet werden. Allerdings weist sie große Gemeinsamkeiten in der Machart, Farbe und Magerung mit dem Ring 1006/4 auf. Direkt unterhalb des Randes dieser Scherbe ist eine Keramikmarke, bestehend aus zwei vertikalen, parallelen Linien angebracht. Sie wurden vor dem Brennen eingeritzt.
Vom Fundplatz 0003/83 ist ebenfalls ein Bruchstück mit dem typischen abgeflachten Rand des Clayton Rings bekannt. Er ähnelt der Scherbe von 0034/85. Über Clayton Ringe wird ausführlich berichtet in: “Clayton rings: enigmatic ancient pottery in the Eastern Sahara” von H. Riemer und R. Kuper (Sahara 12/2000) und in: “News about the Clayton rings: long distance desert travellers during Egypt’s Predynastic”. Von H. Riemer in: “Egypt at its origins” (Oriental Lovaniensia Analecta 138. Lenven, Paris, Dudley, M.A. 2004).
Es wurde vorgeschlagen die Ringe seien Behältnisse für Honig, Käse oder Salz. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Ringe über keinem Boden verfügen und so denkbar ungünstig für die Aufnahme von Lebensmitteln jeglicher Konsistenz sein dürften, sind die klimatischen Bedingungen um 3000 BC in der westlichen Wüste so, dass Bienenvölker nicht überleben können. Käse, falls solcher hergestellt worden wäre, ist in ariden Gebieten meistens eine Art getrockneter Quark, er könnte in jedem Korb transportiert worden sein. Ich habe von Tuaregs hergestellten „Käse“ probiert, es ist keine Delikatesse.
Salz kommt an der Oberfläche von Salzseen vor, die Clayton Ringe sind über große Räume mit den verschiedensten geographischen und geologischen Gegebenheiten verteilt. An der überwiegenden Anzahl der Fundstellen kann kein Oberflächensalz existiert haben. Ein weiterer Vorschlag, der genannt wurde, betrifft eine Art von Fallen. Welche Tiere kämen in Frage?
1.) Vögel
2.) Schlangen
Abb. 1: Der Vogel hat das wurmähnliche Schwanzende gepackt. Die Schlange beißt zu.
Abb. 2: Nachdem der Vogel gewürgt wurde, wird er gefressen.
Abb. 3: Der Vogel ist im Schlangenkörper.
3.) Skorpione
Das Anwachsen der Playas endete nach Pachur und Roeper gegen 6.400 BP.
Wozu braucht man nun Skorpione?
Für weitere Informationen ist die Ägyptologie gefragt!
Keramik Markierungen.
Die Ritzungen in Form von Vögeln sind bereits erwähnt worden. Viele andere Zeichen sind einfache Striche, Kreuze, U-förmige Anordnungen, frühe Hieroglyphen und andere, es könnten Eigentumsmarken sein. Allerdings stimmen die Markierungen von Ringen und zugehörigen Scheiben nicht überein. Häufig werden auf den Scheiben Zeichen gefunden, die aus einer geraden Linie vom Rand zur Öffnung hin bestehen und einer pfeilartigen Ritzung, die in Richtung der Öffnung weist, als wolle man, gleich einem Jagdzauber, dem Skorpion den Weg in die Falle weisen. (Mirmala, Regenfeld und Selima sandsheet)
Abb.: Ritzungen von Skorpionen und Scheiben von Clayton Ringen
Zeichen auf den Ringen, welche aus einem Viereck oder einem U bestehen und einem zwei- bis dreimal geknicktem geraden Strich an der Basis des Vierecks oder des U, würde ich als primitive Skizzen von Skorpionen interpretieren, wobei die geknickten Linien den Schwanz mit Stachel darstellen (Mirmala). Auch die perlenartige Anordnung von Chufu weist auf den gegliederten Schwanz des Skorpions hin.
Abb.: Darstellungen von Skorpionen
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine Verwendung von Clayton Ringen als Skorpionfalle sehr viel wahrscheinlicher ist als sämtliche übrigen Vorschläge, und dass das Klima in der westlichen Wüste eine extensive Viehhaltung und ein nomadisches Leben während der Winterregenzeit erlaubte.
Abb.: Darstellung einer Clayton Falle
Die Distanz z.B. von Farafra, dem Land der Kuh, bis Mirmala beträgt rund 300 km und ohne Wasser ist diese Strecke nicht zu überwinden. Mit einer Viehherde (siehe auch Gabriel) bestehend aus Kühen, Schafen oder Ziegen könnten Hirten die Korridore zwischen den Dünenketten als Weiden nutzen und so in drei bis vier Monaten den Hin- und Rückweg schaffen. Nebenbei könnten sie Fallen aufstellen und, als Zubrot sozusagen, noch Skorpione fangen.
In diesem klimatischen Kontext ist auch das Kruglager von Abu Ballas zu sehen. Das Wasser wurde nicht von den Oasen dorthin gebracht, der logistische Aufwand wäre unvernünftig hoch gewesen, sondern an Ort und Stelle während der unregelmäßigen Regenfälle abgefüllt.
Durch eine einfache Rechnung kann die Hypothese mittels Eseln von Dakhla aus einen Wasservorrat in Abu Ballas anzulegen ad absurdum geführt werden. Die eingesetzten Zahlen sind dem Bericht: „Zeitzeichen der Wüste, Mensch und Umwelt im Wandel der östlichen Sahara“ von R. Kuper entnommen. (2006)
Das heißt, bei einer Ankunft am Ziel in Abu Ballas wäre die Last (70 kg dividiert durch 7 Tage x 10 kg/Tag) aufgebraucht und eine Rückreise unmöglich geworden. Dabei sind noch nicht die Verpackung (Ziegenschläuche), Sättel und der Bedarf der Begleitung, eingerechnet.
Unter Anwendung eines ausgeklügelten Systems von 14 Zwischenlagern und dem Einsatz einer großen Menge von Tieren könnten theoretisch geringe Mengen Wasser nach Abu Ballas gebracht werden. Um zum Beispiel 3 m³ Wasser innerhalb eines Monats dorthin zu transportieren wären 600 Esel notwendig. Die Anzahl der Tiere könnte bei geringeren Wassermengen und längeren Transportperioden verringert werden. Eine praktische Durchführung würde sich allerdings verbieten.
Wie hätte die Weiterreise zum Gebel Uweinat oder über den Gilf Kebir nach Kufra unter den postulierten hyperariden klimatischen Bedingungen erfolgen können?
Daraus folgt logischer Weise:
Tulpenförmige Keramikbecher
Die Becher sind gekennzeichnet durch einen breiten, ausladenden Rand und einen runden Boden. Die sudanesischen Exemplare weisen außerdem im medialen Bereich eine Verengung auf. Beschrieben werden sie unter anderem in:
Die Datierungen reichen in Kadero von 3800 bis 3000 BC (L. Krzyzaniak). R. Kuper gibt eine Zeitspanne von 4700 – 3400 cal. BC für das gesamte Verbreitungsgebiet an. Es erstreckt sich von Khartum bis nach Assiut und von der östlichen Wüste bis in den Gilf Kebir.
Auf dem Kalksteinplateau Abu Tarturs ist vom Fundplatz 0034/85 eine kleine Scherbe bekannt, die zu einem dieser Becher gehören könnte. Vor allem die ansonsten in Abu Tartur unbekannte Randdekoration bestehend aus Ritzmustern in Dreiecksform, welche bei vielen Exemplaren aus Mostagedda, Badari und dem Sudan vorkommen, macht diese Vermutung wahrscheinlich.
Da ein praktischer Gebrauchswert der Tulpenbecher bislang nicht erkannt worden ist, dürfte die Frage nach der Lebensweise der Spätneolithiker vielleicht eine Lösung bringen. Vereinfacht gesagt bauten diese Gruppen Getreide (Sorghum) an und hielten Viehherden. Ein vernünftiger Grund die Tiere zu halten lag in der Möglichkeit der Milchgewinnung.
In den heutigen industrialisierten Gesellschaften ist die anonyme Milchkuh ein zu optimierender Produktionsfaktor, der hoch gezüchtet und medizinisch überwacht in automatisierten karusellartigen Stationen elektrisch gemolken wird. Noch vor einigen Jahrzehnten wurden in unseren Breitengraden den Kühen, die mit Pferden, Ziegen, Schafen, Schweinen, Geflügel und anderen Tieren auf den Hof zusammenlebten, liebevoll Namen gegeben. Der Bauer hatte eine persönliche Beziehung zu seinem Vieh. Bei den nomadisierenden afrikanischen Viehhaltern ist das heute noch der Fall und diese persönliche Bindung hatte am Anfang der Domestizierung eine noch größere, fast religiöse Dimension. Das vorher wilde Tier gab dem Menschen von seiner für das Kalb oder das Lamm bestimmten Milch einen Teil ab.
Wie wird von Hand gemolken?
Als Gefäß wird heute eine flache Aluminiumschüssel oder das allgegenwärtige chinesische Emailgeschirr benutzt. Wie viel eleganter und praktischer, einmal davon abgesehen, dass Keramik über weniger Bruchfestigkeit verfügt, ist ein Tulpenbecher. Der breite, auskragende Rand verhindert ein Verspritzen der Milch, der mediale Bereich, besonders wenn er noch verjüngt ist, eignet sich bestens zum Festhalten. So liegen die entsprechenden Durchmesser bei ~7,2cm in Badari, bei ~6,6 bis 8,4cm in Mostagedda und im Sudan in Kadero Grab 113 bei ~7,3cm und bei Grab 114 bei ~6,0cm. Zum Vergleich misst der Durchmesser einer modernen, gläsernen Milchflasche ~8,7cm.
Der untere Teil mit dem runden Boden diente als eigentlicher Sammelbehälter. Ein Grund keinen flachen Boden zu wählen liegt in der einfacheren Reinigungsmöglichkeit eines gerundeten Bodens, ein wichtiger Aspekt in heißen Klimaregionen. Es kann davon ausgegangen werden, dass jeder Hirte seinen eigenen Melkbecher am Gürtel trug. Die oft aufwendige Dekoration belegt die Wertschätzung des Artefakts. Die sehr unterschiedlichen Größen erklären sich zum einen durch die verschiedenen zu melkenden Tiere (Kühe, Schafe und Ziegen) zum anderen durch die unterschiedliche Größe der Hirten (Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer).
Auf dem Fundplatz A.T. 0034/85 wurde neben der hier behandelten Becherscherbe auch das Bruchstück eines Clayton Rings gefunden.
Im europäischen Neolithikum kommen Gefäße vor, die sich ebenfalls zum einhändigen Melken eignen würden. Besonders auffällige Stücke sind in der Slowakei gefunden worden und zwar in Abrahäm und in Luzianski. Diese Schalen mit langem, massivem Fuß erfüllen in hohem Maße die Kriterien eines Melkbechers. Zu einem anderen Gebrauch, z.B. für ein auf dem Fuß stehendes Gefäß sind sie zu instabil. Ein weiteres schönes Beispiel europäischer Tulpenbecher bietet die Michelsberger Kultur. So sind Exemplare der Fundstelle Goldberg/Ries fast identisch mit den hier vorgestellten Melkbechern aus Ägypten, wenn auch die für Mostagedda und Kadero typische Dreieckverzierung fehlt.
Seltene und seltsame Steinartefakte.
1.) Kleine Beile
Die drei Stationen Afara, Tintabesguin und Cory de Noel in der Nähe der Kohlengrube Anou Araren in der Republik Niger haben eine beachtliche Anzahl von geschliffenen und geschlagenen Beilen verschiedener Dimensionen hervorgebracht. Auch Hohlbeile (gouges) sind stark vertreten. Von den rund 300 in der Gegend gefundenen Beilen sind einige mikrolithisch ausgebildet. Typologisch handelt es sich bei diesen Artefakten einwandfrei um Beile, kleine geschliffene und polierte Beile.
Einige sind mit ihren Charakteristika aufgelistet und gezeichnet worden.
