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Der Sudan ist mit über 2.500.000 Quadratkilometern noch vor Algerien und dem Kongo Ex- Zaire der größte Flächenstaat Afrikas. Zum Vergleich beträgt die Fläche Deutschlands ca. 357.000 Quadratkilometer.
Geographisch ist der Sudan durch den ihn durchfließenden Nil und das umgebende riesige Nilbecken geprägt. Die Beckenränder werden durch Gebirge gebildet, wobei die Nordgrenze zu Ägypten zumindest in ihrem westlichen Bereich eine Ausnahme bildet, auch die libysch- sudanesische Grenze im Nordwesten des Landes ist ähnlich wie die ägyptische nicht durch Berge sondern durch weite Wüstenebenen geprägt.
Ein weiteres Nachbarland ist der westlich gelegene Tschad. Hier besteht eine natürliche Grenze durch das Ennedigebirge sowie das weitgehend unzugängliche Murdiplateau, weiter südlich sind es die Berge des Darfur mit dem über 3000 m hohen Gebel Marra. Im Südwesten des Sudan schließen sich die Zentralafrikanische Republik und die Demokratische Republik Kongo an. Hier besteht eine natürliche Grenze durch die Südost- Nordwest streichende Wasserscheide zwischen dem Kongobecken einerseits und dem Nilbecken andererseits. Im Süden zu Uganda und Kenia sind es der westlich des Nils gelegene Gebel Gumbiri mit mehr als 1700 m und östlich des Flusses die Imatong- und Dongatonaberge mit Höhen von 2600 m bis fast 3200 m. Es schließen sich an die über 2700 m aufragenden Lotuke und Moruongole und schließlich im kenianischen Turkana der 1700 m hohe Pelekech.
Im Osten zu Äthiopien und Eritrea begrenzen die Ausläufer des abessinischen Hochlands sowie das Küstengebirge des Roten Meeres das Nilbecken. Im Nordosten schließlich grenzt der Sudan direkt ans Rote Meer.
Die Steinzeitlichen Funde, die im Weiteren behandelt werden sollen, stammen aus dem Saharagebiet Sudans, welches durch den Nil im Osten, die Grenzen zu Ägypten, Libyen und Tschad im Norden und Westen und durch den Verlauf des Wadi Howar im Süden umrissen ist.
Die Verbindung zu den ägyptischen Vorkommen bilden die Fundplätze des sudanesischen Nubiens und speziell solche in oder in der Nähe von Dibeira und die südlich von Wadi Halfa gelegenen (F. Wendorf 1968).
Es sind vor allem die Nabta- Spitzen (H7) und die Bou Saada- Spitzen (H8), welche dem mittleren Neolithikum zugehören, die in größeren Mengen sowohl in Kiseiba – Nabta und in Abu Tartur erscheinen, als auch im nördlichen Nubien an der sudanesisch- ägyptischen Grenze.
Die Häufigkeit der Verwendung von Mikrolithen im Sudan, auch noch im ausgehenden Neolithikum, und der nahezu vollständige Mangel an flächenretuschierten Formen legen eine intensivere Behandlung der Segmente, Dreiecke und Trapeze nahe, da sie auf Fundstellen anderer Saharaländer, eine weniger wichtige Rolle spielen.
Diese Artefakte sind im Rahmen der Typologie Tixiers vollständig definiert und werden hier lediglich den Notwendigkeiten entsprechend in weniger detaillierter Weise in eine Pfeilspitzen- Typologie mit entsprechenden Bezeichnungen eingegliedert. Damit soll nicht unterstellt werden, dass sämtliche geometrischen Mikrolithen ausschließlich als querschneidende Bewehrung von Pfeilen gedient haben. Andere Verwendungszwecke sind denkbar und auch nachgewiesen.
Die „Spitzklingen“, die ebenfalls eine geometrische Form, das Dreieck, als Silhouette besitzen sind nahezu die einzigen typischen sudanesischen Bewehrungen, bei denen der aktive, proximale Teil zugespitzt ist. Von Dibeira West sind einige C14- Daten bekannt, sie reichen von 9390 BP über das mittlere Neolithikum bis 5220 BP.
