Artefakte aus Tunesien: Unterschied zwischen den Versionen

Steinzeitliche Sammlung Eickelkamp

Artefakte aus Tunesien: Unterschied zwischen den Versionen

(Zeichnungen Faustkeile M'Dilla)
(Zeichnungen Faustkeile M'Dilla)
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File:Faustkeil_M'Dilla_47.png|Abb.: Faustkeil 47, M'Dilla
 
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File:Artefakt_M'Dilla_51.png|Abb.: Diskusförmiges Werkzeug 51, M'Dilla
 
File:Artefakt_M'Dilla_51.png|Abb.: Diskusförmiges Werkzeug 51, M'Dilla

Version vom 29. September 2020, 18:55 Uhr

Der Acheulfundplatz von M’Dilla

Wenn Ziegen über eine unebene Fläche laufen, vermeiden sie Steigungen und Neigungen und versuchen vielmehr im gleichen Niveau zu bleiben. Der Vorteil dieses Verhaltens liegt darin, dass der mit der Zeit entstehende Trampelpfad auch bei länger anhaltendem Regen immer benutzbar bleibt.

Um eine ganzjährig befahrbare Piste von einer „Hauptstraße“ zu einem Wetterschacht, er dient der Ventilation, zu bauen habe ich die Ziegentechnik kopiert. Während einer Inspektion der Bauarbeiten konnte ich gerade noch den Bulldozer, der auf eine Ansammlung von Faustkeilen zusteuerte, umlenken und so die Zerstörung der Fundstelle verhindern. Bis zu diesem Zeitpunkt war mein Interesse an der Archäologie und der Prähistorie eher allgemein.

Die Entdeckung dieser Acheul-in-situ Fundstelle hat meine Einstellung geändert und von nun an habe ich diesem faszinierenden Wissensgebiet viel Zeit gewidmet. Die Fundstelle befindet sich in einer diskordant, oberhalb der kreidezeitlichen Schichten liegenden, pleistozänen Ablagerung.

Zwei Fundhorizonte sind klar auszumachen. Lediglich die ausgewitterten Stücke sind aufgesammelt worden, die stark erodierten Faustkeile lagen z.T. hunderte Meter entfernt in einem Wadibett. Frischere Stücke fanden sich in der Nähe der in-situ Schichten. Da diese Schichten unangetastet geblieben sind, handelt es sich bei der Sammlung um ein Gemisch von Artefakten aus beiden Fundhorizonten, eine Tatsache, welche eine typologische Einordnung erschwert.

Viele Stücke jedoch, die durch einseitige Bearbeitung, großen Kortexanteil und groben Abschlägen gekennzeichnet sind, könnten der älteren, unteren Schicht zugeordnet werden wie auch die Polyeder und Discoide. Dieses Material dürfte einem Altacheul angehören und ungewöhnlich früh entstanden sein. Die Datierungen der ersten Zivilisationen der Vor- u. Bifazperioden in Nordafrika (Marokko und Algerien) scheint recht problematisch zu sein. Schätzungen variieren von 1700000 Jahren bis 700000 Jahren z.B. für Ain Hanesch. In Marokko wird eine Zeitspanne von 700000 Jahren bis 500000 Jahren für das Erscheinen von Bifazzivilisationen vorgeschlagen (J. Desmond Clark in New Lights on the Northeast African Past, Köln 1992).

Für M’Dilla (Tunesien) würde ich unter anderem die folgenden Artefakte der unteren Schicht zuweisen: M’Dilla 11, 20, 24, 40, 43, 46, 47, 48, 52 und 53. In die jüngere, obere Schicht würden M’Dilla 2, 3, 6, 7, 19 und andere passen. Die durch Erosion gekennzeichneten Stücke sind noch schwieriger einzuordnen. Beide Fundhorizonte enthalten außer den Kernwerkzeugen Produktionsabfälle und möglicherweise auch kleinere Werkzeuge auf Abschlägen. Die Faustkeile sind demnach an Ort und Stelle gefertigt worden. Alle Versuche die lokalen Behörden für die Funde zu interessieren sind fehlgeschlagen. So wartet der Platz auch heute noch auf eine wissenschaftliche Untersuchung. Der vorliegende Bericht möchte dazu animieren.