Nr. | Kennziffer | Länge (mm) | Breite (mm) | Dicke (mm) | Gewicht (g) |
01 | N 13/7 | 24,5 | 14,2 | 7,0 | 2,4 |
02 | N 09/6 | 18,3 | 15,1 | 7,3 | 2,8 |
03 | N 13/14 | 24,5 | 16,4 | 7,0 | 4,0 |
04 | N 13/17 | 21,1 | 15,5 | 8,0 | 3,5 |
05 | N 09/5 | 28,2 | 12,0 | 8,0 | 3,5 |
06 | N 09/9 | 19,1 | 7,9 | 3,7 | 0,5 |
07 | N 13/18 | 23,0 | 11,3 | 6,5 | 1,9 |
08 | N 05/24 | 20,8 | 11,0 | 6,8 | 1,0 |
09 | N 13/3 | 26,6 | 13,7 | 5,4 | 4,3 |
10 | N 06/19 | 22,5 | 10,2 | 7,0 | 4,5 |
Während die mittelgroßen und großen Beile aus dem lokal häufig vorkommendem Tonstein gefertigt sind, ist das für die mikrolithischen Stücke verwandte Material ein schwarzes Ergussgestein (Basalt). Eine Ausnahme bildet das Beil Nr. 8, welches aus einem grau- grünem, nicht näher identifiziertem Gestein besteht. Die mögliche Funktion dieser Werkzeuge gibt ein Rätsel auf. Als Beile konnten diese Artefakte schon aus Mangel an Masse nicht verwendet werden. Als Spielzeug sind sie zu klein, hier wären eher die mittelgroßen Stücke geeignet gewesen. Außerdem hätte man für Spielzeuge den günstigeren Werkstoff Tonstein genutzt und nicht den importierten härteren Basalt verwendet. Da aus dem üblichen Tonstein keine Klingen geschlagen werden konnten und er ebenfalls zur Herstellung von Sticheln ungeeignet war, wäre es möglich, dass die kleinen Beile hier eine Lücke ausfüllen sollten. Aber auch dieser Ansatz ist wenig zwingend. Wir wissen es nicht.
2.) Kerbklinge
Dieses Artefakt stammt aus dem Süden Tunesiens und zwar aus Lalla in der Nähe von Gafsa. Der schwierige Fundplatz kann einem späten, indifferentem Epipaläolithikum zugeordnet werden. Das proximale Ende der Kerbklinge ist aufwendig zu einer Art Kratzerkappe retuschiert worden. Der Rücken ist fein retuschiert ohne jedoch gestumpft zu sein. Die proximale Kerbe weist die typischen abrupten Retuschen auf, während die distale Kerbe den Eindruck erweckt als sei sie heraus gebrochen worden.
Das distale Ende ist ohne Retuschen und bildet mit der oberen Kerbenkante einen Zinken. Das Material ist hellbeigefarbener, transluzenter Feuerstein bester Qualität. Vielleicht sind die Kerben wie bei normalen Kerbklingen genutzt worden, ansonsten ist eine andere Verwendung schwer vorstellbar.
3.) Großgeräte
Von den Fundplätzen 1026/82 und 0005/84 stammt jeweils ein großes, plattiges Werkzeug, welches zu seinem Gebrauch hätte gestielt sein müssen. Die Artefakte sind einzigartig und kommen auf anderen Fundstellen in Abu Tartur nicht vor.
0005/84
Das Werkzeug von diesem Fundplatz ist im Kapitel plattige Werkzeuge beschrieben.
1026/82
Eine Platte aus karamellfarbenem Hornstein bildet den Werkstoff dieses Artefakts. Die Oberfläche wird durch den natürlichen Kortex gebildet, sie ist unregelmäßig, vorspringende Zapfen sind wegretuschiert worden. Die von beiden Seiten geschlagenen, den Gesamtumfang betreffenden Retuschen bilden Winkel von 42° - 55°. Während ein Rand durch zwei tiefe Kerben gekennzeichnet ist, weist der gegenüberliegende Rand nur eine gut ausgeprägte Kerbe auf. (Siehe Foto).
Abb.: Fundstück Vorderseite Abb.: Fundstück Rückseite
Die Dimensionen des Werkzeugs, des größten und schwersten in der Sammlung, ausgenommen Reibschalen, sind wie folgt:
Bei den beiden Objekten handelt es sich höchstwahrscheinlich um gestielte Hacken oder Hauen. Die Kerben dienten zur Befestigung der Stiele. Mögliche Anwendungsgebiete sind der Ackerbau, das Abteufen von Brunnenlöchern, das Ausheben von Gräbern, den Tonabbau zur Keramikherstellung und andere.
4.) „Spielsteine“
Runde, plattige Artefakte ohne sichtlichen praktischen Gebrauchswert werden hier Spielsteine genannt. In größerer Anzahl sind sie im Südteil des Fundplatzes 1024/82 beobachtet und in ihrer Lage belassen worden. Die zwei hier vorgestellten Artefakte stammen vom Fundplatz 1017/82.
Spielstein 1017/82 – 52 ist aus einer Thermoscherbe aus karamellfarbenem Hornstein mit wenigen Randretuschen hergestellt worden. Er hat einen Durchmesser von 73 bis 78mm und eine Dicke von 15mm. Spielstein 1017/82 – 5 besteht aus einer Kalksteinplatte, die leichte Deflationsspuren auf einer Seite und starke auf der gegenüberliegenden Seite aufweist. Hier sind die Dimensionen wie folgt. Der Durchmesser ist mit 63 bis 68mm geringer als bei dem Hornsteinartefakt. Die Dicke mit 13 – 14mm ist ebenfalls geringer.
Vom Fundplatz 1001/83 sind drei Spaltstücke aus einem Kalzitkristall bekannt, die ebenfalls keinen praktischen Gebrauchswert erkennen lassen. Da sie nicht durchbohrt sind, dienten sie wahrscheinlich auch nicht zu Schmuckzwecken. Auch hier kann angenommen werden, sie hätten als Spielsteine eingesetzt werden können.
Die Abmessungen betragen:
Sollte die Annahme es handele sich bei diesen Artefakten um Spielsteine korrekt sein, so lässt es in Bezug auf die Lebensweise der Hersteller darauf schließen, dass die Lebensumstände günstig waren und Zeit zum Spielen boten.
5.) Stumpfe Pfeilspitze
Aus der Sammlung Ulbrich stammt eine A31 Spitze, gefunden auf dem Fundplatz 1023/82, die sich durch eine gestumpfte Spitze auszeichnet. Das Artefakt ist wie eine A2 Spitze konzipiert aber mit leicht gerundetem Schwingenenden ausgestattet. Das distale Ende besteht aus natürlichem Kortex beschreibt einen Kreisbogen und steht rechtwinklig auf der Längsachse der Pfeilspitze.
Dimensionen:
Wozu wurde ein solches exotisches Projektil benutzt? Mögliche Antworten könnten sein:
Auch hier kann gesagt werden, dass wir es nicht wissen und nur raten können.
6.) Seltsame Mikrolithen vom Fundplatz 0002/84
Der Fundplatz 0002/84 ist das bislang älteste in Abu Tartur aufgefundene Zeugnis holozäner steinzeitlicher Besiedlung. Mit einem Alter von 9120+-40 BP oder 8360+- 70 cal AD – BC (Poz – 11204) gehört der Platz zu den ältesten in der Sahara aufgefundenen Fundstellen, die eine genügend große Menge an Werkzeugen aufweisen, um eine Typologie erstellen zu können. (Siehe Fundplatzbeschreibung: Fundplätze - Komplex T, größere, 0002_84_Zusammenstellung.pdf.)
Die Werkzeuge sind einmal charakterisiert durch schwere Kratzer, zum Teil auf vorholozänen Artefakten und daher mit doppelter Patina versehen, zum anderen durch kantenretuschierte Mikrolithen, hauptsächlich Querschneider in Trapezform. Unter diesen Mikrolithen befinden sich drei Stücke, die nicht einfach einzuordnen sind und deren Gebrauchswert Rätsel aufgibt.
(aus Tafel 0002-II-4)
Abb.: Mikrolithe Nr. 31, 34 und 40
Nr. 31 – 23/131 Nicht zu identifizierendes Werkzeug. Zwei lange Ränder sind konkav retuschiert, ein langer Rand ist geradlinig retuschiert, ein kurzer Rand ist retuschiert und der andere kurze Rand besteht aus einer unretuschierten Schneide.
Nr. 34-25/045 Viereck, die vier Ränder sind retuschiert, ein Rand davon konkav, die anderen geradlinig.
Nr. 40-23/142 Kleine dreieckige, an sämtlichen Rändern kantenretuschierte Spitzen.
Obwohl es eigentlich keinen Sinn macht alle drei Ränder einer Spitze zu stumpfen, könnte aus Gründen, die sich uns heute nicht mehr erschließen, das Artefakt Nr. 40 als Pfeilbewehrung benutzt worden sein.
Für die Stücke Nr. 31 und Nr. 34 kann ich keinen Anwendungsbereich erkennen.
(Siehe auch Klima im Hauptteil)
Auf welche wirtschaftlichen Ressourcen konnten die Bewohner Abu Tarturs zurückgreifen? Um diese Frage zu beantworten, muss das Klima, welches zur Zeit der Besiedlung herrschte, erfasst werden. Vor allem die Höhe der Niederschläge ist neben den Temperaturen und den Verdunstungsraten von großer Bedeutung. Bodenbeschaffenheit und Geländeprofile sind ebenfalls wichtig.
Die allgemeine Ansicht geht bis heute dahin, Sommerregenmengen von 50mm/Jahr bis 150mm/Jahr für den Raum Abu Tartur zu postulieren, das wäre ein Durchschnitt von 100mm/Jahr und somit ungenügend um Böden zu bilden, um Wasserlöcher zu füllen, um Wildtieren, abgesehen von wenigen Ausnahmen, eine Lebensgrundlage zu geben und erst recht ungenügend, um Menschen mit ihren Haustieren in eine solche Wüste zu locken. Gegen diese minimalistische Sichtweise sind Fakten zusammengetragen worden, die eindeutig höhere Präzipitationen voraussetzen. Das Klimageschehen ist an anderer Stelle im Detail behandelt worden.
Geologie - Das Vorhandensein von holozänen Rotböden auf dem Abu Tartur Plateau und in der Sandsteinebene bedingte ein wechselfeuchtes Klima zur Zeit der Pedogenese.
Fauna - Großsäuger wie Elefant, Giraffe, Büffel und Nashorn sind im Raum um den 25. Breitengrad Nord nachgewiesen.
Flora - Gehölze wie Salvadora persica, Leptadenia pyrotechnica, Maerua crassifolia, Calotropis procera, Ziziphus, Grewia tenax, Boscia senegalensis, Balanites aegyptiaca, Caparis decidua und Acacia nilotica, die in der hier behandelten Zone beheimatet waren, deuten auf ein Savannenklima hin. Gräser und Kräuter wie Chencrus, Pennisetum, Bracharia, Echinochloa, Digitaria, Gramineae, Panicum, Setaria, Sorghum, Cyperaceae, Portulaca oleracea, Scirpus maritimus und Hordeum vulgare sind ebenfalls nachgewiesen. Gräser, welche essbare Körnerfrüchte zur Reife bringen, benötigen ein Minimum von 150mm/Jahr Winterregen oder 300mm/Jahr Sommerregen.
Die große Anzahl von Mahlwerkzeug lässt auf eine intensive und regelmäßige Nutzung der Getreidearten schließen. Haustiere - Rind, Schaf, Ziege, Hund und Esel kommen im behandelten Raum vor. Allein in Abu Tartur ist von Oberflächenfundplätzen fünfmal das Rind/Büffel und sechsmal Schaf / Ziege nachgewiesen.
Das absolute Niederschlagsminimum für die Rinderhaltung liegt bei 400mm/Jahr Sommerregen. Menschen - Gruppen von vernunftbegabten Menschen, denen Alternativen zur Verfügung gestanden haben, (Sudan, Nil, Mittelmeer) begeben sich nicht in einen ariden, ressourcenlosen Raum, um einen Überlebenskampf zu führen, den sie nicht gewinnen können.
Ein Minimum von 400mm/Jahr äquivalenter Sommerregen (es sind sowohl Sommer- als auch Winterregen nachgewiesen) und ganzjährig durch Brunnen erreichbares Wasser sind die Bedingungen, um Sammler und Jäger in den frühen Phasen und Hirten und erste Bauern in späterer Zeit an diesen Ort zu binden.