Auf der jüngsten hier behandelten Fundstelle DIW 4 kommen neben zwei Trapezen des Typs F10 und zwei Segmenten der Typs F5 auch zwei flächenretuschierte Pfeilspitzen vor und zwar eine Stielspitze D3 und eine rhombische Bewehrung E1. DIW 50 (5600 BP) weist mit einer großen D21- Spitze, einer E1- Spitze und einer teilflächig retuschierten Blattspitze, die trotz ihrer abgerundeten Extremitäten noch unter C1 abgelegt werden kann, ebenfalls die Technik der Flächenretusche auf.
Unter den abgebildeten Artefakten von DIW 3 und 3A befindet sich eine beidseitig flächenretuschierte Stielspitze, die obwohl stark asymmetrisch als D11 klassiert werden kann. Die übrigen Artefakte zeigen z.T. eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den Pfeilspitzen von Abu Tartur 0002/84, so z.B. die Dreiecke vom Typ F13 und die Ounanspitzen H12. Weitere Artefakte wie ein langschmales Dreieck, eine gestumpfte Klinge sowie eine dekorierte Straußeneischale lassen ebenfalls Gemeinsamkeiten mit 0002/84 erkennen. Da eine der C14- Analysen von Dibeira ein Alter von 9390 BP aufweist scheint eine Verwandtschaft mit Abu Tartur (9120) nicht ausgeschlossen.
Die als Bou- Saada bezeichneten Spitzen und die „Dreieck- Rechtecke“ können als H8 respektiverweise als H7 oder „Nabtaspitzen“ angesprochen werden und passen ins mittlere Neolithikum. DIW 6 weist lediglich kantenretuschierte Dreieckspitzen auf. Gezeichnet wurden vier H7 und drei H8 Spitzen. Wie schon die Dreieckbewehrungen von DIW 3 – 3A passen sie in den Zeitraum vor 7000 BP.
Mit 23 Stücken bringt DIW 53, im Rahmen der hier behandelten Fundplätze, die größte Anzahl von Pfeilspitzen hervor. Neben nicht diagnostischen Segmenten, Dreiecken und Trapezen weisen H7 und H8- Spitzen erneut ins mittlere Neolithikum während die als „miscellaneous tools“ (Fig. 42 – 30,31) bezeichneten Ounan- Harif- Spitzen eher der El Ghorab Phase zuzurechnen sind.
Von den Fundplätzen im Süden Wadi Halfas sind keine C14- Analysen übermittelt. Es wurden keine flächenretuschierten Pfeilspitzen gefunden und selbst die Randretuschierten der Familien F und H sind recht selten. So machen die Querschneider des Fundplatzes „site 2007“ lediglich 2,7 % der 110 Werkzeuge aus. Die Aufschlüsselung der einzelnen Gruppen findet sich in der folgenden Tabelle wieder.
Typen | C1 | D3 | D11 | D15 | D21 | E1 | F4 | F5 | F10 | F12 | F13 | F14 | H2 | H7 | H8 | H12 | H18 | Total |
Fundstelle | ||||||||||||||||||
DIW 50 | 1 | 1 | 1 | 3 | ||||||||||||||
DIW 4 | 1 | 2 | 2 | 5 | ||||||||||||||
DIW 3,3 A | 1 | 1 | 3 | 2 | 2 | 3 | 12 | |||||||||||
DIW 6 | 4 | 3 | 7 | |||||||||||||||
DIW 53 | 3 | 3 | 1 | 4 | 2 | 1 | 2 | 4 | 3 | 1 | 24 | |||||||
8905 Loc D | 1 | 1 | ||||||||||||||||
site 629 | 2 | 5 | 7 | |||||||||||||||
site 2007 | 3 | 3 | ||||||||||||||||
site 1027 | 1 | 6 | 1 | 8 | ||||||||||||||
Total | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 2 | 9 | 10 | 3 | 4 | 5 | 1 | 2 | 16 | 8 | 4 | 1 | 70 |
Die im weiteren Verlauf behandelten Fundplätze sind fast ausschließlich von Mitgliedern der B.O.S.- und Acacia Missionen der Universität zu Köln unter Leitung von Rudolf Kuper bearbeitet worden.
In seiner Magisterarbeit von 1988 stellt Gamal el Deen Idris die Fundplätze 85/78 und 85/79 sowie die Testgrabung 85/79-1 im Selima Sandsheet vor. Das Alter wurde an Hand von Knochen ermittelt, die C14- Daten liegen bei 6630 +- 65 BP Jahren.
Segmente stellen die größte Bewehrungsgruppe dar. Die 376 Stücke des Fundplatzes 85/79 reichen vom breiten halbmondförmigen bis zum langschmalen Segment, häufig auch mit flach gebogener Schneide.
