Mittleres Paläolithikum

Steinzeitliche Sammlung Eickelkamp

Mittleres Paläolithikum

Obwohl sich meine Sammlung in erster Linie mit dem Neolithikum befasst, finden sich doch einige schöne Beispiele aus älteren Kulturen, so auch aus dem Mousterien und dem Aterien. Die meisten Stücke, wie schon die Acheul Faustkeile aus dem frühen Paläolithikum, sind im Süden Tunesiens gefunden worden.

Im Unterschied zum Acheulfundplatz von M’Dilla, der sich in einer in situ Situation befindet, sind die Artefakte aus dem Mousterien Einzelfunde, die über weite Gebiete im Großraum Gafsa verteilt waren.

Um Einzelfunde handelt es sich ebenfalls bei den bifazial bearbeiteten Werkzeugen, welche südlich der Grube M’Dilla aufgelesen wurden und die wahrscheinlich dem Aterien zugeordnet werden können (44 Stücke).

Die Aterienfunde von Redeyef stammen von einer möglicherweise sekundären, zusammengespülten kleineren Konzentration (33 Stücke). Sie stellen aber nach Patina, Rohmaterial und Typen eine Einheit dar. Sie sind zum Teil auf der Tafel „Aterien Redeyef Tunesien“ (Abb. 6) dargestellt. Weitere Zeichnungen finden sich im Kapitel „Pfeilspitzen Abbildungen, Tunesien“ auf den Tafeln T1 und T6.

Eine interessante kleine Fundstelle mit 35 Werkzeugen dürfte der Platz 30N RTA 9N im Niger sein. Wahrscheinlich handelt es sich hier um das südlichste Mousterienvorkommen in der Sahara. Die Artefakte waren auf rund 8m² verteilt. Bearbeitungsabfälle waren nicht vorhanden. Sie könnten, da sie leichter sind als die verbliebenen Stücke, weggeweht worden sein oder es handelt sich um einen Lagerplatz, der nur kurzfristig genutzt wurde und auf dem keine Werkzeuge hergestellt wurden.

Aus den Kharga Oasen Ägyptens hat G. Caton- Thompson eine Reihe von Artefakten, die dem Mousterien zugeordnet werden können, vorgestellt. In dem ca. 50km westlich gelegenem Abu Tartur sind keine mittelpaläolithische Konzentrationen beobachtet worden. Allerdings tauchen auf den neolithischen Fundstellen vereinzelt Mousterien Artefakte auf. Der 9120+-40 BP alte Plateaufundplatz 0002/84 enthält viele schwere Kratzer, die eine doppelte Patinierung aufweisen und die daher pleistozänem Ursprungs sind. Ein kurioses Artefakt vom selben Fundplatz ist eine große gestielte Spitze mit Deflationsspuren. Außer dem Stiel hat diese Spitze wenig gemein mit gewöhnlichen Aterienspitzen. Sie gleicht viel mehr einem Faustkeil mit Stiel. Eine Zeichnung und eine Beschreibung sind im Fundstellenkatalog Abu Tartur unter 0002/84 zu finden.

Das mittlere Paläolithikum ging in der westlichen Wüste Ägyptens und möglicherweise auch in der Gesamtsahara vor 70000 Jahren zu Ende. Wie im Kapitel „Klima“ ausgeführt, war nach Wendorf und Schild (1992) die Sahara zwischen 70000 BP und 12000 BP wahrscheinlich hyperarid und wie es scheint auch nicht vom Menschen besiedelt. Im Maghreb könnte das Aterien allerdings bis 30000 BP überdauert haben. Messungen in der Höhle von Haua Fteah in Libyen ergeben Alter von 47000 BP Jahren bis 42000 BP Jahren.

Mittleres Paläolithikum (Mousterien) Niger 30N RTA 9W

Mitt Palaeo Niger num.png

1.) Längliches Tonsteinartefakt. Die Dorsalseite ist stark bearbeitet. Randretuschen erlauben das Gerät als Kratzer und Schaber zu benutzen. Die Ventralseite ist unbearbeitet geblieben.

2.) Einseitig fazial bearbeitetes Werkzeug in Form eines kleinen Faustkeils. Die Spitze könnte als Bohrer gedient haben, die Randretuschen erlauben den Einsatz als Schaber und Kratzer. Das Artefakt ist mit schwarzem „Wüstenlack“ überzogen, ein Zeichen für eine sehr lange Verweildauer in der Sonne.

3.) Kleiner bifazial bearbeiteter Faustkeil, dessen Oberfläche ebenfalls schwarz patiniert ist.