Wie bei dem Fundplatz-Katalog erwähnt, finden sich auf dem Fundplatz 0049/85 zwanzig Steinkonstruktionen unter Lockersediment, die als Windschilde oder Wohnhütten interpretiert werden können. Sie wurden, da ich mir Grabungen untersagt hatte, nicht weiter untersucht. Ihr Alter dürfte, grob geschätzt, zwischen Abu Tartur B und Abu Tartur D liegen in einem zeitlichen Rahmen von ~9000 BP bis 7800 BP, also in den von F. Wendorf und R. Schild definierten El Ghorab und El Nabta Phasen sowie in den von M. Mc Donald so bezeichneten Masara Phasen, die sich am 25. bis 26. Breitengrad Nord in die aride Zeitspanne im CPE Bereich zwischen El Adam und El Ghorab schieben.
Auf jüngere Aktivitäten auf dem Plateau im Abu Tartur E weisen zwei C14- Daten von 7370 BP und 7200 BP sowie das Vorkommen von Schaf und Ziege hin. Die Feuerstellen, welche diese Daten lieferten überlagern einwandfrei zu definierende El Nabta Fundstellen (Abu Tartur D).
Das mittlere Neolithikum scheint auf dem Plateau nur sporadisch vorgekommen zu sein, es schlägt sich nicht in den Werkzeugtypologien nieder, auch fehlen die typischen Dreieckspitzen der Typen H7 und H8. Ein Grund für die geringere Anwesenheit des Abu Tartur E auf dem Plateau könnten nachlassende Niederschlagsmengen gewesen sein. Einzelfunde aus noch jüngeren Phasen, die Werkzeuge mit bifazialen Retuschen aufweisen, sind äußerst selten, einige wenige Pfeilspitzen zeugen von Jagdausflügen. Ebenfalls sind die Querschneider der Abu Tartur A Phase vorhanden aber auch sie bilden Ausnahmen.
Die Werkzeugmengen auf den für den Feldbau interessanten Fundstellen sind gering, nur 0003/84 erlaubt eine typologische Einordnung, sie würde in die Abu Tartur B Phase passen.
Liste der geeigneten Feldbau-Fundstellen
Fundplatz Nr. | Koordinaten | Steinartefakte* | Keramik | Mahlwerkzeuge |
0003/84 | 520800/305910 | 105 | x | x |
0004/84 | 522100/305800 | 23 | xx | x |
0005/84 | 521600/305700 | 9 | x | x |
0019/84 | 520350/302850 | 42 | x | x |
0020/84 | 522225/302875 | 10 | x | x |
0021/84 | 520710/304535 | 9 | xx | x |
0024/84 | 522950/305400 | 28 | x | x |
0026/84 | 516850/302900 | 57 | xx | x |
0027/84 | 519850/302650 | 17 | x | x |
0028/84 | 520080/302800 | 4 | x | x |
0030/87 | 518950/303500 | 59 | xx | x |
0031/87 | 519100/303250 | 14 | x | x |
0032/85 | 520200/305900 | 2 | x | x |
0033/85 | 520000/305800 | 9 | x | x |
0034/85 | 519750/305800 | 21 | xx | x |
0046/84 | 519700/304400 | 9 | x | x |
0047/84 | 520070/303075 | 4 | xx | x |
Abb.: Hacken von den Fundplätzen 0003/84 und 0028/84
Abb.: Hacken und Schneidegeräte von den Fundplätzen 0003/84, 0034/85 und 1023/82
Das Vorhandensein verschiedener Getreidearten in der westlichen Wüste Ägyptens ist im Kapitel „Klima – Pkt. 4 Regenfeldbau in der Ostsahara zur Zeit der postpleistozänen Feuchtmaxima“ beschrieben.
Es müsste noch hinzugefügt werden, dass die Niederschläge nur einer Regenzeit, vorzugsweise im Winter, ausreichen musste um Getreide innerhalb von drei Monaten erzeugen zu können. Eine weitere Regenperiode im Sommer konnte lediglich von Nutzen für Bäume und Sträucher sein und natürlich auch für die Menschen und ihre Herden indem Brunnenlöcher und Viehtränken aufgefüllt wurden.
Die Hypothese: „Getreideanbau auf dem Abu Tartur Plateau“ basiert weder auf Funden von botanischem Material noch auf einwandfrei zugeordneten C14 Daten.
Sie beruht auf der Typologie der Werkzeuge und den Funden von Geräten, die für die Vorbereitung der Böden, das Schneiden von Halmen sowie dem Mahlen von Körnerfrüchten geeignet erscheinen.
Für eine landwirtschaftliche Nutzung der fruchtbaren terra rossa Böden spricht ebenfalls die Massierung von Wohnstätten. Falls eine Belegung mit drei Personen je Einheit angenommen wird, so wären gleichzeitig 60 Menschen auf dem Fundplatz 0049/85 anwesend gewesen. zu viele um sie dauerhaft durch Jagd ernähren zu können. In einem Radius von sieben bis acht Kilometern wären die Beutetiere, nach landläufiger Meinung lediglich kleine Gazellen und Hasen, äußerst selten geworden.
Ein Beispiel aus meiner Zeit in Sambia kann diese Annahme untermauern. Die Buschlandschaft war äußerst dünn besiedelt. Wir waren eine Gruppe von sieben Leuten, stellten unsere Blechhütten auf, bohrten nach Wasser und schlossen den Generator an. Eine Hütte diente als Küche. In den ersten Tagen schossen wir je nach Bedarf aus dem Küchenfenster entweder drei bis vier Hasen oder eine kleine Antilope. Größeres Wild war vorhanden wäre aber wegen der mangelnden Konservierungsmöglichkeiten ungeeignet gewesen.
Nach einer Woche mussten die Jäger schon in den Busch laufen und nach drei Wochen war ein Geländewagen notwendig geworden, um in sieben bis acht Kilometern Entfernung Wild erbeuten zu können.
Abb.: Der Autor beim Häuten eines Hasen (lepus capensis). Sambia 1970
Für einen Feldbau sprechen auch Dämme, die Regenwasser in geeigneten Flächen zurückhalten konnten. Sie würden zu den frühesten wasserbautechnischen Maßnahmen zählen, die logischerweise ergriffen wurden, um dem Getreide bessere Bedingungen zu bieten und die Erntemenge zu erhöhen. Für wildes Getreide würden solche Anlagen nicht gebaut werden.
Abb.: Geländeschnitte Fundplätze 0004/84 und 0005/84
Abb.: Geländeschnitte Fundplätze 0034/85, 0033/85 und 0032/85
Hier könnten Berufsarchäologen, ausgestattet mit ihrem Wissen und großzügigen staatlichen Ressourcen mit geringem logistischem Aufwand beste Resultate erzielen. Zusammenfassend sehe ich auf dem Abu Tartur Plateau zunächst im Abu Tartur A eine Jäger- und Sammlergruppe mit eventueller Haltung von Rindern. Zu Beginn der Nutzung des Plateaus müssen die Niederschläge sehr hoch gewesen sein.
Während der folgenden Phasen Abu Tartur B und Abu Tartur C, kann postuliert werden, entwickelte sich der Ackerbau, es werden domestizierte Getreidearten angebaut, Rinderzucht ist durch Knochenfunde belegt.
Die Entwicklung zur voll neolithischen Lebensweise hält im Abu Tartur D an. Durch eine Verminderung der Regenmengen wird das Plateau im Abu Tartur E nur noch saisonal genutzt. Ziegen und Schafe treten an die Stelle von Rindern.
In den folgenden Phasen wird das Plateau hauptsächlich für die Jagd genutzt, da die Niederschlagsmengen weiter zurückgehen und die Siedlungsaktivität sich bevorzugt auf die Nähe der großen Playabecken in der Sandsteinebene konzentriert. Wie entsprechende Werkzeugfunde belegen, wird nun in der Ebene Ackerbau betrieben.
Diese hypothetischen Aussagen könnten durch Grabungen und Analysen, durchgeführt von qualifizierten Archäologen, Biologen und Geologen, belegt oder aber mit weniger Wahrscheinlichkeit auch widerlegt werden.
Ich selbst hatte weder die Zeit noch die Mittel, um eindeutige Beweise liefern zu können.
Abu Tartur unterscheidet sich von vielen anderen Fundkomplexen in der östlichen Sahara durch seine Vielschichtigkeit sowohl in zeitlicher als auch in kultureller Hinsicht. Daher scheint es nicht angebracht eine schematische Klassierung, die auf anderen Fundstellen durchaus Gültigkeit haben kann, auch hier anzuwenden, es sei denn es würde lediglich grob in eine frühe, eine mittlere und eine späte Phase eingeteilt.
Zunächst sollten die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden, die es erlauben würden zu einer sinnvollen Interpretation der Abläufe zu gelangen. Es gilt als erstes den zeitlichen Rahmen festzulegen. Die vorhandenen C14- Analysen sind bei weitem nicht ausreichend, um zu gültigen Resultaten zu kommen. So existieren Werkzeuginventare, die sich auffallend von anderen, schon datierten durch das verwendete Rohmaterial sowie durch ihre Typologien absetzen. Diese müssten zeitlich fixiert werden, andere schon existierende problematische Datierungen sollten überprüft werden.
Bislang wurden elf C14- Analysen erstellt. Mit den Resultaten und durch typologische Vergleiche mit anderen, außerhalb Abu Tarturs liegenden Fundstellen, lässt sich zumindest die frühe Phase der Besiedlung im Holozän einigermaßen zufriedenstellend einordnen. So kann der Fundplatz 0002/84 durch eine Umstellung der Definition der Werkzeuggruppen klar in die von Wendorf et al. definierte El Adam Phase, ca. von 9500 bis 8900 BP, eingeordnet werden und zwar auf Grund des Alters als auch der Typologie. In die El Ghorab Phase um 8500 bis 8200 BP passen die Typologien des Plateaufundplatzes 0017/83 und des Fundplatzes 1056/86 in der Ebene. Die Analyse an einem auf dem Plateaufundplatz 0015/83 gefundenem Landschneckengehäuses (Zootecus insularis) ergibt ein Datum von 8485 Jahren BP und liegt damit am Beginn der El Ghorab Phase Tabelle 10.
Eine besonders gute Übereinstimmung besteht zwischen den Fundstellen der El Nabta Phase wie ein Vergleich der Kiseiba Fundplätze E-79-5, E-79-4, E-80-1 ( C ), E-80-3 und E-75-6 mit den Abu Tartur Fundplätzen 0006/83 und 0007/83 zeigt. Die Phase betrifft den Zeitraum zwischen 8100 und 7900 BP. Die Anzahl der rückengestumpften Lamellen liegt gut über 10%, eine ebenso große Gruppe stellen die Bohrer dar. Auch die stärkste Gruppe, die retuschierten Stücke (Tix 105) sind in Kiseiba wie in Abu Tartur mit ca. 30% vertreten Tabelle 11.
Unter Abu Tartur B sind die Fundplätze klassiert worden, auf denen epipaläolithische Bearbeitungstechniken verwandt wurden und die typologisch weder in die ältere El Adam Phase noch in die gleichzeitigen oder jüngeren El Ghorab und El Nabta Phasen eingeordnet werden können. Diese Fundstellen müssen mit den Masara Plätzen von Dakhla verglichen werden. Da letztere aber untereinander sehr große Unterschiede in den Typologien aufweisen, musste ein Weg gefunden werden, der es erlaubt Zahlen zu erhalten, die es rechnerisch- statistisch ermöglichen sinnvolle Vergleiche anzustellen.
Davon ausgehend, dass gleiche Kulturen gleichen Alters und im gleichen geographischen Großraum angesiedelt, gleichartige Bedürfnisse entwickeln, werden auch gleichartige Werkzeuge benutzen und somit gleichartige Typologien hervorbringen. Daher wurden sämtliche in den von M. Mc Donald in den Oasis Papers 3 (2003) vorgestellten neun Masara Fundstellen A, B und C zusammengefasst und nach Tixier aufgeschlüsselt. Die so erhaltenen 711 Artefakte wurden dann mit 1933 Artefakten der neunzehn Fundstellen des Abu Tartur B verglichen. Das Ergebnis zeigt eine weitgehende Übereinstimmung der beiden Fundkomplexe. Die große Anzahl gleicht, wie aus den Tabellen ersichtlich, die großen Ungereimtheiten der Einzelanalysen aus. Die Unterschiede sind z.T. auf die geringen Mengen je Fundplatz und auf die Tatsache, dass es sich bei den Masara Plätzen teilweise und in Abu Tartur ausschließlich um Oberflächenmaterial handelt, zurückzuführen. Die geringen Unterschiede in den zusammengefassten Typologien gehen auf folgende Punkte zurück:
Die Auswertung wurde von zwei Personen durchgeführt, von denen die erste eine international anerkannte Archäologin ist und die andere ein Bergmann, der sich für die Ur- und Frühgeschichte interessiert aber der auch schon seit den frühen 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts seine Funde nach Tixier klassiert. Die sehr geringen Unterschiede bei den Sticheln (Tixier III) und den Kerben (Tixier VII) könnten so eine Erklärung finden.