Außer den Artefakten aus M’Dilla wird ein Einzelfund eines Acheul- Faustkeils aus der Region Gafsa im Süden Tunesiens vorgestellt und zum Vergleich ein weiterer aus meiner ägyptischen Sammlung von stark äolisch überformten Faustkeilen von Bir Sahara. Dieser Fundplatz weit im Süden Ägyptens, zwischen dem Wendekreis des Krebses und der ägyptisch- sudanesischen Grenze, ist der Wissenschaft bekannt. Er wird auf 100000 Jahre BC datiert. Während die Stücke vom Fundplatz M’Dilla aus silifiziertem Kalkstein, zum Teil mit eingeschlossenen Resten von Muschelschalen, sowie aus Hornstein bestehen, ist das Material von Bir Sahara ein verfestigter Sandstein und in Gafsa ein Hornstein guter Qualität.

Auflistung der Acheulwerkzeuge

Fundorte der Faustkeile:

  • M'Dilla
  • Gafsa
  • Bir Sahara

67 Faustkeile sind in der Auflistung beschrieben, 20 Faustkeile wurden gezeichnet (Siehe -> Zeichnungen Faustkeile).

Bezeichnung Form / Aussehen Länge (mm) Breite (mm) Dicke (mm) Gewicht (g) gezeichnet
M'Dilla 1 mandelförmig, spitz 154 104 47 560 ja
M'Dilla 2 mandelförmig, gerundet 127 77 28 265 ja
M'Dilla 3 mandelförmig, mit geschärfter Kante (cleaver) 133 82 33 320 ja
M'Dilla 4 mandelförmig, spitz 124 67 34 260 -
M'Dilla 5 mandelförmig, Schneide leicht gerundet (cleaver) 130 79 37 350 ja
M'Dilla 6 mandelförmig schlank, Schneide 40 mm (cleaver) 122 71 30 300 ja
M'Dilla 7 oval 137 72 38 345 ja
M'Dilla 8 mandelförmig, breit, Spitze gerundet 122 93 29 285 -
M'Dilla 9 obere Partie abgebrochen, runde Schneide 131 (geschätzt) 101 24 365 -
M'Dilla 10 mandelförmig, Spitze leicht abgerundet 179 116 59 895 ja
M'Dilla 11 mandelförmig, einseitig bearbeitet,

Kortex oben und seitlich

136 69 36 405 ja
M'Dilla 12 mandelförmig, breit 123 90 33 375 -
M'Dilla 13 mandelförmig, leicht asymmetrisch, erodiert 136 92 50 520 -
M'Dilla 14 mandelförmig, abgerollt im Wadibett,

sehr stark erodiert

144 88 34 360 -
M'Dilla 15 mandelförmig, 35 mm breite Schneide,

(cleaver) erodiert

131 92 38 470 -
M'Dilla 16 mandelförmig, breit, spitz zulaufend, frisch 126 88 37 380 -
M'Dilla 17 oval, Muscheleinschlüsse gut sichtbar 135 96 45 525 -
M'Dilla 18 oval, gutes Rohmaterial, nicht erodiert 88 64 23 140 ja
M'Dilla 19 lang gestreckt, mandelförmig, spitzes Ende 102 59 31 175 ja
M'Dilla 20 mandelförmig, einseitig retuschiert,

Kortex im oberen Bereich

100 65 27 185 ja
M'Dilla 21 mandelförmig, spitz 110 72 25 170 -
M'Dilla 22 mandelförmig, schlechtes Rohmaterial,

dick für seine Größe

80 50 32 130 -
M'Dilla 23 lang gestreckt, mandelförmig spitze Idealform,

erodiert

100 58 28 155 -
M'Dilla 24 mandelförmig breit, Rückseite wenig

retuschiert, Abschlaggerät, Kortex am oberen Rand

104 82 25 255 -
M'Dilla 25 mandelförmig 89 56 26 145 -
M'Dilla 26 mandelförmig, klein gerundet 92 70 28 165 ja
M'Dilla 27 lang gestreckt, mandelförmig, Rand mit tiefer

Kerbe gerundet, erodiert

160 84 36 470 -
M'Dilla 28 herzförmig, stark erodiert 110 89 34 360 -
M'Dilla 29 mandelförmig, leicht oval gerundet 107 73 31 225 -
M'Dilla 30 oval mit Schneide (cleaver), erodiert 140 106 44 585 -
M'Dilla 31 mandelförmig, unregelmäßige Ränder, spitz 143 85 41 495 -
M'Dilla 32 mandelförmig, frisch, Arbeitsende leicht gerundet 130 81 33 315 -
M'Dilla 33 oval, gutes Gestein mit Einschlüssen, frisch 106 74 35 300 -
M'Dilla 34 breit, mandelförmig gerundet, Gestein enthält