Die 17 Dreiecke entfallen auf die Tixier Gruppen 89, 90, 91, 92 und 93 das entspricht in der Pfeilspitzentypologie den Typen F4, F12 und F13. Die Übergänge vom Dreieck zum Segment sind häufig fließend. Ferner wurden 14 Mikrospitzen vom Typ H7 und 11 Trapeze der Gruppen F10 und F16 gefunden.
Der Fundplatz 85/78 ergab noch einmal 15 Segmente und acht Dreiecke während bei der Testgrabung 85/79-1 neben anderen Artefakten auch ein Segment und drei H7- Spitzen gefunden wurden.
Typen | F4 | F5 | F10 | F12 | F13 | F16 | H7 | Total |
Fundstellen | ||||||||
85/79 | 12 | 376 | 5 | 3 | 2 | 6 | 14 | 418 |
85/79-1 | - | 1 | - | - | - | - | 3 | 4 |
85/78 | 3 | 15 | - | - | 5 | - | - | 23 |
Total | 15 | 392 | 5 | 3 | 7 | 6 | 17 | 445 |
Das Wadi Shaw und das Wadi Sahal in Laqiyagebiet weisen schon im Acheul und gegen Ende des Pleistozäns, im Aterien Siedlungsspuren auf (W. Schuck 1988).
Die 150 registrierten holozänen Fundplätze in den Wadis liegen altersmäßig zwischen 8600 +- 450 BP (KN 3353) und 2990 +- 120 BP (KN 3437) wobei 18 Analysen zwischen 3000 BP und 4000 BP liegen und 12 Analysen zwischen 4000 BP und 5000 BP. Über 5000 BP sind es 11 Messungen, zwei Werte liegen über 6000 BP (6550 und 6960). Ferner wurden gemessen 7490 +- 300 (KN 3088) sowie der schon erwähnte Wert von 8600 BP. Die Werte des Wadis Sahal liegen zwischen 4140 +- 320 BP und 5410 +- 65 BP und weisen auf weniger konstante Umweltbedingungen als im Wadi Shaw hin.
Bewehrungen gehören im Laqiyagebiet nicht zu den häufigen Artefakten und bestehen zum größten Teil aus geometrischen Mikrolithen.
So berichtet W. Schuck von 8 Segmenten des Fundplatzes 82/82 – 2 (~ 5700 BP) und von 21 dreieckigen und trapezförmigen Querschneidern der Typen F4, F12, F13 und F16 vom Fundplatz 82/83 (4850 – 4320 BP). Ein weiteres Artefakt könnte als H5- Stielspitze angesprochen werden.
J. Richter bearbeitete den Fundplatz 83/120 der keinerlei Bewehrungen aufweisen konnte. Eine flächenretuschierte Dreieckspitze der Gruppe A2 mit abgerundeten Schwingen wurde von M. Lange erwähnt. Sie wurde in der Nähe des Fundplatzes 82/52 gefunden, der zwischen 4170 und 3940 BP datiert ist und an eventuellen Bewehrungen lediglich 8 untypische Mikrolithen hervorgebracht hat. Die Ergebnisse sind zusammengefasst in „Wadi Shaw, Wadi Sahal“ von M. Lange Hrg. 2006.
Das Wadi Howar, vor allem sein Mittellauf, hat begründet durch seinen Reichtum an vorgeschichtlichen Funden, das besondere Interesse bei Ur- und Frühgeschichtlern hervorgerufen und ist entsprechend von den B.O.S. und Acacia Expeditionen erforscht worden. Es wird von der Kölner Universität auch weiterhin betreut.
Zwei Arbeiten, dieses Gebiet betreffend, sind in Bezug auf Pfeilspitzen Bewehrungen besonders herauszustellen. Diese sind Djabarona 84/13 von B. Keding und Rahib 80/87 von F. Jesse.
Djabarona 84/13 liegt am Südufer des Wadis südwestlich des Djebel Rahib. Das lithische Material, welches gemeinsam mit Leiterband Keramik auftritt, ist auf wenige Artefaktentypen reduziert. So sind auf der Fläche 84/13 – 5 von 206 retuschierten Werkzeugen 65,05 % geometrische Mikrolithen, also mögliche Pfeilspitzen, 5,34 % Kerben, jeweils 0,49 % Schaber und Kratzer und 28,64 % Verschiedene. Die möglichen 141 Bewehrungen, die von den verschiedenen Flächen des Fundplatzes 84/13 stammen und die gezeichnet worden sind, lassen sich folgendermaßen in die Pfeilspitzengruppen einordnen.