In Abu Tartur kommen, hauptsächlich auf dem Plateau, neben der Abu Tartur B Phase, mit der die Masara Vorkommen hier verglichen werden, auch El Adam, El Ghorab und El Nabta Fundstellen vor, die in erstaunlicher Klarheit den CPE Plätzen in Nabta und Kiseiba entsprechen. Es besteht die Möglichkeit, dass sich nahe der Süd- West Ecke des Abu Tartur Plateaus (Dakhla) und an seiner Süd- Ost Ecke (Abu Tartur) ähnliche Siedlungsbedingungen geherrscht haben. So sind auch Reste der oben genannten frühholozänen Kulturen auf den Masara Plätzen als Zumischung nicht unmöglich. Das würde den höheren Anteil an rückengestumpften Lamellen sowie der geometrischen Mikrolithen und der damit verbundenen Mikroburin Technik erklären. Auch die Familie XI, die Diversen bei Tixier, weist bei Masara, El Adam und El Ghorab Fundstellen ähnliche Mengen auf.
Ein weiterer Unterschied besteht bei den Ounanspitzen, die für Abu Tartur B 0,93 % der Gesamtwerkzeugmenge ausmachen, auf den Masara Fundstellen hingegen 8,86 %. Diese Bewehrungen erreichen erst in der mittleren Besiedlungsphase, im Abu Tartur E, eine größere Bedeutung (1072/86 – 16 % - 7670+-50 BP). Interessant ist in diesem Zusammenhang ein C14- Datum der Masara A Gruppe von 7730+-110 BP, es entspricht dem Abu Tartur E und erklärt das Vorhandensein von großen Mengen Ounanspitzen.
Da für die Abu Tartur B Phase keine Radiocarbon Analysen vorliegen, wurde bei dem Vergleich besonderer Wert auf typologische Gemeinsamkeiten gelegt. Kritisch untersucht wurden ebenfalls das Rohmaterial, die lithische Bearbeitungstechnik und typische Ausprägungen einzelner Artefakte Tabelle 14. Je jünger die Vorkommen sind, umso größer werden die Unterschiede in den Typologien. Aber auch hier stellen einzelne Artefakte, hauptsächlich Pfeilspitzen, exakt den gleichen Typus dar, so zum Beispiel die randretuschierten Dreieckspitzen H7 und H8, die auch Nabtaspitzen genannt werden, und die typisch für das mittlere Neolithikum sind. Oder die in der Sahara äußerst seltene D26- Spitze, die sowohl in Dakhla, Djara als auch in Abu Tartur erscheint.
Möglicherweise ist es der Oberflächencharakter der Fundstellen in der westlichen Wüste Ägyptens, welcher der Deflation nicht viel entgegenzusetzen hat. Denn selbst die aus geringmächtigem Lockersediment ergrabenen Artefakte befinden sich in der „Spielmasse“ des Windes und unterliegen, wie eine in Abu Tartur durchgeführte und weiter oben schon erwähnte Langzeitstudie über die Wirkung des Windes auf steinzeitliche Geräte und Materialien zeigt, einem Transport und vor allem einer Sichtung nach Korngrößen, wobei leichte Artefakte häufig aus dem Bereich der Fundstelle entfernt werden. Ungestörte in situ Fundplätze sind praktisch inexistent, das gilt für die Gesamtsahara.
Für einen Vergleich der Fundstellen, die jünger als 7900 BP sind, werden vermehrt Ähnlichkeiten einzelner Artefakte oder auch Werkzeuggruppen herangezogen. Für diese mittlere Phasen der steinzeitlichen Besiedlung im Holozän kann als Beispiel 1004/83 dienen aber vor allem 1072/86, ein Fundplatz, der zur Zeit aus seiner Bedeckung durch Playasediment auswittert und als relativ einheitlich und ungestört angesehen werden kann. Er ist charakterisiert durch kurze Klingen mit ungewöhnlich großen Schlagflächen und durch Ounanspitzen (Tixier 107, nach Hugot HI2), die zum Teil mittels einer Kerbtechnik hergestellt worden sind. Bei diesen Spitzen (H13) besteht das Stielende aus einem glatten Bruch. Entsprechende Kerbreste belegen das Herstellungsverfahren.
Der Ounanspitzenanteil der zeitgleichen Al Jerar Fundplätze von Nabta ist wesentlich geringer als der von 1072/86 und 1004/83. Mit zunehmender Häufigkeit der Anwendung der Technik der Flächenretuschierung in Abu Tartur werden die Inventare von Nabta und Kiseiba immer weniger ähnlich, da, obwohl das Bearbeitungsprinzip im Südosten der libyschen Wüste Ägyptens bekannt war, häufig an Randretuschen festgehalten wurde. Hier bietet sich eher ein Vergleich mit den Dakhla FundsteIlen und den Vorkommen von Djara, Abu Gerara, Eastpans und Chufu an, die ebenfalls vermehrt flächenretuschierte Artefakte aufweisen.
Wie Tabelle 12 zeigt, ist für Bashendi A Plätze eine gewisse Übereinstimmung für einige Werkzeugklassen noch zu erkennen. Auf der anderen Seite ergeben sich große Unterschiede wie zum Beispiel bei der Häufigkeit der gekerbten Stücke. Eine Gegenüberstellung der Werkzeuge von 1005/83 und den Bashendi B Plätzen 271 und 385 zeigt deutlich die grundlegenden Unterschiede auf. Einem Kerbenanteil von 50 % in Dakhla stehen ca, 10 % in Abu Tartur gegenüber, bei den Pfeilspitzen erreicht Abu Tartur 42 %, dem gegenüber beträgt der Anteil auf den Bashendi B Vorkommen lediglich 5 % Tabelle 13.
Der jüngste datierte Abu Tartur Platz 1005/83 hat ein Alter von 6420 BP und obwohl zur Zeit keine jüngeren Messdaten vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass die Besiedlung zu diesem Zeitpunkt nicht gänzlich abgeschlossen war. Langschmale Querschneider und mit groben Schieferton gemagerte Keramik weisen auf jüngere Phasen hin.
Clayton Ringe, Keulenköpfe aus Kalkstein sowie Keramik aus historischer Zeit, persisch und römisch, ferner ein Kruglager belegen die Präsenz des Menschen auch während der Zeit der Austrocknung der Sahara. Es werden Reisende gewesen sein, Wanderer zwischen den wasserfiihrenden Oasen, die als Letzte ihr Nachtlager in Abu Tartur aufgeschlagen haben.
Tabelle 10
Vergleich von EI Ghorab Typ Fundsteilen mit den Abu Tartur FundsteIlen 1056/86 und 0017/83. Alter: 8200 - 8500 BP.
E-79-1 Oberfläche | E-79-4 LCL | E-79-3 | E-79-8 X | 1056/86 | 0017/83 | |
Kratzer | 0,56 | 0,71 | 1,80 | - | 1,61 | 2,33 |
Bohrer | 5,65 | 2,13 | 5,40 | 5,26 | - | 6,98 |
Stichel | 3,95 | 5,67 | 30,30 | 1,44 | 17,74 | 9,30 |
Kombinationswerkzeuge | 0,56 | - | 1,80 | - | - | 2,33 |
Rückengest. Lamellen | 30,51 | 29,79 | 28,60 | 23,92 | 30,63 | 30,23 |
Kerben | 9,60 | 4,26 | 4,50 | 18,66 | 20,96 | 6,98 |
Endretuschen | 5,08 | 2,84 | 3,60 | 2,87 | - | - |
Geom. Mikrolithen | 15,82 | 29,08 | 5,40 | 5,74 | 14,52 | 6,98 |
Microburins | 12,99 | 5,67 | 0,90 | 5,26 | 1,61 | 4,66 |
Varia | 15,25 | 19,86 | 17,80 | 36,84 | 12,90 | 30,23 |
Tix 105 | 13,56 | 19,89 | 16,90 | 32,55 | 12,90 | 30,23 |
Tix 107 | 0,56 | - | - | 0,48 | - | - |
Total Stück | 177 | 141 | 112 | 209 | 62 | 43 |
Tabelle 11
Vergleich von EI Nabta Typ Fundstellen und den Abu Tartur Fundstellen 0006/83 und 0007/83. Alter: ~ 8100 -7900 BP.
E-79-5 | E-79-4 | E-80-1 C | E-80-3 | E-75-6 | 0006/83 | 0007/83 | |
Kratzer | 0,69 | 0,43 | 3,50 | 2,90 | 1,36 | 2,45 | 2,46 |
Bohrer | 10,30 | 6,09 | 11,91 | 9,54 | 22,36 | 13,10 | 14,94 |
Stichel | 13,73 | 13,48 | 16,64 | 29,88 | 6,78 | 7,85 | 7,05 |
Kombinationswerkzeuge | 0,46 | - | - | - | 2,03 | 0,45 | 0,32 |
Rückengest. Lamellen | 14,87 | 22,61 | 15,76 | 14,52 | 20,67 | 13,89 | 12,95 |
Kerben | 9,15 | 7,83 | 10,51 | 6,64 | 6,44 | 12,78 | 12,16 |
Endretuschen | 1,14 | 3,91 | 1,58 | 2,90 | 2,71 | 3,58 | 1,31 |
Geom. Mikrolithen | 3,20 | 14,35 | 3,50 | 3,32 | 8,48 | 3,58 | 3,11 |
Microburins | 0,92 | 2,17 | 2,10 | 2,49 | 1,70 | - | 4,60 |
Varia | 45,54 | 29,13 | 34,33 | 25,73 | 27,47 | 42,37 | 40,72 |
Tix 105 | 29,06 | 28,26 | 28,20 | 22,41 | 17,96 | 32,06 | 30,87 |
Tix 107 | - | - | 0,16 | 2,07 | 1,36 | 2,69 | 2,46 |
Total Stück | 437 | 230 | 571 | 241 | 295 | 446 | 609 |
Tabelle 12
Vergleich zwischen den Abu Tartur Fundstellen 1004/83, 1017/82, 1024/82 und den Bashendi A Fundstellen 228 A1 und 174.
Tabelle 13
Vergleich zwischen der Abu Tartur Fundstelle 1005/83 und den Bashendi B Fundstellen 271 und 385.
Tabelle 14
Abu Tartur B FundsteIlen im Vergleich mit jüngeren und älteren Abu Tartur FundsteIlen sowie mit den Dakhla Fundstellen Masara A, B und C.
Tabelle 15
Chronologische Ordnung der Abu Tartur Fundstellen
Abb.: Zeichenerklärung für die Fundkomplexe
Vorwort
Die nördliche Ostsahara wurde schon sehr früh von Wissenschaftlern wie Hassanein Bey (1923) Kemal el Din (1925). Leo Frobenius und Hans Rhotert sowie Caton- Thompson und Gardener in den frühen 30ern, R.A. Bagnold, H. Winkler und viele andere mehr auf prähistorische Fundstätten hin untersucht. Auch bis heute hat das Gebiet trotz seiner extremen klimatischen Bedingungen noch nichts von seiner Attraktivität in Bezug auf die Archäologie verloren.
Unternehmungen wie die „combined prehistoric expedition“ in den Raum von Bir Kisheiba unter der Leitung von Dr. F. Wendorf und Dr. R. Schild, die Expeditionen zur Erforschung der Besiedlungsgeschichte der Ostsahara unter Leitung von Dr. R. Kuper oder die Arbeiten von Mary M.A. Mc Donald (Toronto, Kanada) über die lithischen Industrien der Dakhla Oasen, um nur einige zu nennen, zeigen den zusätzlichen Informationsbedarf auf und beleuchten die Bedeutung dieses immensen Wüstengebietes.