4.) Levalloisabschlag mit nur wenigen sekundären Modifikationen.

5.) Dreieckiger Levalloisabschlag mit sägeförmigen Randretuschen, die den Gebrauch als Seitenschaber nahe legen.

6.) Gekerbte Klinge aus braunem Hornstein mit hellen Einsprenglingen.

7.) Mousterienspitze aus hell- rötlichbraunem Quarzit.

8.) Gezähnter Kratzer aus hellgrauem Quarzit.

9.) Levalloisabschlag aus grauem Quarzit mit einigen Retuschen am rechten Rand.

10.) Länglicher, faustkeilförmiger, einseitig flächig bearbeiteter Abschlag. Die Ränder sind umläufig mit Kantenretuschen versehen. Die Ventralseite ist unmodifiziert geblieben.

11.) Großes klingenförmiges Gerät aus Tonstein. Kerben im proximalen Bereich und halbsteile Retuschen im distalen Abschnitt legen den Gebrauch als Kratzer und Schaber nahe.

Mousterien Gafsa Tunesien

Mousterien Gafsa Tunesien num.png

1.) Mousterienspitze aus grauem Hornstein. Ein Teil der dorsalen Oberfläche besteht aus Kortex.

2.) Mousterienspitze aus grauem, leicht gebändertem Hornstein.

3.) Levalloisabschlag als Endkratzer retuschiert.

4.) Levalloisabschlag mit einer Randkerbe und leichten nicht durchgehenden Randretuschen.

5.) Kleiner Levalloisabschlag mit vollständiger Retuschierung der Ränder. Das Material ist graubrauner Hornstein mit weißen Flecken.

6.) Große Mousterienspitze aus hellgrauem Hornstein. Die obere Hälfte der Dorsalseite besteht aus Kortex.


Mittleres Paläolithikum Mousterien Kerne

Mitt Palaeo Mousterien Kerne1 num.png

1.) Niger 30N RTA 9W Rundlicher Levalloiskern. Die der Sonne zugewandte Seite ist mit tiefschwarzer, lackartiger Patina überzogen. Die in der Fundsituation dem Boden zugewandte Seite zeigt nur wenig Patina und weist zugleich auf die Schwierigkeit hin von dem lokalen Material, Tonstein, große und gleichmäßige Abschläge zu gewinnen.

2.) Niger 30N RTA 9W Schildkrötenkern aus bräunlichem Quarzit, ein Werkstoff, der ebenfalls für die Herstellung von Abschlägen nicht optimal geeignet ist.

3.) Gafsa Dieser Kern aus grauem Hornstein erlaubt eine perfekte Herstellung von Levalloisabschlägen. Der Kern selbst könnte als Schaber und Kratzer Verwendung finden.

Mitt Palaeo Mousterien Kerne2 num.png

4.) Gafsa Dieser Kern aus grauem, leicht patiniertem Feuerstein weist auf seiner Oberseite noch Teile des Kortex des ursprünglich knolligen Werkstoffs auf. Wie die Unterseite zeigt, erlaubt das gute Material die Herstellung großer Abschläge.

5.) Gafsa Schokoladenfarbener Feuerstein ist das Material dieses Kerns. Von beiden Seiten sind große Abschläge gelungen.

6.) Gafsa Auch dieses graue Hornsteinmaterial erlaubt ausgezeichnete Abschläge herzustellen. Die Wölbung des Kortex weist auf ein kugeliges Rohmaterial hin.


Mittelpaläolithische Artefakte auf neolithischen Fundplätzen.

  • Abu Tartur Ägypten

Mitt Palaeo neo Fundpl AT num.png

1.) 1023-72/11

  • Abschlag aus dunkelbraunem Feuerstein mit hellbeigefarbenem Einschlüssen. Besonders die Ränder sind stark verrundet ansonsten ist eine Überformung durch Wind auf beiden Seiten zu erkennen. Der linke Rand ist mit steilen neolithischen Retuschen versehen.

2.) 0014-6

  • Faustkeilförmiger, mittelpaläolithischer Abschlag aus durch Eisenmangansalze schwarz gefärbtem und verfestigtem Sandstein. Die Dorsalseite ist wie ein Faustkeil aus dem Acheul bearbeitet. Die Ventralseite ist glatt und weist lediglich einige Randretuschen auf.

3.) 0014-1

  • Stark äolisch überformter mittelpaläolithischer Abschlag aus plattigem, karamellfarbenem Feuerstein. Der rechte Rand weist abrupte neolithische Randretuschen auf.