Muscheln

144 100 48 665 -
M'Dilla 35 mandelförmig, gerundet 91 64 28 165 -
M'Dilla 36 lang oval, sauber gearbeitet, frisch 119 84 36 245 -
M'Dilla 37 langschmal, mandelförmig, leicht gerundet, frisch 177 93 35 500 -
M'Dilla 38 breit, mandelförmig, ungleichmäßig gearbeitet,

stark erodiert

133 89 41 400 -
M'Dilla 39 lang gestreckt, mandelförmig, Kerben im rechten

Rand, schlechtes Material

162 76 32 330 -
M'Dilla 40 oval, Rückseite z.T. unbearbeitet, frisch 112 77 37 340 -
M'Dilla 41 mandelförmig, asymmetrisch, frisch 162 103 40 655 -
M'Dilla 42 mandelförmig, Ende zugespitzt, erodiert 110 79 34 300 -
M'Dilla 43 dreieckig, oben geradlinig (wie Kratzer-

kappe), unten spitz, einseitig retuschiert

91 56 32 140 ja
M'Dilla 44 mandelförmig, spitz 98 74 31 195 -
M'Dilla 45 breite Schneide (cleaver), erodiert 114 89 35 445 -
M'Dilla 46 Polyeder, rundlich, erodiert 95 90 41 280 ja
M'Dilla 47 mandelförmig, sehr spitz, oben gerundet

(Kortex), Ventralseite unbearbeitet

104 68 34 240 ja
M'Dilla 48 breite Schneide (cleaver), obere Partie

Kortex, relativ frisch

114 82 48 415 -
M'Dilla 49 Polyeder, rundlich, gleichmäßig gearbeitet, erodiert 105 80 36 305 -
M'Dilla 50 dreieckig, oben grundet, unten spitz 103 76 25 185 -
M'Dilla 51 Polyeder, ähnelt einem Schildkrötenkern „rund" 81 80 32 190 ja
M'Dilla 52 mandelförmig, gerundet, im oberen Bereich

Kortex

80 64 30 145 ja
M'Dilla 53 Polyeder, rundlich, frisch 93 85 41 265 ja
M'Dilla 54 mandelförmig, braunes Material mit weißen

Einsprenglingen

110 71 30 215 -
Gafsa herzförmig, in der Mitte einer Seite Kortex 109 90 31 350 ja
Bir Sahara 1 mandelförmig, kurz, sehr stark erodiert 71 51 19 75 -
Bir Sahara 2 lang gestreckt, mandelförmig, stark erodiert 88 49 22 75 -
Bir Sahara 3 mandelförmig, kurz, oberes Ende unsauber

bearbeitet, Quarz im Gestein

24 62 35 130 -
Bir Sahara 4 lang gestreckt, mandelförmig, erodiert, Spitze

abgebrochen

104 (geschätzt) 56 29 150 -
Bir Sahara 5 lang gestreckt, mandelförmig, leicht asymmetrisch,

Spitze abgebrochen

133 (geschätzt) 73 30 255 -
Bir Sahara 6 lang gestreckt, mandelförmig, erodiert 106 57 27 120 -
Bir Sahara 7 mandelförmig, stark erodiert 181 96 34 470 -
Bir Sahara 8 mandelförmig, lang gestreckt, wenig erodiert 136 88 38 290 ja
Bir Sahara 9 oval, stark erodiert 106 71 20 170 -
Bir Sahara 10 ideale Mandelform, braune weiche Einschlüsse,

dadurch stark erodiert

162 89 37 415 -
Bir Sahara 11 lang gestreckt, mandelförmig, stark erodiert 100 58 33 160 -
Bir Sahara 12 lang gestreckt, mandelförmig, sehr stark erodiert 122 65 25 180 -

Zeichnungen Faustkeile M'Dilla

Funde aus Tunesien - Fotogalerie

Eickelkamp Acheulfundplatz.jpg

Abb.: Pleistozän diskordant auf kreidezeitlichen Schichten. M'Dilla, Acheulfundplatz.