Geographische Schwerpunkte der Ur- und Frühgeschichtsforschung in Ägypten waren das Niltal und das Fayum, Südägypten an der Grenze zum Sudan, die Gebiete des Djebel Auenat und des Gilf Khebir sowie die große Sandsee, das Gebiet von Abu Ballas und die Oasen Kharga, Dakhla, Abu Minquar, Farafra und andere.
Abu Tartur ist bis auf sehr kurze Visiten der Kölner B.O.S. Expedition von Archäologen noch nicht angesteuert worden. Die am nahesten gelegene beschriebene Fundstelle nach Osten ist G. Caton- Thompson K0 15 bei Ain Elwan. Nach Westen sind es die Dakhla Oasen, nach Süden und Südwesten die Eastpans, die Dyke area und El Ghorab und nach Norden bzw. Nordwesten Farafra und Djara.
Geologie und Geographie
Das Abu Tartur Massiv liegt zwischen den Oasen Kharga und Dakhla im Südteil der westlichen oder libyschen Wüste Ägyptens. Wie F. Wendorf treffend schreibt, unterbricht die wuchtige Masse des nach Süden vorspringenden Plateaus die ansonsten monotone Ost- West gerichtete Linie des Kalksteinabbruchs. Begrenzt wird das Plateau durch die Längengrade 29 Grad 30’ – 30 Grad 10’ Ost und die Breitengrade 25 Grad 20’ – 25 Grad 40’ Nord.
Das auf steinzeitliche, besonders epipaläolithische und neolithische Vorkommen untersuchte Gelände deckt sich mit dem Projektgebiet eines sich in der Entwicklung befindlichen Phosphatabbaus d.h. mit dem südöstlichen Rand des Abu Tartur Massivs.
Die Beschränkung auf das Projektgebiet hat drei Gründe:
Abu Tartur ist von Kharga, dem Hauptort des Verwaltungsbezirks „New Valley“ über eine gute Asphaltstraße in 40 Autominuten zu erreichen. Bei Kilometerstein 43 in Richtung Dakhla biegt eine Stichstraße nach Norden ab. An dieser Abzeigung liegt der Garten des Bergbauprojekts, eine mehrere Hektar große Anbaufläche für Obst und Gemüse, welche durch Tiefbrunnen bewässert wird. Nach weiteren zehn Kilometern in Richtung Nordwesten erreicht man das Basiscamp und die ersten Wohnblocks; zum Plateau hin folgen technische Anlagen sowie die Pilotgrube. Dort endet die Asphaltstraße. Der Aufstieg zum Plateau ist im Prinzip mit dem Geländewagen möglich, kann aber nicht als sicher gelten, da die vorhandenen Pisten durch Erdbewegungsarbeiten und durch Bruchbau zeitweilig oder definitiv zerstört worden sind.
Topographisch lassen sich drei Landschaftsformen unterscheiden:
Abgesehen von rezenten äolischen Sänden, limnischen bzw. fluviolimnischen Ablagerungen und einigen Restböden, liegt das Alter der in Abu Tartur anstehenden Sedimente zwischen Unterem Maestricht und Oberem Pleistozän bis Holozän. Vom Hangenden zum Liegenden kann wie folgt klassifiziert werden:
1.) Äolische Ablagerungen (rezent).
2.) Diluviale und alluviale Ablagerungen (Pleistozän bis rezent).
3.) Kulturschichten (Danian bis oberes Pleistozän).
4.) Dakhlaschichten (Maestricht).
5.) Phosphat- oder Dawischichten (Unteres Maestricht).
6.) Nubiaschichten (vor Unterem Maestricht).
Grau - grüne und ziegelrote bis violette Töne.
Sandsteine, zum Teil kreuzgeschichtet und mit örtlichen grauen Tonlinsen durchsetzt.
Letztere Gruppe bildet die sich weit in den Süden hineinstreckende Ebene.
Alle Schichten liegen horizontal oder haben ein nur sehr geringes Einfallen. Große tektonische Störungen sind nicht bekannt.
Das Klima in der westlichen Wüste und somit auch in Abu Tartur ist hyperarid. Messbare Niederschläge fallen äußerst selten, man kann davon ausgehen, dass es im langjährigem Durchschnitt alle sieben Jahre einmal regnet. Es handelt sich dabei um heftige, kurze Schauer. Das Wasser läuft in den noch vorhandenen Wadisystemen schnell ab und sammelt sich in den Senken, wo man rezente Sedimentkrusten vom hauchfeinem Überzug bis zu 30mm Dicke beobachten kann, welche 1981 nach starkem Regen gebildet worden sind.
Je nach Quelle wird für die Oase Kharga ein langfristiger Mittelwert von 0,9mm bis 1,2mm Regen pro Jahr angegeben. Man unterscheidet zwei Hauptjahreszeiten, den Sommer und den Winter. Während die Temperaturen von November bis Februar bei 30 Grad C maximal und 2 Grad C minimal liegen, klettert die Quecksilbersäule von April bis September auf 48 Grad C maximal, die Nachttemperaturen liegen während dieser Zeit bei etwa 20 Grad C. März und Oktober kann man als Übergangsmonate bezeichnen. Die durchschnittliche Luftfeuchtigkeit liegt während der heißen Zeit zwischen 23% und 30%, in der kühlen zwischen 30% und 55%. Starker Wind ist nicht selten, gefürchtet ist vor allem der heiße und sandgeladene Khamsin, welcher vornehmlich während der Monate April und Mai auftritt.
Nördliche Windrichtungen (N, NO, NW) sind mit rund 62% vorherrschend, 5% verteilen sich auf andere Richtungen. Während 33% der Zeit herrscht Windstille. Unter den oben geschilderten klimatischen Bedingungen ist menschliches Leben ohne die jetzt zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten wie Tiefbohrungen, Wasserhebeanlagen und Nahrungsmitteltransport über weite Strecken, nicht möglich.
In den Jahren von 1982 bis 1987 wurden in der Umgebung von Abu Tartur 146 Vorkommen neolithischer oder epipaläolithischer Prägung aufgefunden. Es handelt sich in der Mehrzahl um geschlossene Fundplätze, aber auch größere und kleinere Fundstreuungen, selbst Einzelfunde sind manchmal berücksichtigt worden. Damit könnten dem immer noch lückenhaftem Mosaik des interessanten Zeitraums vom Epipaläolithikum bis zur Neolithisierung und der Gesamtphase der Neusteinzeit der Ostsahara vielleicht einige Steinchen hinzugefügt werden.
Die vorliegende Beschreibung des Siedlungsraumes Abu Tartur erhebt in keiner Weise Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit, der Schreiber des Berichtes ist lediglich ein interessierter Amateur und kein Fachmann für Vor- u. Frühgeschichte. Die Ausrüstung und die zur Verfügung stehende Zeit waren sehr beschränkt, so dass das eigentliche Anliegen dieser Arbeit ist, kompetentere Leuten auf diesem Gebiet einen Hinweis auf die Vorkommen zu geben und sie anzuregen, diese Fundplätze intensiver zu bearbeiten. Obwohl während eines Zeitraumes von fünf Jahren im New Valley ansässig, standen für extraprofessionelle Betätigungen nur die Wochenenden, d.h. der Freitag, zur Verfügung, und wenn die Temperaturen über 40 Grad C liegen, was während der Sommermonate meistens der Fall ist, verliert auch ein akklimatisierter Hobbyarchäologe die Lust in die Wüste zu fahren. Für die Feldarbeit können im Durchschnitt daher nur zwei Tage je Fundplatz angesetzt werden. Das zur Verfügung stehende Fortbewegungsmittel, ein alter, vierradgetriebener Wagen östlicher Bauart, war nicht immer ganz zuverlässig, seine Wartung war nicht gewährleistet. So kam es, dass unfreiwillige längere Fußmärsche zeitweise in Kauf genommen werden mussten. Besonders nach Sonnenuntergang ist es recht schwierig sich in der Wüste zielstrebig und zügig zu bewegen.
Ausgezeichnete Landkarten waren glücklicherweise vorhanden. Außer Satellitenfotos im Maßstab 1:500.000 und Satellitenkarten 1:250.000 konnte für die meisten Fundplätze auf Detailkarten 1:25.000 und für das engere Projektgebiet sogar auf 1:2.000 zurückgegriffen werden. Für außerhalb liegende Gebiete wie 1023/82 und 1024/82 sind Kartenskizzen im Maßstab 1: 5.000 und 1:10.000 erarbeitet worden, welche natürlich nicht die gleiche Genauigkeit aufweisen wie das vorher erwähnte Material. Zur Erstellung dienten der nicht immer zur Zufriedenheit arbeitende Kilometerzähler des Autos sowie ein Fernglas 10x70 mit eingebautem Kompass. Ein Bandmaß für Messungen innerhalb der Fundplätze und einige Stahlstäbe als Markierungszeichen komplettierten die Ausrüstung.
Bei dem beschriebenen Inventar handelt es sich ausschließlich um Oberflächenmaterial. Die Teile der Siedlungsplätze, welche von Sediment überdeckt sind, auch wenn es sich nur um einige Zentimeter Lockersediment wie Sand oder Kalksteinstaub handelt, sind unberücksichtigt geblieben, um sie eventuellen späteren Forschungen intakt zu erhalten. Diese „in situ“ Fundplatzteile können aber auch nur unter Vorbehalten als solche angesprochen werden, unter Vorbehalt deshalb, weil falls die Kulturschichten unter einem äolischen oder aquatischen Sediment liegen, das Inventar während der Sedimentationsphase ebenfalls bewegt worden sein kann. Allenfalls in Höhlen, unter Felsüberhängen oder an anderen gut geschützten Plätzen können sich Kulturschichten ohne Perturbation aufbauen. So gesehen dürften ungestörte in situ Plätze im besprochenen Raum sehr selten sein.
Auf Pläne, die die Verteilung der Artefakte per Quadratmeter oder Viertelquadratmeter zeigen, ist bewusst verzichtet worden, da die exogenen Kräfte bei Oberflächenmaterial zu einer Verschiebung oder gar einer Sichtung nach Korngrößen führen wie es im Kapitel „Die Wirkung des Windes auf die Lage steinzeitlicher Artefakte im ariden Klimabereich“ verdeutlicht wird. Konzentrationen bei reinen Oberflächenfundplätzen sind in den häufigsten Fällen, zumindest auf den in Abu Tartur beobachteten, natürlich und nicht kulturell bedingt.
Wie ein kurzes Kartenstudium zeigt, überragt das Abu Tartur Massiv die Ebene nach Süden um 350m und es liegt auch wesentlich höher als das benachbarte libysche Plateau. Die Hauptwindrichtung ist, wie auch im Niltal seit ältester Zeit bekundet, Norden und zwar schon seit dem Pleistozän, was wiederum an Hand von äolischen Überformungsstrukturen nachweisbar ist. Auch heute können ab und zu Wolken aus Norden erscheinen. Es ist beobachtet worden wie Wolken abregneten, bevor die Tropfen jedoch den Boden berührten, verdunsteten sie und stiegen als Wasserdampf wieder auf. Messbare Niederschläge sind in den Jahren von 1982 bis 1987 in Abu Tartur nicht gefallen.
In einem weitläufigem Wüstengebiet kann man auch bei guten Vorbedingungen nicht wahllos das Gelände begehen, wenn man Aussicht auf Erfolg haben will. Von großer Hilfe ist, sich die Umwelt und die Bedürfnisse der damaligen Bewohner vorstellen zu können. Dabei ist natürlich von Vorteil, Kenntnisse von Volksgruppen zu haben, die heute noch unter ähnlichen Bedingungen leben (Berbernomaden, Tuaregs, Bouzous, Peul u.a.). Davon ausgehend, dass der Mensch immer Wasser braucht, sei er nun Jäger, Hirte oder Bauer, sind die Wadiläufe zu beobachten und die Zonen ausfindig zu machen, wo Wasser sich in Tümpeln und Seen hat sammeln können. Die Gesamtmenge der nicht verdunsteten Niederschläge ist in der Wüste verblieben, da ein integriertes Flusssystem nicht vorhanden ist oder war, das Wasser hätte ableiten können. Es gibt keine Hinweise darauf, dass wie in den Oasen Kharga und Dakhla Quellwasser aus dem nubischen Sandstein an die Oberfläche getreten ist.