4.) 1001-83/22

  • Bifazial bearbeitete Blattspitze, wahrscheinlich aus dem Aterien. Das Stück ist aus plattigem, karamellfarbenem Feuerstein gearbeitet und stark durch Wind abgeschliffen. Der linke Rand ist beidseitig mit halbsteilen neolithischen Randretuschen versehen worden.

5.) 1002-83/117

  • Mittelpaläolithischer Abschlag aus rotem, verfestigtem Sandstein in Form eines kleinen Faustkeils. Die Bearbeitung der Dorsalseite erinnert an das Acheul. Dagegen ist die Ventralseite glatt und weist nur zwei kleine Randretuschen auf.

6.) 1004-195/6

  • Kleiner Levalloisabschlag aus hellkaramellfarbenem Feuerstein. Ränder und Oberflächen sind verrundet bzw. abgeschliffen. Der rechte Rand wurde im Neolithikum frisch mit steilen Kantenretuschen versehen.

7.) 1004-200/4

  • Levalloisabschlag aus karamellfarbenem Feuerstein. Die Ventralseite weist keinerlei Modifikationen auf. Die Retuschen auf der Dorsalseite stammen aus dem Neolithikum.

8.) 1005-205/27

  • Aus grauem Hornstein gefertigtes bifaziales Werkzeug, welches auch aus dem Acheul stammen könnte. Das Artefakt weist keine doppelte Patinierung auf und ist daher im Neolithikum nicht weiter modifiziert worden.

9.) 0007-111/26

  • Kleiner Abschlag mit erodierter, stark lackartig glänzender Dorsalseite. Das mittelpaläolithische Stück wurde am rechten Rand im Neolithikum durch steile Retuschen für eine Wiederverwendung hergerichtet.

10.) 1024-45/19

  • Levalloisabschlag mit einer starken, gelben Patina. Das Stück wurde nicht nachgeschärft. Eine frische Retusche am oberen linken Rand scheint eine zufällige Verletzung zu sein.

11.) 1023-71/7

  • Stark äolisch überformter, länglicher Abschlag aus braunem Feuerstein. Am linken Rand sind noch verrundete mittelpaläolithische Retuschen zu erkennen. Der rechte Rand ist im Neolithikum durch steile Randretuschen geschärft worden.


Aterien Redeyef Tunesien

Aterien Redeyef Tunesien num.png

Die Artefakte sind hauptsächlich nach der Levalloistechnik hergestellt worden. Die Ventralseiten sind, mit Ausnahme der Nr.4 und der Stiele, nicht modifiziert worden. In allen Fällen besteht der Werkstoff aus hochwertigem Feuerstein.

1.) Aterien Spitze. Wie häufig ist das Artefakt asymmetrisch gearbeitet, der Stiel ist außermittig angebracht. Während der rechte Rand die typischen halbsteilen Retuschen aufweist, sind am linken Rand invasive Druckretuschen zu beobachten.

2.) Als Kratzer und Schaber bearbeitete Spitze.

3.) Aterien Spitze. Auch hier ist kein Wert auf Symmetrie gelegt worden.

4.) Als Kratzer ausgelegter Abschlag. Die Modifikationen betreffen fast ausschließlich die Ventralseite, hier ist auch der Bulbus wegretuschiert worden. Nur das distale Ende des Artefakts weist einige wenige Retuschen auf der Dorsalseite auf.

5.) Gestielter Kratzer und Schaber.

6.) Levalloisabschlag mit einer leichten Kerbung am rechten Rand. Linker Rand und distales Ende weisen Retuschen auf, die das Werkzeug als Messer ausweisen.

7.) Aterien Spitze. Der Stiel sitzt nicht in der Mitte und weist eine Biegung nach rechts auf. Die Ränder sind zur Gänze retuschiert. Die Spitze ist abgebrochen.

8.) Kleiner Kratzer- Schaber auf einem Abschlag aus tiefbraunem Feuerstein. Die Dorsalseite besteht aus Kortex.

9.) Gestielter Kratzer- Schaber. Der zentrale Bereich zeigt noch Kortex obwohl hier schon ein Vorbereitungsschlag entfernt worden ist.

10.) Kleiner Abschlag mit umlaufenden Randretuschen und einer Kerbe im linken Rand.

11.) Dicker, länglicher Abschlag. Die Dicke am distalen Ende beträgt 14mm. Das Ende ist durch sehr steile Retuschen zu einem schmalen Kratzer geformt worden.

12.) Klingenförmiges Artefakt. Beide Ränder sind mit Kerben versehen. Das distale Ende ist abgebrochen.