B. Keding weist auf weitere mikrolithische Stücke hin, die unretuschiert geblieben sind aber durchaus die Funktion einer Pfeilspitze übernehmen können. Ferner wären größere Dreiecke des Typs F14 zu erwähnen, die durch flache, invasive, beidseitige Randretuschen auffallen.
Die C14 Analysen von Djabarona 84/13 ergeben folgende Werte :
Rahib 80/87 liegt nahezu auf der gleichen Länge wie Djabarona 84/13 aber nördlich des Uferbereichs des Wadi Howars. Hier wurden auf der Fläche 80/87 – 2 142 Segmente und auf der Fläche 80/83 – 3 67 Segmente und ein Trapez gezählt. Das lithische Material ist mit wavy line Keramik vergesellschaftet. Die entsprechenden C14- Daten sind folgende :
Auch weitere Fundstellen im Bereich des Mittellaufs des Wadi Howar weisen vorwiegend querschneidige Bewehrungen auf. Hier einige Beispiele :
Ein ähnliches Pfeilspitzenspektrum wie der Mittellauf bietet auch der untere Lauf des Wadi Howar wenn auch die Mengen der beobachteten Querschneider abnehmen.
Folgende Altersangaben werden gemacht :
Weiter östlich, schon in der Nähe des Niltals, liegt Fundplatz 84/95 innerhalb einer Festungsruine aus dem 1. Jahrtausend BC, von den Archäologen der Universität zu Köln „Gala Abu Achmed“ benannt. Erwähnenswert sind hier, obwohl sie zeitlich nicht in den Rahmen dieser Arbeit passen, 51 flächenretuschierte Pfeilspitzen der Typen A1, A18, A25 sowie Blattspitzen der Gruppe C4.
Vergleichbare Stücke nach Typen und Zeitstellung wurden von F. Addison vom Gebel Moya, weit im Süden, und nicht mehr in den geographischen Rahmen passend, vorgestellt. Die ebenfalls präsentierten prähistorischen Bewehrungen des Gebel Moya bestehen aus Querschneidern wie Segmenten, Dreiecken und Trapezen.
Auch in der Khartoum Region, auf den Fundstellen Shagadud, Sorourab, Islang 1, Saggai 1, Khartum Hospital und Shabona ist das Segment neben weiteren querschneidigen Mikrolithen die bevorzugte Pfeilspitzenbewehrung. Andere kantenretuschierte Bewehrungen sind selten, so stellt beispielsweise I. Caneva eine typische H4- Spitze aus der Region vor (Egypt and Africa. Nubia from Prehistory to Islam W.V. Davies Hrg. 1991).
Problematisch ist eine Einordnung und Bewertung der wenigen flächenretuschierten Pfeilspitzen der sudanesischen Fundplätze. Außer den weiter oben beschriebenen Spitzen von Dibeira und des Wadi Shaw lassen sich folgende Einzelfunde als einwandfrei prähistorisch holozänen Ursprungs klassieren.
Die Zeitstellung anderer flächenretuschierter Stücke ist zweifelhaft. So dürften die Bewehrungen von 98/37 und 98/34 aus dem Erg Ennedi (Paläosee) eher als spätpaläolithisch eingeordnet werden können, zumal drei Stielspitzen der Typen D1 und D2 stark an das Aterien erinnern. Die Blattspitzen der Gruppen C1, C6 und C9 sowie eine große rhombische Spitze vom Typ E2 scheinen ebenfalls keine holozänen Schöpfungen zu sein.
Auch südlich des Wadi Howar ist die Technik der Flächenretusche im Holozän angewandt worden, so für eine Pfeilspitze in Gureinat und für drei große Dreiecke mit jeweils zwei konvexen Rändern und einer konkaven Basis von der Fundstelle 84/34 in der Nähe des Djebel Tageru.
Obwohl letztere Artefakte Dimensionen von bis zu 73 mm x 58 mm aufweisen, könnten sie als Bewehrungen genutzt worden sein. Auf Grund der Retuschierungsmerkmale hatten sie aber wahrscheinlich eine schneidende Funktion und dienten als eine Art Vielzweckmesser.