Zwar stauen die Schiefertone der Dakhlaschichten das Wasser, welches als Regen auf das Kalksteinplateau fällt, dieses tritt aber am Nordrand bei Ain Amur aus und speist dort auch heute noch ein bescheidenes Wasserloch. Eine weitere Überlaufquelle ist bei Ain Elwan nordöstlich vom besprochenen Gebiet bis in historische Zeiten genutzt worden. Reste eines Tunnelsystems, in dem das Wasser von der Stauschicht zur Oase geleitet wurde, sind noch sichtbar. Außer dem Vorhandensein von Wasser spielen Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, strategische Lage und andere eine Rolle. Die Suche nach prähistorischen Siedlungsplätzen wird also auf einige Zielgebiete, meistens Senken, konzentriert, die vorher durch direkte Beobachtung der Topographie oder auch durch Auswertung von Kartenmaterial ausgewählt worden sind. Im Feld finden sich dann Indikatoren wie vereinzelte Artefakte und Straußeneischalen oder auch von weitem erkennbare ausgewitterte mit dunklen Gesteinsbrocken bedeckte Herdstellen. Die Untersuchungen werden in Zonen gehäufter Indikatoren intensiviert bis eine eventuelle Konzentration gefunden worden ist. Die Begrenzungen des Fundplatzes werden abgesteckt, ausgemessen und auf ein Messblatt übertragen. Dabei wird differenziert zwischen der Hauptkonzentration und der Zone, in der das Inventar weniger dicht gestreut liegt.
Oberflächenbeschaffenheit, geographische Situation und erkennbar unter Sediment liegende Fundplatzteile werden ebenfalls vermerkt. Nachdem die Koordinaten festgelegt sind, wird die Lage der Fundstelle auf eine Karte übertragen. Wenn diese Vorarbeiten beendet sind wird das Oberflächenmaterial observiert und teilweise zeichnerisch aufgenommen und zwar Werkzeuge, Kerne, Keramik und anderes organisches Material.
Falls Feuerstellen vorhanden sind, wird gegebenenfalls eine Holzkohlenprobe entnommen. Die Lage der Herde, die als unbedingt immobil gilt, wird auf eine Karte übertragen. Bedingt immobile Mahlwerkzeuge werden eingemessen und bleiben neben unbearbeiteten Klingen, Lamellen und Abschlägen ebenfalls in ihrer ursprünglichen Lage an Ort und Stelle, so dass für eine eventuelle spätere Untersuchung die Strukturen des Fundplatzes erhalten bleiben.
Fünf Zonen fallen durch besondere Dichte der Siedlungsplätze auf. Es sind dieses die Playagebiete „Renate“, „Vera“, „Ingrid“ und „West“ in der Ebene und „T“ auf dem Plateau letzterer Fundkomplex liegt oberhalb der Pilotgrube der New Valley Phosphate Company.
Die Verteilung der Fundplätze nach Zonen geht aus den Tabellen I bis VII hervor.
Playa Renate – Vera
Diese mit 11km² größte Playa im behandelten Raum liegt nordwestlich des Abu Tartur Bergbauprojektes. Karten dieser Gegend waren nicht vorhanden und mussten mit primitivsten Mitteln und großem Zeitaufwand erstellt werden.
Das eigentlich zusammenhängende Gebiet wurde unterteilt in Norden (Renate) und Süden (Vera), einerseits der Übersichtlichkeit halber, andererseits wird die Zone „Vera“ von südlichen Zuflüssen, aus dem Nubiagestein kommend, gespeist, die Teilsenke „Renate“ hauptsächlich von Norden, also vom Kalksteinplateau und seinen vorgelagerten Hängen. Die festgesetzte Grenze und gleichzeitig Bestimmungskoordinate ist die Breite 310.000. Die mittlere Längenkoordinate ist 535.000.
Das Einzugsgebiet des Wadisystems beträgt mehr als 200km². Selbst bei geringen Niederschlagsmengen kann man davon ausgehen, dass während der Pluvialperioden permanent Wasser vorhanden war. Einige Pflanzen haben bis heute Überlebensbedingungen an den Tiefpunkten gefunden, nach sechs Jahren ohne jeden Regen. In der Nähe der Fundstelle 1053/85 steht noch ein abgestorbener Stumpf einer Dattelpalme, nicht weit davon liegen rote Scherben von auf der Töpferscheibe gearbeiteter Keramik (möglicherweise römisch) als Zeugen dafür, dass auch in jüngerer Vergangenheit Kulturpflanzen hier wachsen konnten und der Mensch, wenn auch vielleicht nicht ganzjährig, präsent war.
Die Playa liegt nicht an einem alten Karawanenweg wie z.B. Playa West. Die Verbindungen Kharga – Dakhla verliefen entweder weiter südlich entlang der jetzigen Asphaltstraße oder aber nördlich über Ain Amur und über das Plateau bis zum Wadi Batikh, was soviel wie Wassermelonenfluss heißt.
Nordteil Playa „Renate“
Nach Süden hin offen und in Playa „Vera“ übergehend, ist das Becken von allen Seiten von flachen Hügeln aus nubischem Sandstein umgeben. Einige Wissenschaftler sahen in den Sandsteinformationen nach kurzer Prüfung möglicherweise fossile oder stabilisierte Dünen. Dieses kann aus mehreren Gründen als ausgeschlossen gelten:
Nach diesem kleinen Ausflug in die Quartärgeologie wieder zu den Fundplätzen. Von Nordwesten fließt ein breites Wadi zu, das schon im Playabereich nach Nordosten abbiegt und sich in der Senke in der Höhe von Fundplatz 1045/84 verläuft. Das Gefälle ist sehr schwach; hellgraue, dünne Schichten an der Oberfläche weisen auf rezente Wasserzuflüsse hin. Ursprünglich floss das Wadi nach Südosten entsprechend seiner Hauptrichtung weiter, wie ein invertiertes mit Geröll bedecktes Wadibett in der Nähe der Krümmung zeigt.
Durch die geringen Niveauunterschied bedingt ist der Lauf des Wadis auch heute noch nicht stabilisiert. Nordwestlich der Krümmung existiert ein kompliziertes Überlauf- und Kommunikationssystem einmal zu einer kleinen Senke nördlich des Ockerhügels hin und zweitens zum vom Süden her kommenden Wadi. Weitere Zuflüsse geringeren Ausmaßes erhält die Senke von Norden und Osten.
Der Playaboden hat die typische rotbraune Farbe und kann in den Wadieinschnitten auf seine Struktur hin untersucht werden. Mehr oder weniger sandige und tonige Schichten wechseln einander ab, Mächtigkeit homogener Lagen variiert von Millimeter- bis zum Dezimeterbereich. Eingeschlossene Holzkohle kann ebenfalls beobachtet werden und zwar in der Krümmung des Hauptwadis im gleichen Niveau wie der nach Süden gelegene Fundplatz 1072/86, der eine Kulturschicht mit Kohleresten enthält. Breite Trockenrisse bestimmen die Oberfläche der Senke, sie sind z.T. mit Trockenschlämmen und Flugsand ausgefüllt. Die Ausdehnung von Playa „Renate“ beträgt 2km von Norden nach Süden und 2,5km von Westen nach Osten.
Südteil Playa „Vera“
Das Gebiet ist von einem von Süden zufließendem Wadi geprägt, die Einmündung selbst ist nach Osten gerichtet. Westlich schließt sich eine glattgeblasene Playa bis zu den Ausläufern der Hanghügel des Abu Tartur Massivs an, sie ist weitgehend frei von Flugsand und Verwitterungsresten. Der gleiche Playaboden wird östlich des Wadis vorgefunden, nur ist er hier teilweise und gegen die Hügelkette im Osten hin, stark mit Sand und Schutt bedeckt. Westlich dieser Sandsteinhügel befinden sich zwei Buchten des Playabeckens. Nach Norden geht das Gebiet in Playa Renate über. Hohe Sandsteinrücken grenzen das Becken nach Süden und Osten ab. Ohne sichtbare Verbindung zur eigentlichen Senke liegt südlich der Barriere ein weiteres flugsandüberdecktes, leicht nach Süden ansteigendes Playafeld mit dem großen Fundplatz 1024/82. Das mit Playa Vera bezeichnete Gebiet erstreckt sich 2km von Norden nach Süden und 3km von Westen nach Osten.
Playa Ingrid
Die Fundplätze dieser Zone gruppieren sich um eine Playasenke. Die Entfernung der äußeren Ränder beträgt von Norden nach Süden 1,5km, von Westen nach Osten rund 1km. Die obere Uferlinie liegt 190m über dem Meeresspiegel, das ausgeblasene Zentrum dürfte 8 bis 10m tiefer liegen, mit Ausnahme eines langgestreckten Inselrückens, der die Senke mit nordsüdlicher Achse durchläuft. Gespeist wird das Becken von einem im Süden einmündenden Wadi, dessen Hauptrichtung allerdings Westnordwest nach Ostsüdost ist.
Im Mündungsbereich ist der rotbraune, stark sandige Playaboden von hellgrauem rezentem Sediment überdeckt. Durch eine Bodenwelle ist der Zufluss zum Hauptbecken, der früher existiert haben muss, gesperrt. Zuflüssen von anderen Seiten sind von geringer Bedeutung, außerdem sind Strukturen eventuell bestehender Wasserläufe durch dichten Flugsand verdeckt, lediglich ein schmaler Streifen im am tiefsten gelegenen Bereich der Playa ist weitgehend sandfrei aber auch frei von archäologischem Material. Im Osten und Nordosten schließen sich Flugsandfelder an, die teilweise direkt auf nubischem Sandstein liegen, teilweise auch auf roten Restböden. Auch der Süden ist flach, hier tritt aber häufiger Sandstein in Rippen oder Platten auf. Im Westen und Nordwesten erhebt sich eine imposante Gruppe von Zeugenbergen, die das Gelände bis zu 100m überragen. Die zum Teil sehr steilen, bizarren Kegel sind, da sie so isoliert in der Ebene stehen, schon aus großer Entfernung als Landmarken erkennbar.
Playa „West“
Der Fundkomplex liegt an den Ausläufern des Südhanges des Abu Tartur Massivs und umfasst ein Gebiet von ungefähr 4km². Das Zentrum wird durch ein Playabecken gebildet, in welches von Nordosten her ein Wadisystem einmündet. Unbedeutendere Abflussrinnen speisen die Senke von den umgebenden Hängen und Hügeln.
Verschiedene Sedimentationsphasen sind an den Schichtenanschnitten z.B. am Wadisteilhang zu beobachten. Stark sandiges Material wechselt mit tonigen Schichten entsprechend den Klimabedingungen während der Ablagerung. Wurmlöcher und Wurzelröhren weisen auf Fauna und Flora hin. Über dem rotbraunen Boden liegt stellenweise eine dünne, helle Schicht sehr rezenten Materials, welches nach den letzten Regenfällen abgesetzt wurde. Die Basis und die Begrenzung des Beckens werden durch nubischen Sandstein gebildet, einige Zeugenberge durchbrechen die playadecke. Playa West liegt auf 30 Grad 06’ 50’’ östlicher Länge und 25 Grad 17’ 40’’ nördlicher Breite. Die entsprechenden Werte der lokalen Karten sind L = 525.750m und B = 288.800m. Die Koordinaten der Einzelfundplätze sind in Metern und nicht in Grad ausgedrückt.
Das Niveau der Uferzone liegt bei 205m, die Flächen rezenten Sediments bei 202m. Außer den Höhenlinien, die einen Abstand von je 5m aufweisen, sind der Übersichtlichkeit halber lediglich die Hauptwadis in den Lageplan aufgenommen worden. Besiedlungsstrukturen und Dichte werden durch Herdstellen verdeutlicht, da diese, wie schon erwähnt, als unbedingt immobil anzusprechen sind. Felsgravierungen sind nur am Nordrand des Beckens beobachtet worden, sie werden gesondert behandelt.
Fundkomplex „T“
Das Gebiet liegt auf dem südöstlichen Teil des Abu Tartur Massivs in der Nähe der Bruchkante. Das Niveau über dem Meeresspiegel beträgt rund 550m, das ist ein Unterschied von ca. 350m verglichen mit der Höhe der Fundstellen in der Ebene.
Die geographische Situation ist in sofern günstig, als das Gelände leicht nach Nordwesten einfällt. Die auf das Plateau fallenden Niederschläge laufen nicht nach Südosten am Hang ab, sondern fließen von der Kante nordwestwärts in kleine Senken. Böden können sich bilden und Wasser kann sich in Tümpeln und Teichen sammeln. Damit ist bei genügend hohen und regelmäßigen Regenfällen zunächst einmal eine Basis für Pflanzenwuchs gegeben. Wie die Dichte der Siedlungsplätze und ihre Verteilung zeigen, ist dieser topographische Vorteil reichlich von den damaligen Menschen genutzt worden. Durch Grabungen könnte die Frage geklärt werden, ob es sich bei den größeren Konzentrationen wie 0006/83, 0007/83 und anderen um temporäre oder dauerhafte Siedlungen gehandelt hat. Wasser war möglicherweise ganzjährig in Brunnenlöchern verfügbar. Andere Plätze könnten von nomadisierenden Hirten benutzt worden sein oder als Basislager für Jagdgesellschaften während einer Saison oder mehrere aufeinander folgender gedient haben. Auch hier könnte mehr Klarheit durch intensives Studium, weitere Erstellung von C14 Daten und vor allem durch Grabungen geschaffen werden.
Das Gelände gliedert sich in mit Terra rossa gefüllten Senken einerseits und buckeligen Kalksteinflächen und Hügeln andererseits. Die dem Wind ausgesetzten Zentren der Rotbodenflächen sind geglättet und weitgehend frei von archäologischem Inventar. Die Ränder der Senken sind mit feinkörnigem Kalksteinschutt bedeckt, so dass Oberflächenfunde in diesem Bereich selten sind. Lediglich in den Übergangszonen oder an windgeschützten Stellen trifft man auf eindeutig zu definierende Kulturschichten. Letztere treten ebenfalls in Spurrinnen von Fahrzeugen, welche für Bohrarbeiten auf dem Plateau eingesetzt worden waren, auf. Vorsicht ist geboten bei der Beurteilung von Steinkreisen, sie können von Zeltlagern der Geologenteams stammen. Knochenfunde von eindeutig domestizierten Rindern lassen sich meistens auf importiertes Gefrierfleisch zurückführen. Die spezifische geographische Lage vieler Fundplätze, kleine, abflusslose Senken rings von Kalksteinhügeln umgeben, hat zur Folge, dass zumindest das Inventar der Steinartefakte vollständig sein muss. Weder Wasser noch Wind können es aus den Senken hinaus transportiert haben. Lediglich Verschiebungen innerhalb der Depression sind möglich und solche sind auch häufig beobachtet worden.
Die mittleren Koordinaten der Zone „T“ sind: Länge = 522.000, Breite = 304.000.
Fundstellen außerhalb der dichten Zonen
Um ein möglichst komplettes Bild der prähistorischen Aktivitäten im Raum Abu Tartur und in einigen wenigen Fällen auch außerhalb zu erhalten, ist die Arbeit nicht auf die oben angeführten Zonen beschränkt worden. Vielmehr ist das Gebiet möglichst flächendeckend im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit und Mittel erfasst worden. Auch isolierte Herdstellen und Einzelfunde sind koordinatenmäßig festgelegt worden. Allerdings sind auch hier umfangreiche C14 Analysen zu erstellen, um außer den räumlichen auch die zeitlichen Zusammenhänge erkennen zu können.
Gesteinsrohmaterial
Das Inventar an der Oberfläche der Fundplätze besteht zum größten Teil aus Steinartefakten, die als Werkzeuge, Vorstufen zu Werkzeugen, Reststücke und Abfall zu erkennen sind. Durch seine Härte und Widerstandsfähigkeit gegenüber der Erosion hat sich der Stein besser erhalten können als z.B. Knochen, Holz und sonstiges organisches Material. Der Hauptlieferant zur Herstellung von Artefakten ist das Kieselgestein, ein kieseliges, biogenes Sediment, welches häufig als Konkretionen in Kreidekalken vorkommt.
Hierzu gehören für die Fundstellen von Abu Tartur:
Wichtig für Reibschalen und Läufersteine ist der Sandstein, ein psammitisches Sediment. Falls durch Kieselsäure verfestigt und durch Diagnese oder Metamorphose zu Quarzit umgewandelt, eignet er sich auch zur Herstellung von Werkzeugen. Weniger wichtig als Materialien sind um Abu Tartur kristalliner Quarz, Plutonite und Vulkanite, Kalkstein, Wüstenglas und andere.
Nach Häufigkeit gestaffelt sind folgende Gestein als Rohstoff verwendet worden:
Zu erwähnen sind:
Da in der näheren Umgebung nicht angetroffener Feuerstein die Rohstoffbasis für einen Großteil der Werkzeuge bildet, der prozentuale Anteil variiert zwischen den verschiedenen Fundstellen, muss angenommen werden, dass die rund 50 – 60km entfernten Vorkommen in den Wirtschaftsbereich der Benutzer einbezogen worden waren.
Es bestehen zwei Möglichkeiten:
In beiden Fällen findet man eine einleuchtende, einfache Erklärung dafür, dass große Klingenkerne äußerst selten auf den Fundplätzen angetroffen werden. Die Interpretation, welche besagt, Kerne seien restlos aufgebraucht worden, ist weniger zwingend, werden doch auch fertige, vollfunktionsfähige Werkzeuge in Mengen gefunden, logischerweise müssten dann auch neben fertigen und halbfertigen Stücken nicht verbrauchte Kerne vorhanden sein.
Bei lokalem Material, z.B. den kleinen Jaspiskonkretionen, sind Kerne oder als Stichel benutzte Kernreste recht häufig. Ebenfalls sind Kerne aus geringvoluminösen, importiertem Material, erkenntlich an der Wölbung des Kortex, anzutreffen.
Wegen der großen Entfernung ist bislang nur ein Schlagplatz im Rohstoffvorkommen selbst entdeckt worden, welcher die Vermutung der Vorfertigung an Ort und Stelle untermauern könnte. Er liegt östlich von der Oase Kharga an der Bruchkante des Plateaus in der Nähe des Gebel Ghanima*. (* Der Gebel Ghanima wird von den alten Einwohnern Khargas heute noch Gebel Umm el- Ghanayin genannt; in der frühen Phase der britischen Kolonisierung müssen die Namen der beiden Berge auf einer Karte vertauscht worden sein, dieser Fehler wird immer wieder kopiert. Der Ghanima liegt eigentlich bei El- Deir).
Die folgenden Beschreibungen der einzelnen Fundkomplexe sind PDF Dokumente in Druckqualität, um die Qualität der Zeichnungen und Karten zu erhalten und diese als Katalog ausdrucken zu können. Bei den Fundplätzen mit größeren Fundstellen sind viele Artefakte gezeichnet und beschrieben.
Den Lesern, welche des Französischen nicht mächtig sind oder denen Tixiers „Typologie de l’Epipaléolithique du Maghreb“ nicht zugänglich ist, wird hiermit eine Liste der Werkzeuge an die Hand gegeben.
Die Artefakte sind mit einer Tixier Nummer, ihrer französischen Bezeichnung sowie einer deutschen Übersetzung gekennzeichnet. Da mir keine älteren deutschen Übersetzungen, die sehr wahrscheinlich existieren, bekannt sind, habe ich eine eigene Interpretation versucht.
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Abb.: Fundstellen 1005, 1023 und 1024 im Vergleich
Abb.: Fundstellen 0006, 0007 und 0011 im Vergleich
Die Erstellung von Typologien für neolithische Fundstellen mit hohem Anteil von bifazial bearbeiteten Artefakten.
Einheitliche Typologien der lithischen Artefakte sind für einen Vergleich von Fundkomplexen wünschenswert.
Bei Fundplätzen epipaläolithischer Prägung mit randretuschierten Werkzeugen ist die Anwendung der „Typologie de l‘epipaleolithique du Maghreb“ von Tixier ein ausgezeichneter Wegweiser.
Treten bei jüngeren Vorkommen vermehrt rand- oder flächenretuschierte Pfeilspitzen auf, ist Tixier nicht mehr zuständig, da er außer den typischen epipaläolithischen Werkzeugen lediglich Ounanspitzen und einige Vorstufen zu Bewehrungen beschreibt.
Hier kann auf H.J. Hugots „Essai sur les armatures de pointes de fléches du Sahara“ zurückgegriffen werden. Da Hugots Aufstellung mit wenigen Ausnahmen lediglich Pfeilspitzen aus Algerien behandelt, wird eine Erweiterung vorgeschlagen, welche die Bewehrungen der übrigen Saharagebiete berücksichtigt, um als Ergebnis eine „Pfeilspitzentypologie der Sahara“ zu erhalten.
Bei der Fundstelle 1005/83 mit einem Alter von 6420±60 BP (before present = vor heute) kann die Kombination von Tixier und Hugot beispielhaft angewand werden. Rund 40% der lithischen Artefakte lassen sich nach Tixier klassieren. 43% des Gesamtinventars sind Bewehrungen und werden nach der erweiterten Typologie von Hugot eingeordnet.
Die restlichen 17%, zum überwiegenden Teil große bifazial retuschierte Werkzeuge, können problemlos in ein einfaches Schema gebracht werden.
1. kantenretuschierte Stücke
2. geschliffene Stücke
3. bifazial bearbeitete Stücke
Die Kombination Tixier - erweiterter Hugot sowie die Aufschlüsselung der von der Kombination nicht erfassten Stücke wurde in Abu Tartur entwickelt und erstmals angewand. Positiv ist zu bewerten, dass Archäologen das vom Autor dieses Berichts entwickelte System anwenden, unverständlich aber auch bezeichnend ist jedoch das Verschweigen der Quellen.
Der Formenreichtum der ägyptischen Pfeilspitzen, und besonders der im Raum Abu Tartur dokumentierten Stücke ist außergewöhnlich groß. Allein hier wurden über hundert verschiedene Typen gezählt. Die einmalig hohe Dichte an Bewehrungen ist ebenfalls bemerkenswert. In der „Pfeilspitzentypologie der Sahara“ sind die in Abu Tartur beobachteten Stücke dunkel eingefärbt, falls eine Datierung vorgenommen wurde, ist diese in der Beschreibung der einzelnen Typen angegeben. Ein Vergleich mit anderen ägyptischen Fundstellen sowie solchen aus anderen Saharaländern liegt bereits vor.
Da häufig eine Beeinflussung des ägyptischen Neolithikums durch die Kulturen des „fruchtbarem Halbmonds“ postuliert wird, soll hier eine Auswahl der Pfeilspitzentypen aus der westlichen Wüste Ägyptens mit denjenigen einiger ausgewählter Fundstellen des Nahen Ostens sowie Kleinasiens gegenübergestellt werden. Gleichzeitig wird ein Blick auf die Keramikproduktion, die Bauwerke und die produzierende Nahrungsbeschaffung geworfen.
A.) Jericho (Jordanien) nach K.M. Kenyon und J. Gerstang
Die älteste Schicht gehört in die Natuf Gruppe, das Alter beträgt 9850+-240 Jahre. Die jüngeren keramikfreien Schichten weisen C-14 Werte von 8700, 8100 und 7700 Jahren auf. Aus Stufe 4 sind fünf kantenretuschierte Pfeilspitzen präsentiert, die den Typen H5 und Übergängen von H1 nach H5 zugeordnet werden können. Eine Spitze ähnelt in der Silhouette einer D20 Spitze, allerdings nicht flächen- sondern kantenretuschiert. Die oberste Schicht, 5100 Jahre alt, führt viel Keramik aber keine Pfeilspitzen.
B.) El-Chiam (Jordanien) nach R. Neuville
Das Besondere an den unteren Schichten des Natufien sind kantenretuschierte Dreieckspitzen mit im proximalen Bereich sich gegenüberliegenden Schäftungskerben. Die Basis kann geradlinig, leicht konkav oder auch mit einem winzigen Schäftungsdorn gestaltet sein. Zu vergleichen mit A7, A42 und D8. Stielspitzen sind vom Typ H5 oder erinnern, obwohl kantenretuschiert, an D3- Spitzen. Letztere sowie die oben genannten Dreieckspitzen sind in der westlichen Wüste Ägyptens nicht bekannt, auch Formen die von diesen Typen hätten abgeleitet werden können sind nicht vorhanden. Wohl aber kommen sie in anderen Sahararegionen vor, allerdings als flächig retuschierte Bewehrungen. Die jüngeren Tahune- Schichten El- Chiams weisen schon Flächenretuschen auf. Vertreten sind Stielspitzen der Typen D1, D3, D10 und Blattspitzen der Typen C1, C4 und C10. Häufig ist die Flächenretusche nur partiell. Sämtliche Spitzen- Typen sind bis auf die D10 in Ägypten weit verbreitet. Die D10 sowie die ähnliche D9 kommen in Algerien auf den Fundplätzen Aoulef, Fort Flatters und site 707 vor. Nicht bekannt sind schlanke D3 und D4- Spitzen mit Schäftungskerben. Keramik wurde nicht beschrieben.
C.) Beidha (Jordanien) nach D. Kirkbride
Das Alter der Schicht IV beträgt 8790+- 200 Jahre BP. Die Schicht ist keramiklos. Es kommen Segmente vor. Aus der oberen Schicht II werden Pfeilspitzen der Typen H1, H10 und H11, sowie Ounanspitzen vom Typ H12 und ounanähnliche Stücke u.a. auch H5 vorgestellt. Die Doppelbohrer- Spitze H3 ist ebenfalls vertreten. Ein Bruchstück einer kantenretuschierten Stielspitze mit gegenüberliegenden Schäftungskerben, wie sie in El-Chiam häufiger vorkommen, gehört ebenfalls zum Inventar.
D.) Byblos (Libanon) nach M. Dunand
Es werden drei Schichten beschrieben. IC obere Neolithschicht 6550+-200 Jahre BP IB mittlere Neolithschicht 7000+-80 Jahre BP IA unterste Neolithschicht keine Altersangabe
Während die älteste Schicht Pfeilspitzentypen wie D44, C1 und C10 mit dreieckigem Querschnitt enthält, die mittlere Schicht D44 und C1, verarmt die jüngste Schicht im Hinblick auf die Pfeilspitzen und führt lediglich Segmente.
E.) Mugharet el- Wad (Israel) nach D.A.E. Garrod
Neben großen Mengen von geometrischen Mikrolithen, hauptsächlich Segmente, wurden nur wenige kantenretuschierte Pfeilspitzen gefunden. Ein abgebildetes Exemplar ähnelt in der Silhouette der flächenretuschierten D36 Spitze. Eine weitere Abbildung stellt eine Dreieckspitze mit konkaver Basis und zwei sich gegenüberliegenden Schäftungskerben dar. Sie kann mit den Exemplaren von El Chiam verglichen werden. Die Natuf- Fundstelle weist keine Keramik auf.
F.) Scha’ar ha-Golan (Israel) nach M. Stekelis
In den Schichten des Yarmukian finden sich in Bezug auf Pfeilspitzen die Typen C1, C3, C10, D21, ounanähnliche Spitzen, sowie Doppelbohrer- Spitzen vom Typ H3. Vielfach sind die Projektile nur teilweise flächig retuschiert. Die Fundstelle führt keine Keramik.
Die oben genannten Fundstellen liegen in relativer Nähe zu den ägyptischen Vorkommen und es sind keinerlei Gemeinsamkeiten in den Pfeilspitzen Typologien erkennbar. Jegliche Beeinflussung oder gar ein Technologietransfer kann ausgeschlossen werden. Weiter entfernte Pfeilspitzen- Vorkommen im „fruchtbaren Halbmond“ bestätigen das Bild.
So führt die iranische Fundstelle Ali Kosh mit einem Alter von 7400 – 9900 Jahren BP lediglich Mikrolithen als eventuelle Bewehrungen (nach F. Hole und K.V. Flannery). Die irakische Fundstelle Djarmo weist bei einem Alter von 6500 Jahren BC trapezförmige Querschneider und kantenretuschierte Blattspitzen auf. Keramik kommt trotz nachgewiesener Lebensmittel- Produktion nicht vor (nach P.J. Braidwood et al.). Aus Ras Schamra in Syrien sind aus der ältesten Schicht V ounanähnliche, partiell flächenretuschierte Spitzen sowie H5- Spitzen und eine schlanke, flächenretuschierte Dreieckspitze mit sehr kleiner Kehle bekannt. Auch D44 kommt vor (nach C.F. Schaeffer und R. de Vaux).
Aus der Türkei seien Catal Hüyük mit einem ältesten Datum von 6385+-101 BC Jahren und das jüngere, in den ältesten Schichten keramikfreie Hacilar mit 5614+-92 BC Jahren genannt. Catal Hüyük fährt außer Keramik und teilflächig retuschierten Blattspitzen der Typen C1, C3 und C10, D44- Spitzen, sowie D1 und D3- Spitzen. In der Schicht C kommen auch Ounan- und H5 Spitzen vor. Für Hacilar sind keine Pfeilspitzen erwähnt (Catal Hüyük nach J. Mellaart und P.A. Bialor; Hacilar nach J. Mellaart).
Die Pfeilspitzen-Typologien im „fruchtbaren Halbmond“ scheinen verglichen mit denen der westlichen Wüste Ägyptens recht einfach angelegt zu sein und ändern sich kaum während langer Besiedlungsphasen. Eine Keramikproduktion setzt in den betroffenen Regionen erst zwischen 6500 BC und 6000 BC ein. Hausbau und Nahrungsmittel- Produktion dagegen sind voll entwickelt und nachgewiesen. Frühe Keramikfunde aus der Sahara, besonders aus dem Sudan, aus Ägypten, Niger und Libyen datieren von rund 9500 BC cal bis 8000 BC cal und sind damit im Allgemeinen 2500 bis 2000 Jahre älter als Keramik aus dem „fruchtbaren Halbmond“.
Hätte ein Austausch zwischen den Kulturen des Nahen- und des Mittleren Ostens und denen der Sahara stattgefunden, so wäre die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass das Wissen um die Töpferkunst als erstes übernommen worden wäre. Da dieser Technologietransfer von der Wüste in den „fruchtbaren Halbmond“ im frühen Neolithikum nicht vollzogen worden ist, kann postuliert werden, dass das Wissen um eine Nahrungsmittelproduktion ebenfalls den umgekehrten Weg vom Nahen Osten in die Wüste nicht gefunden hat. Das heißt, Ackerbau und Viehzucht sind höchstwahrscheinlich ohne Beeinflussung von außen in der Sahara entstanden. Nun ist es äußerst schwierig in der Wüste mit sehr hohen Deflationsraten Beweise zu finden. Zwar sind Gerste und Weizen in geringen Mengen nachgewiesen, vom ebenfalls gefundenen Sorghum wird gesagt es handele sich um Wildformen. So hätte Sorghum in der Wüste die Rolle, die im östlichen Mittelmeerraum Gerste und Weizen gespielt haben, übernehmen können.
Die Fundstellen Abu Tarturs mit den mächtigen Playaablagerungen, den Böden auf dem Grund der Dolineneinbrüche und der enormen Anzahl gut erhaltener Feuerplätze, bieten sich der Forschung geradezu an, hier weiter nach Spuren von Domestizierung sowohl im Bereich der Fauna als auch der Flora zu suchen.
J. Tixier definiert wie folgt: Werkzeug mit schlanker Silhouette, manchmal aus einem Stichelabschlag hergestellt. Die Parallel verlaufenden Ränder sind vollständig oder teilweise durch direkte, abrupte Retuschen modifiziert. Eine Extremität oder auch beide sind mehr oder weniger zugespitzt. Ein Schnitt durch das Werkzeug zeigt die Form eines Trapezes, Quadrats oder Rechtecks. Es könnte noch hinzugefügt werden, dass beide Seiten keine Retuschen aufweisen, es sei denn in einigen Fällen lediglich als Schärfung an den Enden. Im Widerspruch zu seiner Definition zeigt Tixier ein Exemplar eines Bohreinsatzes, welches weder parallel verlaufende Ränder noch den beschriebenen Querschnitt aufweist (Seite 62 Nr. 13 aus Lalla de Gafsa, E. – G. Gobert). So bleibt auch hier Raum für eine gewisse Interpretation.
In meiner epipaläolithischen Sammlung aus dem Maghreb befindet sich kein einziger Bohreinsatz, diese Tatsache ist nicht weiter verwunderlich, da der prozentuale Anteil der mèche de foret an den Inventaren des Capsiens aber auch des Iberomaurusiens laut Tixier im Bereich von 0,4 % liegt.
Die neolithischen Fundstellen von Abu Tartur in Ägypten verfügen in ihrer großen Mehrheit über den Tix 16 wenn auch in sehr verschiedenen Anteilen an der Gesamtmenge der Werkzeuge. Allerdings ist er das häufigste Bohrgerät in der Sammlung. Tix 16 kommt in den unterschiedlichsten Dimensionen vor. Ein großes Exemplar vom Fundplatz 1023/82 misst 68mm in der Länge, 10mm in der Breite und 7,5mm in der Dicke. Kleine und kleinste Stücke messen z.B.
oder
Zeichnungen sind im Katalog der Fundstellen zu finden.
Während der Gesamtdauer des Abu Tartur Neolithikums sind Bohrer vom Typ Tix 16 auf den Fundstellen präsent. Im mittleren Neolithikum ist eine besondere Dichte zu erkennen. -> Siehe Liste als PDF.
Datei:Liste der Anteile von TIX 16.pdf
Eine rein neolithische Version des Tix 16 ist ein voll flächenretuschiertes Gerät mit der Silhouette einer schlanken Blattspitze vom Typ C1 oder C10. G. Aumassip, die in der Bas Sahara in Algerien geforscht hat, nennt dieses Werkzeug „pointe de Labied“ also Labiedspitze. Es handelt sich aber einwandfrei um einen Bohreinsatz, wie unschwer an den Gebrauchsspuren vieler Exemplare nachgewiesen werden kann. Der Querschnitt ist dreieckig, wobei die drei Seiten jeweils eine Krümmung aufweisen, Drei „Labiedspitzen“ vom Fundplatz 1023/82 weisen folgende Dimensionen auf:
Die Dimensionen sind in Millimetern angegeben. Nr.1 und Nr.2 weisen Gebrauchsspuren an beiden Enden auf.
Wahrscheinlich waren die Labiedspitzen als auch die klassischen Tix 16- Bohrer in Holz oder Knochen parallel zu ihrer Längsachse gefasst und wurden durch die Hand oder aber durch eine Bogensehne in eine alternierende Rotation gesetzt.
Im Bergbau wo viel und fast ausschließlich Gestein gebohrt wird, kennt man drei Bohrsysteme, 1.) Drehendes Bohren. Außer der kontinuierlichen Rotation in eine Richtung ist der Andruck des Bohrers auf das zu bohrende Medium von großer Wichtigkeit. Der Andruck soll ein Eindringen des Bohrers in das Gestein und eine Spahnabhebung bewirken. Fehlt der Druck nutzen sich Bohrer und Gestein lediglich gegenseitig ab. Letzteres ist der Fall bei den Tix 16- Bohrern. Dieses gilt auch für die übrigen steinzeitlichen Bohrer, es sind werkzeugtechnisch gesehen frühe, primitive Abnutzungsbohrer. Die anderen Bohrsysteme 2.) das schlagende Bohren und 3.) das Drehschlagbohren waren noch nicht erfunden, dazu braucht es Metall, vorzugsweise Stahl.
Neben den Normalgrößen des Tix 16 existieren sehr kleine 15mm bis 20mm lange mèche de foret. Diese sind als Reststücke anzusehen, sie waren zu kurz um noch gefasst zu werden.
Dieser Beitrag ist die originale Beschreibung und Analyse der holozänen, steinzeitlichen Fundstellen im Raum Abu Tartur, Ägypten.
Es ist möglich, dass frühere Publikationen zu dem oben genannten Thema existieren, die vor dieser Veröffentlichung erschienen sind. Diese wären jedoch in jedem Fall durch das Original beeinflusst, falls es sich nicht gar um Plagiate handeln sollte. Zwar stand mein Material dem Institut für Ur- und Frühgeschichte zu Köln lange Zeit zur Verfügung, Veröffentlichungen waren allerdings an eine Bedingung geknüpft, welche leider nicht eingehalten wurde.